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Re: Western-Laberecke
High Noon lief bei uns in der Schule immer im jährlichen Wechsel mit "Die Irrfahrten des Odysseus" mit Kirk Douglas - und zwar immer am Aschermittwoch. Ich habe High Noon sehr oft gesehen, erst neulich wieder zwei, oder dreimal. Heutzutage werden keine Western gezeigt in der Schule, allenfalls Geschichten mit gesellschaftskritischem Hintergrund oder Zeichentrickfilme wie die "Eisprinzessin". Da ist einfach nichts zu machen, die jüngeren Lehrer haben keinerlei Zugang zu Klassikern, und schon gar nicht, wenn Gewalt im Spiel ist...
Einer meiner absoluten Lieblingswestern ist "Der letzte Wagen" mit Richard Widmark und einer sehr schönen Felicia Farr. Der Film hat mich sofort mit der Großaufnahme von Widmarks Gesicht, als er den einen Mörder seiner Frau aus dem Sattel geschossen hatte, gepackt - damals war ich ein Knirps von 12 oder 13, und der Film lief im Freitagabend Programm der ARD. Seitdem hab ich ihn oft gesehen. Einer der für mich ebenfalls aus Kindertagen unvergesslichen Western ist Raoul Walsh's "Den Hals in der Schlinge", ein Whodoneit-Westernkrimi, bei dem die Suche nach einem Mörder eher in den Hintergrund gerät, denn der unschuldig verdächtigte Oldtimer macht dem Marshal ganz schön Feuer unterm Allerwertesten. Kirk Douglas spielt einen Staatenreiter, der seine Männer hart an der Kandare führt und das Gesetz über alles stellt. Ein eiskalter harter Hund, der nichts und niemanden an sich ranlässt - doch als er den Verdächtigen durch die Wüste bringen muss und dessen Tochter Virginia Mayo ihn betört, beginnt die raue Schale zu bröckeln. Schauspielerische Glanzleistungen von Douglas, Mayo und Walter Brennan. Ein Film, den ich nur ein einziges Mal im TV gesehen habe... Der erste Western, den ich als Knirps im Spätprogramm, also nach Lottozahlen und Wort zum Sonntag, schauen durfte, war und ist unvergesslich, obwohl es sicherlich bessere Western gibt. Aber was macht "Ein Mann allein" so besonders? Nun, es ist die Eingangssequenz. Ray Milland in der Hauptrolle reitet durch die Wüste. Allein. Sein Pferd strauchelt, bricht sich ein Bein. Er muss es erschießen. Er trottet zu Fuß weiter, allein. Weit und breit keine Menschenseele. Bis er schließlich in eine Stadt kommt und dort zum Gejagten wird, unschuldig des heimtückischen Mordes verdächtig... Die Eingangssequenz besticht durch Ray Millands schauspielerische und mimische Leistung, denn er spricht in dieser Viertelstunde kein einziges Wort, überzeugt einzig durch Handlung und Mimik. Ganz großes Westernkino, und dann noch Raymond Burr als Gegenspieler... was will man mehr? Ich mag ja solche Western, die allein schon durch die Pilotfolge oder Eingangssequenz überzeugen - so wie bei "Der letzte Wagen" oder eben auch bei "Ein Mann allein". Und das gibt es ja auch bei Westernserien. Für mich die Westernserie mit der besten Pilotfolge ist und bleibt "Shenandoah - Der Mann ohne Namen". Shenandaoh wird bei einem Schusswechsel mit einem Mann, den nur er zu kennen scheint, am Kopf verletzt und verliert sein Gedächtnis. Fortan weiß er nicht mehr, wie er heißt und woher er kommt. Und so sucht er Folge um Folge nach Menschen, die ihn kennen und ihm auf die Sprünge helfen können... Gleich danach ist die Pilotfolge von "Geächtet" für mich eine der besten aller Zeiten. Jason McCord, gespielt von Chuck Connors, wird unehrenhaft aus der Armee verstoßen. Alles was ihm bleibt, ist seine Uniformjacke und ein abgebrochener Kavalleriesäbel. So zieht er ruhelos durch den Westen, um sich zu rehabilitieren. Als er unterwegs am Rande der Wüste einen Mann trifft, meint es das Schicksal nicht gut mit ihm - die neue Bekanntschaft klaut ihm das Pferd, um nach Hause zu Frau und Kind zu reiten, und überlässt McCord seinem Schicksal. Doch McCord kämpft sich durch... Unvergessen die Szene, als er später sein Pferd zurückholt und davonreitet und die Frau ihren Mann fragt, wer das denn war... und der Mann sagt nur: "A friend... a real friend..." (Ein Freund - ein wahrer Freund). Die Episode haben wir wohl nie zu sehen bekommen, denn in Deutschland wurden, soweit ich weiß, nur einige der Farbepisoden ausgestrahlt. Auch bei "Johnny Ringo" aus "Cowboys, Sheriffs und Banditen" gab es anfangs eine Schlüsselszene. Don Durant als Johnny Ringo bekommt ein Telegramm, in dem er in eine Stadt gebeten wird, um dort Sheriff zu werden. Doch ehe er hinreiten kann, fordert ihn ein Mann zum Revolverduell mit seinem Sohn, der angeblich blitzschnell mit dem Colt ist und sich den blutigen Ruhm verdienen will, der Mann zu sein, der den großen Johnny Ringo besiegte. Ringo muss also schießen. Er schießt den Jungen kampfunfähig. Ehe er davonreitet, sagt er zu dem verblüfften und enttäuschten Vater: "Warum hat Gott einem Vater wie Ihnen einen Sohn geschenkt?" Große Klasse, großartige Eingangssequenz. Und sicherlich die für mich persönlich aufgrund ihrer Drehbücher und ihrer Besetzung beeindruckendste Westernserie bisher ist und bleibt "The Rebel Johnny Yuma" - da stimmte wirklich alles, ein großartiger halbstündiger Western, bei dem jede Episode ein Highlight ist und über 25 Minuten eine hochdramatische Geschichte erzählt wird, die vor Atmosphäre und Spannung nur so knistert. Habe ich bei vielen anderen Westernserien so intensiv selten erlebt. Ein Wedstern, der aufgrund seiner Musik und seiner einzigartigen Atmosphäre auf mich gewirkt hat, war und ist "Wie ein Schrei im Wind" mit Oliver Reed und Rita Tushingham, zwei Größen des britischen Kinos. Er ist der wortkarge Trapper, sie ein stimmes Mädchen, das dazu verdammt ist, mit ihm die Einsamkeit und Naturgewalten der Wildnis zu teilen. Als er in eine Bärenfalle gerät und auf ihre Hilfe angewiesen ist, wächst sie über sich hinaus und Zuneigung entwickelt sich zwischen den beiden. Grandiose Naturaufnahmen, grandiose Musik, grandioses Schauspiel und eine Atmosphäre, die ihresgleichen sucht. Auch die Europäer haben gute Western gedreht, die Standardwerke wie "Spiel mir das Lied vom Tod" oder "Für eine Handvoll Dollar" sind sicherlich jedem geläufig. Für mich ist das Standardwerk des einsamen Frenden, der in eine Stadt kommt, natürlich "Django" (Der Mann mit dem Sarg), der wirklich in Sachen Atmosphäre und Spannung hervorsticht. Und auch der wohl einzige Italo-Western mit richtiger Gruselatmosphäre ist ein "Django", obwohl das nur für den deutschen Verleih so war. Die Szenen, wenn "Django" am Morgen stumm und als schwarz gekleideter Todesengel in der nebligen Straße steht und auf sein Opfer wartet, dessen Name auf einem Grabkreuz steht, das er mitten in der Straße eingepflanzt hat... das hat schon was von Gänsehautatmosphäre. "Django und die Bande der Bluthunde" heißt der Film bei uns und ist wirklich toll. Einer der unvergesslichen, im Kino geschauten, Italowestern ist allerdings für mich "Heute ich...morgen du", in dem Bud Spencer eine bierernste Rolle hat. Die Hauptrolle des unschuldig im Zuchthaus sitzenden Bill Kiowa spielt Bett Halsey, der ehemalige Gatte von Heidi Brühl, dem Mädel vom Immenhof. Was so toll an diesem Western ist? Nun, Bill Kiowa kommt frei und kauft sich ein Schießeisen. Prompt warten zwei Comancheros auf ihn, um ihn wegzuknipsen, was leider nicht klappt. Und so macht sich Kiowa auf, eine Handvoll Kumpels aus alten Tagen als Kampfgefährten zu rekrutieren. Untermalt von einem schmissigen, sich immer wiederholenden Musikscore werden die Sattelgefährten immer mehr, um dann als kleine Armee zu Werke zu schreiten und die Schurken ins Nirwana zu schicken. Auch bei der deutschen Synchronfassung wurde sehr viel Wert auf hochkarätige Sprecher gelegt, von Uwe Friedrichsen über Arnold Marquis bis Michael Chevalier (Hoss aus Bonanza), Rolf Schult und Peter Schiff waren zahlreiche bekannte Stimmen zu hören. Nach wie vor gibt es viele, viele Western und Westernserien zu entdecken, aber es wird immer schwerer. Denn wer diese Serien hat (meist als TV Aufnahmen) ist selten bereit, sie im Internet zur Verfügung zu stellen... Der Western stößt hierzulande kaum noch auf Interesse, ein Schicksal, das er mit dem Eastern teilt. Die aktuelle Generation der TV- und Filmfans konzentriert sich auf spektakuläre Blockbuster, auf Science Fiction und auf Komödien. Sagt man ihnen, sie sollen doch mal einen Klassiker aus einem anderen Genre anschauen, heißt es meist: "Was soll ich mit dem alten Sch...?" Oder "Das ist doch langweilig... lass mich damit bloß in Ruhe." Das sind die Erfahrungen, die ich machen musste. Aber solange wir hier in den Foren in Erinnerungen schwelgen können, ist ja unsere Welt noch in Ordnung... Der Lonewolf Pete In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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