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Re: Ukraine
Es steht natürlich außer Frage, dass einer der Leute die primär akut am ehesten gestoppt werden müssten, Putin ist. Ich habe nur sehr, sehr, sehr, sehr große Zweifel, dass man das rein militärisch hinbekommen kann.
Prinzipiell sehe ich ja grob vier Parteien im Konflikt, mit unterschiedlichen Zielen. Russland will den Einfluss der USA schwächen, und seinen eingenen Einfluss (Primär auf die Ukrainischen Gebiete die hauptsächlich von ethnischen Russen bewohnt werden) stärken. Ausserdem den Zugang zum schwarzen Meer sichern, und einen Buffer im Bessarabian Gap haben. Wenn dabei der internationale Einfluss der EU geschwächt wird, ist das auch ein Bonus für Russland. Die USA will den Einfluss von Russland schwächen, und seinen eingenen Einfluss (Primär auf die Ukraine) stärken. Wenn dabei der internationale Einfluss der EU geschwächt wird, ist das denke ich auch ein Bonus für gewisse politische Strömungen in den USA. Die Ukraine will ihr Staatsgebiet sichern. (Wobei da dann die Frage wäre, ob sie die Grenzen von 1917, 1920, 1924, 1939, 1944, 1945, 1948 oder 1954 meinen. Je nachdem welche gäbe es auch noch Folge-Probleme mit Polen, Rumänien, Moldau oder der Slovakei) Meine persönliche Siegbedingung (von der ich irgendwie die Hoffnung nicht aufgegeben habe, dass es auch die der EU ist) ist primär wieder einen stabilen Frieden in Europa zu haben, eventuell mit größerem Einfluss der EU weltweit. Ein großer Bonus wäre eine Ausweitung der Demokratie. Wenn man da jetzt mal schaut, was militärisch erreichbar ist. Eine komplette Sieg über Russland, mit Besetzung Russlands und Neuordung des Landes durch Druck von aussen ist denke ich 100% Utopie. Dann wäre ein möglicher Etappensieg, Russland aus dem Territorium der Ukraine zu verdrängen (Entweder die Grenzen von 1948 ohne Krim, oder die von 1954 mit Krim), Russland die Schuld zu geben, und uns auf die Schultern zu klopfen, dass wir gewonnen haben. Das wird dann vermutlich irgendwie in einerm Zwischending werden zwischen den beiden Beispielen : 1) der Situation nach dem Ersten Weltkrieg mit der gleichen Taktik gegenüber Deutschland, mit Putin oder einem eventuell nach kommenden noch extremeren Staatchef die Bevölkerung mit einem "Der böse Westen hat Mütterchen Russland entehrt" aufpeitschen zu können. Was dann eventuell in ein paar Jahren im nächsten noch größeren Konflikt endet, nachdem wieder aufgerüstet wurde. 2) der Situation in Nordirland nach Ende des Unabhänigkeitskrieges von 1922 bis zum Karfreitagsabkommen 1998, mit weiter bürgerkriegsänlichen Verhältnissen und Terroranschlägen in den ensprechenden ethnisch eher russischen Gebieten der Ukraine oder auch außerhalb. Wenn sich das Blatt wendet, und Russland wieder Gefechte gewinnt, halte ich es allerdings auch für relativ unrealistisch, dass Russland es schafft die komplette Ukraine zu erobern und zu besetzen. Eventuell wird sich die Front dann irgendwo festfressen, und es kommt dann vielleicht zu einem Waffenstillstand und einer Teilung in etwa wie zwischen Nord / Südkorea. Was zwar kurzfristig erst mal besser wäre als aktiver Krieg, aber langfristig denke ich wird das auch nicht stabil bleiben. Und das ist momentan der militärisch wahrscheinlichste Ausgang meiner Meinung nach. Und dann ist natürlich noch die Nuklear-Option im Hinterkopf. Ich halte es zwar für unwahrscheinlich das Putin den Weg geht, aber es wäre eine nicht uncharmante Variante, dass er den Nuklearschlag anordnet, und sich in dem Moment das Militär auf die Hinterbeine stellt und ihn absetzt. Der einzig halbwegs realistische Weg für einen längerfristingen Frieden, den ich sehen würde, wäre (ähnlich wie nach WWII von 1947 bis 1956 mit dem Saarland), dass die östlichen Teile der Ukraine und die Krim erst mal unter externe internationale Verwaltung gestellt werden, und in einigen Jahren ein geregeltes Referendum stattfinden kann über die weitere Zugehörigkeit oder Unabhängiket, wie es mit den Minsker verträgen eigentlich vorgesehen war, aber dann "vor Ort selbstorganisiert" nicht funktioniert hat. D.h. ich sehe momentan kein Endergebniss, dass nicht auf eine gewisse (eventuell temoporäre) Teilung der Ukraine rausläuft. Das einzige an dem wir realistisch etwas drehen könnten, ist ob es eine eher stabile Teilung oder eine eher instabile Teilung wird. Aber natürlich könnte ich mit meinen ganzen Gedankengängen auch komplett falsch liegen. Werden wir eventuell in ca. 20 Jahren wissen. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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