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Re: Ukraine
tomgilles schrieb:
------------------------------------------------------- > Indessen scheint die Zivilgesellschaft nach langer > Grabesstille erstmals wieder zarte Blüten zu > treiben: Die Verbände der Wissenschaftler, > Ärzte, Unternehmer, Architekten, IT-Fachkräfte > und anderer Berufsgruppen sprechen sich in > Aussendungen nahezu einhellig gegen den Krieg aus > und drängen auf ein sofortiges Ende der > Kampfhandlungen, auch die meisten Oligarchen > fordern Putin durch die Blume zur Beendigung der > Invasion auf. Noch hat der Staat nicht auf die > zahlreichen "Provokationen" reagiert. > > Pikantes Detail am Rande: Die Tochter von > Kreml-Sprecher Peskov, der jeden Tag die > Positionen der Regierung und des Präsidenten > darlegen muss, agitiert im Internet offen gegen > den Krieg. Auch Peskov selbst hat in der > Vergangenheit einen Waffengang gegen die Ukraine > immer ausgeschlossen. Mir sind die genauen Prozeduren nicht bekannt, die das russische Regime zur Kontrolle der Zivilbevölkerung einsetzt. Bekannt sind ja die Schauprozesse der 100% staatslinientreuen Justiz und die Verhaftungswellen gegen alles was das Putinsche Auge stört (wobei ich schon wieder nicht weiß, wie lange man dann im Durchschnitt weggesperrt wird). Verglichen mit einem Saddam Hussein oder Muammar al-Gaddafi ist da wohl noch etwas Luft nach unten (im Sinne von systematischen Foltergefängnissen). Die große Frage ist nun wirklich, ob angesichts der Größe von Putins Fehlkalkulation bezüglich des Ukraine-Feldzugs die Unzufriedenheit der Bevölkerung eine Dimension erreichen wird, die sich vom Regime nicht mehr eindämmen läßt. Man sollte sich allerdings auch für diesen Fall nicht zu früh freuen. Bei all der derzeitigen (leider überaus angebrachten) Putin-Hetze, kann man ja einmal gedanklich durchspielen, ob uns die Vorstellung, daß die zweitgrößten Atom-Macht der Welt womöglich in einem Bürgerkrieg versinkt, wirklich so gut gefällt. Die adminstrativen Systeme, die dort in den letzten 30 Jahren (eigentlich in den letzten 100 Jahren) aufgebaut wurden, sind jedenfalls nicht dafür geeignet, daß in der Nachfolge Putins eine demokratische Ordnung etabliert wird. Das ist leider eine überaus hartnäckige Illusion westlicher Weltbürger, daß auf eine langjährige Autokraten-Herrschaft wie von Zauberhand nahezu zwingend eine dauerhafte Liberalisierung und Demokratisierung eines Staates erfolgt. Gerade im Falle Rußlands kann ich nahezu dafür garantieren, daß dies nicht geschehen wird. Angenommen, das Putin-Regime wird aus dem Amt gefegt, so kann ich nur hoffen, daß "der Westen" dem Nachfolge-Regime - sofern es nicht gar zu arg aussieht - ein faires Angebot machen wird, denn der Russe wird auch hiernach ganz sicher nicht zufrieden sein mit seinem Platz in der Welt (mit einem Lebensstandard auf oder unterhalb des afrikanischen Niveaus). Will man Rußland (sofern es nicht auseinander bricht) nicht wirklich dauerhaft an der Seite Chinas stehen sehen, müßten unsere Interessenvertreter etwas mehr vorausschauende Weisheit an den Tag legen als sich gegenseitig von einer Sanktion zur nächsten zu gratulieren. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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