Wilkie schrieb:
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> Nachdenkliche, anspruchsvolle Texte hatten auch
> ihren Platz in der Hitparade, Gunter Gabriel,
> Juliane Werding, Monica Morell sind Beispiele,
> aber in erster Linie richtete sich die Sendung
> natürlich nach dem Geschmack der Zuschauer. Wenn
> die Hitparade der 70er Jahre spießig war, dann
> waren es die übrigen Hitparadensendungen mit
> deutschsprachiger Musik ebenfalls. Es ist
> möglicherweise eine Definitionsfrage,
> Spießigkeit ist für mich, wenn man engstirnig an
> Bestehendem festhält und Neues, Besseres
> kompromisslos ablehnt - aber welche bessere Musik
> sollte die ZDF-Hitparade in den 70er Jahren
> abgelehnt haben?
Ich will auch gar nicht behaupten, dass jeder einzelne Titel spießig gewesen wäre, aber der Gesamteindruck der Sendung war doch sehr bieder, und der musikalisch anspruchslose Schlager hat nach meinem Eindruck dominiert. Dazu kamen die rhythmisch mitklatschenden oder Rosen überreichenden Zuschauer.
> Zahlreiche Songs waren Coverversionen
> erfolgreicher ausländischer Hits, die
> Michael-Holm-Songs "Wie der Sonnenschein" (Los
> Diablos - Un Rayo De Sol), "Mendocino" (Sir
> Douglas Quintet) und "Baby, du ist nicht alleine"
> (Lobo) würde ich nicht im Entferntesten mit
> Spießigkeit in Verbindung bringen. Spießig wäre
> es für mich, wenn man aus reiner Engsternigkeit
> alles an fröhlicher, nicht irgendwie aufsässiger
> Musik ablehnt.
Die vielen Coverversionen sind für mich ein faszinierendes Phänomen, unter anderem weil ich als Kind zum Teil die Originale gar nicht kannte. Das war ja anscheinend eine gut geölte Maschinerie, mit der man Hunderttausende von Platten verkaufen konnte, ohne ein großes Risiko einzugehen. Mit einem runden Dutzend Interpreten wurden über Jahre hinweg alle möglichen Hits "schlagerkompatibel" gemacht, von ABBA über Blondie bis hin zu Zager & Evans.
Ich glaube, was das Arrangement angeht, wurde da gegenüber dem Original oft gar nicht so viel verändert, aber durch die deutsche Sprache, die vertrauten Interpreten und die Beschränkung auf Solisten und Duette war das Ganze wohl für viele Leute besser konsumierbar. Aber es wurden dabei auch musikalische Unterschiede nivelliert, denn ein Hit von Suzi Quatro klang dann bei Bernhard Brink z.B. genauso wie einer von Exile.
> Heck als Macher der Sendung war mit Sicherheit
> kein Spießertyp, warum hätte er dann z. B. Elke
> Best mit ihrem bei Spießern mit Sicherheit
> Sorgenfalten bereitenden Auftritt "Fang mich" 1976
> einladen sollen, er hat sogar fröhlich mit dem
> Mikro jongliert, es gefiel ihm offenbar sehr gut.
> Vielleicht hätte er gerne mehr davon gehabt, aber
> es gab fast nichts und wiedergewählt wurde Elke
> Best, in ihrer Hitparadenzeit liiert bzw.
> verheiratet mit einem bekannten
> St.Pauli-Zuhälter, auch nicht.
Ich denke mal, das hat im Laufe der Jahre auch eine gewisse Eigendynamik bekommen. Die Hitparade hatte irgendwann ihr Stammpublikum gefunden, das dann von den Plattenfirmen gezielt bedient wurde.
Wie viel Einfluss Heck selbst auf die Zusammensetzung der Sendung hatte, und was er in den 70ern von den einzelnen Interpreten hielt, kann ich nicht beurteilen. Aus der NDW-Zeit kenne ich sehr unterschiedliche Geschichten: Einerseits soll er großen Spaß an Trio gehabt haben, andererseits wollte er einen Auftritt von Geier Sturzflug mit "Besuchen Sie Europa" wohl am liebsten verhindern, weil er meinte, ein Song mit einem so kritischen Text gehöre nicht in die Hitparade. Wobei sich die NDW-Leute natürlich auch einen Spaß draus gemacht haben, bei ihren Auftritten die Grenzen auszutesten oder auch mal zu überschreiten. Ich glaube, da waren die Interpreten in den 70ern (auch die jüngeren) braver. Wenn man mal von der Zahl auf Bennys Collegejacke absieht :)