xy schrieb:
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> Nachteule80 schrieb:
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> > Wenn ich wütend bin, bin ich wütend,
> > aber das heißt nicht, dass ich das anderen
> auch
> > zeige. Dennoch bin ich innerlich weiter wütend
> > und kann den Schalter nicht umlegen. Ich kann
> es
> > unterdrücken, damit es mir andere eben nicht
> > anmerken, aber ich kann nicht auf Knopfdruck
> > aufhören, es zu fühlen. Das Gefühl ist da,
> > auch, wenn ich es nicht zeige. Das meine ich
> > damit.
>
> Unterdrückt wird also nicht die Emotion selbst,
> wenn ich Dich richtig verstehe, sondern das
> Verhalten, zu dem Dich die Emotion (im
> vorliegenden Beispiel die Wut) animiert.
> Allerdings hilft das meiner Überzeugung nach auch
> wieder dabei, zukünftige Emotionen (auch die
> eigenen) zu beeinflussen. Wenn man nämlich seine
> Wut nicht an seinen Mitmenschen auslässt, dann
> reduziert dies die Wahrscheinlichkeit, wiederum
> wütende Bemerkungen von diesen ernten. Und wenn
> man selbst nicht wütend angegangen wird, macht
> man weniger negative emotionale Erfahrungen, über
> die man sich ärgen und mit Wut reagieren könnte.
> Man steuert quasi über seine Gedanken emotionale
> Erfahrungen, die man in der Zukunft macht und
> reguliert auf diese Weise seinen
> Temperamenthaushalt. Voraussetzung ist natürlich
> immer, dass man das auch wirklich will.

Ja, da hast du mich richtig verstanden. Ich halte es für nicht möglich, eine Emotion selbst zu unterdrücken. Wenn man wütend ist, ist man wütend. Oder traurig. Oder fröhlich. Oder verliebt. Oder ängstlich. Oder was auch immer. Die Gefühle kommen von selber, das Gehirn schüttet ja entsprechende Botenstoffe aus und aktiviert bestimmte Regionen, wie soll man das willentlich beeinflussen können?
Nur das Verhalten kann man beeinflussen und auch das nur, wenn man eine gute Impulskontrolle hat. Wenn nicht, bricht es aus den Leute heraus. Spätestens dann, wenn es zuviel wird. An den Punkt kann ja auch fast jeder irgendwann gebracht werden. Sonst hätten mittelalterliche Foltermethoden ja auch keinen Erfolg gehabt. Die Angst vor Schmerz ist irgendwann nicht mehr kontrollierbar, außer von wenigen, extrem tapferen Leuten, und dann lässt man die Angst raus und macht alles, um der Situation entgehen zu können.

Eun unterdrücktes Verhalten bedeutet aber nicht, dass es nicht trotzdem feinfühlige Menschen merken. Wenn man jemanden besser kennt, merkt man ihm sehr viel an, auch ohne Worte und ohne auffällige Verhaltensweisen. Kleinste Änderungen im Blick oder in der Körpersprache geben Auskunft genug, um zu merken, dass mit demjenigen etwas anders ist als normal.
Zudem erfordert es manchmal nicht mal das, nämlich dann, wenn ich Zeuge einer Situation geworden bin. Wird ein Passant von einem anderen z.B. beschimpft, weil er nicht schnell genug beiseite gegangen ist oder so, braucht es natürlich keine Fantasie, um sich denken zu können, dass sich der Angegangene ärgert, auch, wenn er den Motzer ignoriert und keinen Ton sagt.

Ja, sich zusammenzureißen verhindert natürlich Konfrontationen oder sonstige unerwünschte Interaktionen mit anderen (auch, wenn ich z.B. nicht anmerken lasse, dass ich sehr traurig bin, weil ich nicht will, dass es jemand merkt und mich fragt, warum - weil ich entweder nicht drüber reden will oder weil ich nicht doch noch von der Trauer überwältigt werden will und öffentlich anfangen will zu weinen, was aber passiert, sobald einen jemand fragt, was los ist).
Andererseits verhindert es aber oft auch, dass man für sich einsteht. Man darf sich auch nicht alles gefallen lassen und alles verstecken, dann leidet man drunter und es kann einem auch ans Selbstbewusstsein gehen, wenn man sich nie wehrt und Wut mal zeigt.

Ich muss hier mal was sagen. Das ist irgendwie faszinierend für mich, dass du das dermaßen analysierst, ich kann mir nämlich gar nicht vorstellen, wie es ist, wenn das nicht automatisch eingebaut ist, sondern man es erst erklären muss.