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Re: Ukraine
Westliche Medien berichten über Vorgänge in China gern aus der Perspektive ihnen weltanschaulich nahestehender Minderheiten-Gruppierungen wie der Hongkonger, aber man muß sich gelegentlich klar machen, daß aus einer Milliarde chinesischer Köpfe nur das herauskommen kann, was man dort ein Leben lang hineingesteckt hat. Und das ist folgendes:
1) Der Westen hat China im Spät-Kolonialismus aufs Schändlichste von einem Weltreich zu einem Vasallenvolk degradiert. 2) Der Westen behandelt China auch heute noch bevormundend, wie einen Hund, dem man Kommandos erteilt. Um China klein zu halten, enthält der Westen China das Recht auf die faktische Vervollständigung seines Hoheitsgebietes (=Taiwan) vor. 3) Die kommunistische Partei hingegen arbeitet seit über siebzig Jahren unermüdlich daran, alle Gebiete, die sich der Westen illegitim unter den Nagel gerissen hat, zurück zu erlangen und letzlich dem chinesischen Volk seinen verdienten ersten Platz unter den Völkern zurückzugeben. (Wenn man sich anschaut, wo China nach dem zweiten Weltkrieg war und wo es heute steht, ist das Weltgeltungs-technisch eine durchgehende Erfolgsgeschichte.) Analog zu Rußland ist ein Großteil der Bevölkerung im Hinblick auf den Lebensstandard noch immer weit entfernt von der sogenannten ersten Welt. Derweil kann der einzelne Chinese überdies innerhalb des Systems für sich selbst nur wenig erreichen, weil alle lohnenden Posten innerhalb der herrschenden Gruppe verteilt werden. Unter diesen Voraussetzungen greifen Appelle an das Nationalgefühl besonders gut, da außenpolitischer Erfolg das Einzige ist, was ein autoritäres System der breiten Masse wirklich anzubieten hat. Der Chinese mag zwar arm sein, der Chinese mag in keinerlei Hierarchie die Spitze erreichen, der Chinese mag (im Nachgang der 1-Kind-Politik) womöglich sogar nicht einmal Familie gründen können, er kann aber immerhin voller Stolz sein darauf, daß er Chinese ist, denn sein Volk hat alle anderen Völker der Erde übertrumpft. Von chinesicher Seite aus ist der Boden für einen zweiten kalten Krieg pädagogisch schon immer bereitet gewesen. Nun treten wir leider in die Phase ein, in der China sowohl die wirtschaftliche Macht als auch die militärischen Instrumente und möglicherweise sogar die erforderlichen Verbündeten gewonnen hat, um "dem Westen" den ersten Platz im Machtgefüge der Welt streitig zu machen. Bislang hat man nach dem Korea-Krieg außerhalb der chinesischen Grenzen keine oder nur wenige chinesische Streitkräfte gesehen. Meine stete Befürchtung ist die, daß sich das im Zuge des Ausbaus von Chinas weltweitem Wirtschafts-Imperum nun sehr bald ändern könnte und zu vielen kleinen, auf der ganzen Welt verteilten Brandsätzen führt, von den sich bloß einer entzünden muß für das ganz große Schlamassel. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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