Naja, das Originalzitat kann für sich gesehen durchaus missverstanden werden, weil die Frau sich tatsächlich undeutlich ausgedrückt hat, nur bin ich schon der einung, dass aus dem Gesamtkontext des Interviews durchaus unmissverständlich geschlossen werden kann, dass sie die Familienpolitik der Nazis für missbräuchlich und pervers hält. Und bei Kerner hat sie sich dann doch auch noch mehrfach vom Nazivorwurf distanziert. Das war dann doch nun wirklich nicht mehr falsch zu verstehen, wenn man es nicht unbedingt so aufnehmen wollte, weil man das, was Eva Herman von sich gibt für eben für Blödsinn hält und man sie auf diese Weise am schnellsten Mundtot bekommt.
Ich finde, dass man da schon ein paar nebeneinander stehende Aussagen schärfer voneinander trennen sollte.
Sie sagt ganz deutlich, nicht in die braune Ecke zu gehören, war an einem Hörbuch gegen rechtes Gedankengut beteiligt und hat ihre Ausführungen, die zu dem entsprechenden Vorwurf geführt haben ganz klar und sachlich erläutert, sodass eingentlich auch dem Dümmsten einleuchten müsste, dass sie eben nicht vorhatte, der NS - Zeit etwas Gutes zu unterstellen. Wer die Sendung gesehen hat, weiß auch ganz unmissverständlich, wie die Sache mit der Autobahn zu verstehen war.
Soviel zu der einen Sache, nämlich dem Nazi - Vorwurf, den ich damit für abgehakt betrachten würde. Zumindest für mich ist klar, dass die Frau allenfalls konservativ und vielleicht ein wenig unreflektiert ist, aber keinesfalls in die rechte Ecke gehört.
Eine ganz andere Sache sind ihre Theorien über Familienwerte und ihre Meinung, warum sie heute kaum noch vorhanden wären, wobei man dann eigentlich auch noch unterscheiden muss, welches Problem sie anspricht und wo ihrer Meinung nach Ursachen und Lösungen zu finden sind.
Das Problem an sich, dass es (allerdings nicht erst seit gestern) eine hohe Kinderfeindlichkeit in Deutschland gibt, ist durchaus vorhanden.
Dass Müttern, die sich dafür entscheiden, nicht sofort wieder ins Arbeitsleben einzusteigen, sondern sich erst ein paar Jahre um ihre Kinder zu kümmern und den Haushalt zu übernehmen, in der öffentlichen Meinung durchaus weniger Respekt entgegen gebracht wird, als solchen, die eine andere Lebensweise vorziehen, ist zumindest keine kuriose Seltenheit.
Dass Eltern heute immer weniger Zeit für ihre Kinder haben, Familien unter diversen Begleiterscheinungen eines globalisierten Arbeitsmarktes zu leiden haben und Werte, wie Geld, Karriere und Arbeit drohen, anderen Werten, wie Liebe, Freundschaft, Glück, Zusammenleben, Menschlichkeit das Wasser abzugraben, scheint schon einem gewissen, gesellschaftlichen Trend zu folgen, der vielleicht nicht überall, aber doch immer öfter anzutreffen ist.
Auch der demographische Wandel ist nicht von der Hand zu weisen.
Soweit muss man einer Frau Herman schon zugestehen, ein vorhandenes Problem erkannt zu haben und ich halte es durchaus auch nicht für falsch, sich Gedanken zu machen, wie man damit umgehen und die Lage verbessern könnte.
Einige ihrer Gedanken stützen sich dann auf diverse Studien und sicher ist sogar davon manches nicht unbedingt falsch. Auch nicht alle ihre Forderungen, wie z.B. das Hausfrauengehalt, sind schlecht. Andere Sachen sind selbstverständlich kompletter, unreflektierter, reaktionärer, ultrakonservativer und teils auch schlichtweg erschreckend naiver Schwachsinn.
Dass wir das Schwinden familiärer Werte den 68ern und der Emanzipation der Frau zu verdanken haben, ist absoluter Quatsch und an den Haaren herbei gezogen. Gerade die 68er haben sich verstärkt für die Rechte von Kindern und Frauen (und damit ja wohl auch Familien) eingesetzt und vieles zum Guten geändert.
Davon auszugehen, dass idealisierte Familienwerte, von denen Eva Herman ausgeht, irgendwann vor den 68er überall Realität gewesen wären, ist pure Naivität. Die Welt hat schon Jahrhunderte erlebt, in denen Kindermord an der Tagesordnung und überall geduldet war. Auch, dass man Kinder in die Arbeit verkaufte, war lange Zeit gebräuchlich und gesellschaftlich toleriert. Es war tatsächlich dann doch eher in den Spätsechzigern, 70er - und 80er - Jahren, wo Kinder eine besondere Wertschätzung erfahren haben und das gerade durch die 68er - Generation!
Die Problemlösung von Frau Herman, die Frau von der Arbeit einfach wieder zurück an den Herd zu holen, weil nur die Mütter wissen, was für ihre Kinder am Besten ist, ist ebenfalls nicht gerade realistisch. Genauso gut könnte man fordern, den Euro wieder gegen die D - Mark einzutauschen, die evangelische Kirche wieder in die katholische einzugliedern oder "die Mauer" wieder aufzubauen, weil die Arbeitslosenzahl in Ostdeutschland besonders hoch ist. Das so etwas weder machbar, noch in irgend einer Weise wünschenswert ist, sollte eigentlich jedem halbwegs gebildeten Menschen einleuchten und von einer ehemaligen Tagesschau - Sprecherin sollte man etwas mehr erwarten, als dermaßen simple Lösungsmodelle, die komplett an der Realität vorbei gehen.
Vieles von dem, was Frau Herman da von sich gibt, halte ich ehrlich gesagt auch für eine reine Verkaufsstrategie. Ich nehme ihr durchaus ab, dass ihr das Thema am Herzen liegt, aber ich werde auch das Gefühl nicht los, dass sie ganz bewusst provozieren will, um ihre Verkaufszahlen zu steigern.
Worum es aber in diesem Thread eigentlich geht ist, wie in dieser unsäglichen Kerner - Show mit Eva Herman und ihrer Meinung umgegangen wurde und dazu lässt sich meiner Meinung nach eigentlich nur sagen, dass diese Sendung einem Standgericht gefährlich nahe kam und man diese Hexenjagd - Kampagne, die dort veranstaltet wurde im besten Fall als peinlich, im schlimmsten Fall aber als geradezu undemokratisch bezeichnen muss.
Von den Nazivorwürfen hat sie ganz deutlich Abstand genommen.
Was blieb, war ihre Meinung und wenn diese zu großen Teilen auch noch so dämlich sein mag, es ist nun einmal das, was diese Frau zu sagen für richtig und notwendig hält und genau das ist verdammt nochmal ihr urdemokratischstes Grundrecht, das man nicht in aller Öffentlichkeit dadurch zu beschneiden hat, ihre Aussagen permanent gezielt und berechnend zu verdrehen, umzuinterpretieren oder vollkommen zu verfälschen!
Weder ist das sonderlich seriös, noch in irgend einer Weise demokratisch gesehen vertretbar, mal ganz abgesehen davon, dass es alles andere als stilvoll ist.
Weitaus schlimmer und erschreckender, als gewisse Aussagen einer Frau Herman, finde ich persönlich, dass es so gut wie kein einziges Presseorgan in Deutschland zu geben scheint, in dem sie in korrekter Weise zitiert oder dargestellt worden ist.
Die leider von viel zu vielen Menschen gelesene und auch noch ernst genommene Bild - Zeitung war sogar so unverschämt, zu behaupten, dass Eva Herman Hitlers Autobahn GELOBT hätte und selbst Leute, die von sich behaupten, die Sendung gesehen zu haben, sind bereit diese eindeutige Verleumdung als Wahr zu bestätigen.
Das unsere Medien mittlerweile einen dermaßen großen Einfluss auf die Meinung eines Großteils der Bevölkerung haben, dass sie in der Lage sind, Menschen einzureden, sie hätten etwas ganz und gar anderes gesehen und gehört, als das, was sie selbst Wahrgenommen haben, finde ich ganz schön beunruhigend!