@Wikki

An dieser Stelle hake ich lieber noch einmal nach. Ich bin mir nämlich nicht ganz sicher, ob ich den Bezug Deines letzten Beitrags zu meinen vorherigen Beiträgen korrekt interpretiert habe. Es wirkte auf mich ein bisschen so, als würden meine Beiträge Dich an die beschriebene Frau erinnern und als wenn Du vermuten würdest, dass ich ähnliche Einstellungen hätte. Vielleicht war es aber ganz anders zu verstehen, sodass meine letzte Antwort nicht dazu passte.

Was die Forderungen der so extrem links eingestellten Frau betrifft: Abgesehen davon, dass ich die heutige Gesellschaft nicht dazu in der Lage sehe, die Abschaffung von Strafen ernsthaft in Erwägung zu ziehen (ohne dass dies weitreichende negative Konsequenzen zur Folge hätte), geht es mir mit meinen Beiträgen nicht darum, im engeren Sinne Politik zu machen, sondern eher um ganz allgemeine menschliche Umgangsformen.

Worauf ich allerdings mit meinen jüngsten Kommentaren gerne aufmerksam machen möchte, ist Folgendes:

Meiner Wahrnehmung nach tun die meisten Menschen heute so, als wüssten sie über vieles besser Bescheid als der Rest der Gesellschaft oder sind vielleicht sogar selbst überzeugt davon, dass sie es besser wissen. Doch gerade das ist in meinen Augen ein Anzeichen für Schwäche und emotionale Instabilität. Ich finde es viel bewundernswerter, wenn jemand auch mal zugibt, vieles nicht mit Sicherheit zu wissen.

Zweifel daran zu äußern, ob die eigenen Vorstellungen, nach denen man bisher gelebt hat, für den zukünftigen Lebensweg noch Sinn ergeben, kann manchmal sehr hilfreich für die persönliche Weiterentwicklung sein. Erst dadurch kann überhaupt erst die Einsicht entstehen, dass man auch mal etwas an sich selbst verändern sollte.

So nehme ich auch für mich selbst nicht in Anspruch, etwas besser zu wissen als andere Teilnehmer/innen hier. Aber ich möchte gerne dazu einladen, die eigenen Weltanschauungen auch mal selbstkritisch zu hinterfragen. Gleichzeitig bin ich für die Kritik an meinen Argumentationen offen. Wenn ich also etwas schreiben sollte, was unlogisch oder nicht plausibel sein sollte, kann man mich gerne darauf hinweisen.

Mir leuchtet es tatsächlich nicht ein, warum es offensichtlich sein soll, dass manche Menschen einfach keinen guten Kern haben können. Das führt ja letztlich zu der Annahme, dass sie bereits von Geburt an keinen Kern gehabt haben, also quasi dazu geboren wurden, um ihren Mitmenschen zu schaden und von ihren Mitmenschen nicht geliebt, sondern gehasst werden wollen. Ich halte das für ziemlich absurd. Viel plausibler erscheint es mir, davon auszugehen, dass jeder Mensch von Geburt an das Grundbedürfnis hat, geliebt zu werden. Denn Babys, die keine liebevolle Zuwendung spüren, überleben nicht lange, wie das Sprachexperiment von Friedrich II. von Hohenstaufen sehr eindrucksvoll gezeigt hat. Das spricht dafür, dass der Mensch von Natur aus eher gut bzw. der Liebe zugewandt ist und erst bestimmte emotionale Lebenserfahrungen dazu führen können, dass er sich davon abkehrt.

Nun kann man natürlich die Auffassung vertreten, dass eine Rückkehr zur ursprünglichen Natur bei manchen Menschen nicht mehr möglich ist, diese also einen irreversiblen Zustand erreicht hätten. Doch auch das glaube ich nicht. Wenn emotionale Lebenserfahrungen dazu geführt haben, dass manche Menschen im Verlauf ihrer Biografie "bösartig" geworden sind, dann können zukünftige korrigierende emotionale Lebenserfahrungen auch dazu führen, dass sie ihr Verhalten wieder ändern, also wieder authentisches "liebevolles" Verhalten gegenüber ihren Mitmenschen zeigen.

Das alles schließt selbstverständlich nicht aus, dass rechtswidriges Verhalten als solches zu bezeichnen und angemessen zu bestrafen ist. Jedoch besteht ein wesentlicher Sinn von z.B. Freiheitsstrafen auch darin, eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen. Dies kann allerdings nur gelingen, wenn gegenüber einem/einer Staftäter/in auch glaubwürdig kommuniziert wird, dass das Umfeld es für möglich hält, dass er/sie eines Tages aus seinen/ihren Fehlern gelernt und sein Verhalten geändert haben wird. Ein/e Straftäter/in, die eine solche Erfahrung nicht macht, wird sein/ihr Verhalten auch nicht ändern und sich weiterhin so verhalten, wie er/sie von der Gesellschaft wahrgenommen wird.