Re: Klartext
Das behaupten leider immer noch ein paar Leute zu viel, und in den Kirchen wird nicht selten etwas anderes geglaubt, als propagiert wird, im Guten wie im Schlechten.
Im Grunde genommen bleibt es bei dem Problem, dass Jahrtausende alte Mythen zur Erklärung der Welt heute herhalten sollen, und dass diese Mythen in ihrer kanonisierten Form so viel Interpretation zulassen, dass er religiöse Irre auch heute noch als Anleitung und Rechtfertigung dient, Köpfe abzusäbeln, verdirbt das ganze Konstrukt so weit, wie etwas Gallenflüssigkeit gleich den ganzen Fisch ungenießbar macht.
Dass der Islam da aufgrund eines besonders stark verbreiteten wortwörtlichen Verständnisses eine andere Gefährlichkeit hat, bedeutet noch lange nicht, dass nicht auch das Christentum Gefahr laufen könnte, in archaischere Zeiten zurück zu fallen. Fundamentalisierungstendenzen sind dabei jetzt schon beobachtbar, auch in Europa, wenn sich das auch bei uns angesichts der steigenden Zahlen der Kirchenfernen und Nichtgläubigen noch auf einem vergleichsweise kleinem Niveau abspielen mag.
Diese Diskrepanz scheint auch in der Katholischen Kirche ein großes Problem zu sein, weshalb ich nicht unbedingt erwarte, dass durch Papst Franziskus jetzt die großen Reformen angekurbelt werden. Der weiß aus eigener Erfahrung, dass seine "Schäfchen" zu den Evangelikalen flitzen, die in Südamerika mit ihrem charismatischen Fundamentalismus heftigst missionieren.
Wenn man aber auch beobachtet, was in unserem Land höherrangige Würdenträger öffentlich vom Stapel lassen, lässt das schon erahnen, dass auch bei uns der Klerus nicht gerade auf Reform und Liberalismus gepolt ist.
Wie "fürstbischöflich" jovial es dabei in der Kirche zu geht, war in den letzten Jahren wohl auch schon ausreichend durch die Presse breitgetreten worden - Tebartz van Elst lässt grüßen. Dass sich dagegen aber auch langsam an der Basis Widerstand formiert, ist wohl das eigentliche Novum daran.
Dass so mancher Geistliche aber auch im religiösen Verständnis noch im 17. Jahrhundert hängen geblieben sein muss, offenbart sich doch von Zeit zu Zeit in Stellungsnahmen zu Themen, in denen sich die Kirche ganz offensichtlich im Konflikt mit einer "weltlichen" Ethik befindet, und wenn manche Vertreter des Glaubens dann als Argument für den Glauben noch die Pascalsche Wette für besonders clever halten, dann frage ich mich, was die akademische Laufbahn überhaupt bringen soll.
Die Evangelischen Kirchen in Deutschland gerieren sich allerdings schon komplett anders, muss man sagen. Ob das einer längeren Tradition in der historisch-kritischen Methodik der Bibelexegese begründet ist, kann ich nicht beurteilen. Es scheint aber schon damit zusammenzuhängen.