Das Thema Synchronisation war ja seit jeher ein recht zweischneidiges Schwert, Pete, denn JEDE Synchro ist logischerweise eine Veränderung des Originals. Aber denke mal bitte zurück an die Anfänge des Tonfilms in Hollywood, als eine Synchro technisch noch gar nicht realisierbar war und Schauspieler wie etwa Stan Laurel und Oliver Hardy ihre Filme radebrechend in mehreren Sprachen drehen mußten. Andere Schauspieler des Streifens wurden zum Teil durch Kollegen der jeweiligen Landesfassung ausgetauscht. Was hatte denn so eine Praxis noch mit dem Original zu tun bzw. welche Fassung ist dann überhaupt das Original?
Wie wir alle wissen, kann man bei Film und Serie durch eine Synchro unglaublich viel versauen, auf der anderen Seite aber ebensoviel zum Positiven verbessern. Und bei den vielen markanten Stimmen, mit denen unsere alte Synchrongarde seinerzeit gesegnet war, sehe ich die Verbesserungen ganz klar in der Überzahl. Man darf sicherlich auch behaupten, daß so einige TV-Serien der 60er und 70er Jahre ihren Erfolg beim deutschen Publikum zu einem erheblichen Teil der heimischen Synchro zu verdanken haben.
Nur mal kurz zwei Beispiele, die mir ganz spontan einfallen und die stellvertretend für weitere stehen:
1. "Lieber Onkel Bill". Von dieser Serie waren seinerzeit nicht nur meine Eltern hauptsächlich deshalb so angetan, weil Brian Keith darin von Paul Klinger synchronisiert wurde, der damals nun wirklich mit zu den beliebtesten deutschen Schauspielern gehörte und dessen leicht nuschelige Stimme zu seinem Markenzeichen gehörte.
2. "High Chaparral". Auch die Beliebtheit dieser Westernserie wurde hierzulande maßgeblich durch einen Synchronschauspieler begründet, nämlich durch Rolf Schult. Diesen Namen kannten anno 1969 zwar erst die wenigsten Zuschauer, doch wie er mit seiner markanten Stimme, dem einmaligen Lachen und der teils gepreßten Diktion den Manolito Montoya eindeutschte, machte buchstäblich Schlagzeilen. Ich kann mich jedenfalls noch sehr gut an diverse Artikel in verschiedenen Programmzeitungen entsinnen, die darüber berichteten. Schaut man sich die Folgen heutzutage via DVD in Englisch an, stellt man rasch fest, wie fade die Figur des Manolito in der O-Fassung eigentlich angelegt ist.
Ein weiterer Aspekt, weshalb die deutsche Fassung akustisch meist lebendiger und dynamischer klingt, ist schlicht ein technischer. Ihr hattet es ja bereits kurz angesprochen, daß die meisten Dialoge unserer nostalgischen Lieblingserien noch mit Galgenmikrofonen aufgenommen wurden, während die deutsche Synchro unmittelbar vor Studiomikrofonen erstellt wurde und somit das komplette Frequenzspektrum einer Stimme vorhanden war. Was allerdings bei Outdoor Szenen manchmal auch ziemlich unnatürlich wirken kann, wenn die sprechende Person optisch zwar recht entfernt steht, akustisch aber klingt, als würde sie unmittelbar neben einem stehen. Und nicht immer gelang es den Synchronstudios dieses Manko durch Veränderung der technischen Parameter zu kompensieren.
Das Thema ist so facettenreich, Pete, da gibt es zumindest für mich kein "entweder oder", sondern ein breites "sowohl als auch"... ;-)
Gruß
Stahlnetz
Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem man nicht vertrieben werden kann