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Re: Eintracht Frankfurt Legende Jürgen Grabowski ist tot
Hab' noch etwas zu den Hintergründen gefunden bezüglich Grabowskis Nicht-Rückkehr zur Nationalmannschaft um 1977, 1978.
Bundestrainer Helmut Schön schreibt in seinem Buch "Fußball", Ullstein Verlag Frankfurt/Main, o.J., S. 13/14: "Es ist bekannt, daß ich mich lange vor der Weltmeisterschaft immer wieder darum bemüht habe, Jürgen Grabowski für eine Rückkehr in die Nationalmannschaft zu gewinnen, als Spielmacher, als Regisseur. Daraus entstand ein Gerücht: Heinz Flohe habe mir gedroht, wenn Grabowski spiele, dann müsse ich auf ihn und überhaupt auf die Kölner verzichten! So kraß ist das sicher nicht gewesen. Aber etwas war schon dran. Denn bevor ich mal wieder versuchte, Jürgen Grabowski zum Comeback zu überreden, hatte ich darüber mit Heinz Flohe gesprochen. Heinz Flohe sagte: "Das macht mir gar nichts aus, ich ziehe da voll mit!" Jürgen Grabowski erklärte: "Ja, mit dem Heinz Flohe würde ich mich gut verstehen." Er blieb aber schwankend. Dann scheint man Heinz Flohe in seiner Kölner Umgebung eingeredet zu haben: "Ein Grabowski im Mittelfeld engt dich spielerisch ein! Mach das nicht!" Ich hörte, auch der Vorstand des 1. FC Köln habe gesagt, Grabowski sei ein Nachteil für Flohe. Weisweiler äußerte sich angeblich: Flohe ließe in seiner Leistung nach, wegen der möglichen Rückkehr von Grabowski und unter dem Druck eines Konkurrenzkampfes um die Rolle des Regisseurs. Zum Schluß mag Heinz Flohe das alles selber geglaubt haben. Natürlich bekam Jürgen Grabowski Wind von dem, was man in Köln so redete. Dabei muß man seine psychologische Situation verstehen. Er war hin und hergerissen. Er wollte durchaus - und er wollte auch wieder nicht. - "Wenn mir doch jemand zureden würde, es nicht zu tun!" hat er gesagt. Ich kann mir denken, daß die negative Einstellung der Kölner zu einer Zusammenarbeit ihm dann eine Art Entscheidungshilfe war. Er sagte endgültig ab. Sehr schade. Grabowski war eine der großen Spielerpersönlichkeiten, deren Fehlen man immer so lauthals beklagte." Zu Heinz "Flocke" Flohe: Er galt als sehr sensibel, war in Köln zum Spielmacher herangereift, konnte sich aber erst nach dem Rücktritt von Wolfgang Overath 1977 als "Chef" der Kölner Mannschaft durchsetzen. Prompt wurde der 1. FC Köln mit Flohe 1978 Meister und Pokalsieger, eine Erfolgsbilanz, die die "Geißböcke" nie wieder erreichten. Zudem war Flohe auch im Nationalteam zum Spielmacher avanciert. Zu Helmut Schön: Schön hatte als Bundestrainer bewiesen, dass er es verstand, hochklassige Spieler, die in ihren Vereinen die gleiche Spielposition innehatten, in der Nationalmannschaft zu integrieren. Bekanntestes Beispiel: die Mittelstürmer Gerd Müller und Uwe Seeler bei der WM 1970. Zu Jürgen Grabowski: Grabowski war in der Bundesliga zum überragenden Spielmacher von Eintracht Frankfurt herangewachsen. Unter dem ungarischen Trainer Gyula Lorant hatte Frankfurt als erste Bundesligamannschaft mit der Raumdeckung begonnen und blieb 22 Spiele hintereinander ungeschlagen, war in der Rückrunde 1976/77 sicher die stärkste Mannschaft der Liga. Dazu zwei Links: zum einen ein Interview mit Grabowski über die damalige Raumdeckung und über Lorant: [www.dfb.de] Zum zweiten ein Artikel über Gyula Lorant und die Raumdeckung: [www.90min.de] Möglicherweise hätte die Nationalmannschaft mit einer Mannschaft um den Spielmacher Grabowski ihre Spielweise in Richtung Raumdeckung umstellen müssen/können, vielleicht auch neben dem Stammspieler Hölzenbein mit weiteren Frankfurter Spielern im Team, etwa Bernd Nickel, Charly Körbel oder Willi Neuberger. Zuvor hatte Schön jedenfalls seine Spielmacher Beckenbauer, Netzer und Overath mit Mannschaftskameraden aus ihren Vereinen unterstützt ("Blockbildung"). In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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