Aaaalso, wo fange ich an? Meine Mutter und auch ich waren immer große Weihnachtsfans. Und die Weihnachten in meiner Kindheit waren immer traumhaft und magisch. Das fing schon in der Adventszeit an. Meine Mutter bastelte immer viel. Sie hatte damit angefangen als ich im Kindergarten war und es da mal nen Bastelabend für die Eltern gab. Und bis zu ihrem Tod war das ihr liebstes Hobby und sie wurde ziemlich gut und künsterlisch darin.
Naja, wir hatten diese Tschibo-Weihnachtsheftchen:
[pyrolim.de]
Da hat uns Mutti Geschichten draus vorgelesen. Und sie hat die ganzen Bastelsachen gebastelt. Als ich die Heftchen in ihrem Nachlass fand erkannte ich die ganzen Figürchen, Engel, Sterne etc. darin - die standen alle bei uns im Haus. Das Haus war auch immer ab Anfang der Adventszeit geschmückt. Überall standen Engelchen und Weihnachtsmänner. Selbst gebastelt, und gekauft, und von einer älteren Tante erbten wir einen großen Karton voller Weihnachtsfiguren und Weihnachtspyramiden aus Holz, die dann auch aufgestellt wurde. Dazu Weihnachtsbilder an den Fenstern - Fensterbilder wie dieses und später Scherenschnitte, und überall Weihnachtsdeckchen.

Wir hatten 2 große Vasen, in denen auch weihnachtliche Sträuße standen - Äste von Nadelbäumen, an die etwas dran gehängt wurde. Das waren meist wieder selbst gebasteltes im Wohnzimmer und kleine Holzfigürchen im Esszimmer. Die Holzfigürchen kamen oft aus dem Adventskalender. Meine Mutter machte schon lange bevor das zur Mode wurde einen selbst gebastelten Adventkalender. Kleine Säckchen an einer Schnur aufgehängt und in jedem ein kleines Geschenk. Da mein Bruder und ich beide nicht so wild auf Süßigkeiten waren musste da was anderes rein. Das waren dann Radiergummis oder Ähnliches, aber sehr oft auch diese kleinen Figürchen. Und jedes Jahr wurde der Figurenstrauß größer. Ich hab meiner Mutti auch immer gerne beim Aufstellen der Sachen geholfen. Ich freute mich ja schon genauso auf Weihnachten.

Der Nikolaus war für mich immer mit dem Weihnachtsmann identisch und der kam am 6. Dezember. Als ich klein war kam mal ein Nachbar, der ziemlich streng tat und drohte mich in seinen Sack zu stecken und in den Schwarzwald mit zu nehmen. Ich sagte später zu meinen Eltern: "Der Nikolaus hat sich aber angehört wie der Horst, nur dass er nicht so freundlich war." Danach kam dann eine Cousine meiner Mutter, die das so halbprofessionell machte, als Weihnachtsmann. Die kannte ich nicht, daher war sie etwas glaubwürdiger. Nikolausabend war schon ein großes Fest bei uns. Alle Nachbarn und Freunde mit Kindern versammelten sich bei uns. Wir Kinder mussten Gedichte vorlesen oder singen, es wurde aus dem schwarzen und dem goldenen Buch vorgelesen, was wir gut und schlecht gemacht haben, auch mal mit der Rute gedroht, aber am Ende bekamen wir dann immer die Geschenke aus dem Sack. :-) Das wurde von Jahr zu Jahr professioneller. Papa filmte es - ich muss echt mal schauen ob die Filme noch in Ordnung sind, mein Papa meinte nämlich sie wären kaputt. Aber angeschaut haben wir die so gut wie nie, das wäre dann das erste Mal sein meiner Kindheit, dass ich das wieder zu sehen bekäme. Als ich anfing Akkordeon spielen zu lernen wurde ich engagiert, die musikalische Untermalung zu machen. Meine Mutter hatte die bekanntesten Weihnachtslieder in einem selber gebastelten Heftchen zusammen gefasst, das kopiert und unter den Anwesenden verteilt wurde, damit jeder mitsingen konnte. Am Ende des Abends wurden die Heftchen wieder eingesammelt - fürs nächste Jahr.Ich spielte dann schon wenn der Nikolaus rein kam und immer mal zwischendurch und am Ende wenn er wieder ging, und alle sangen mit - so um die 30 Personen.

Gebastelt wurde auch viel - vor allem die Deko für den Weihnachtsbaum. Kugeln gab es nur als ich ganz jung war, später kannte ich nur Bäume mit Basteleien. Das waren anfangs Strohsterne, dann Fröbelsterne, einmal hatten wir Wachsfiguren - da wurde altes Wachs in die Formen eines Adventskalenders gegossen, in denen vorher die Schokolade war. Einmal hatten wir auch kleine Päckchen - Zahnpastapackungen oder sonstige kleine Schachteln verpackt. Verschiedene Engel und am Ende waren es meist Scherenschnitte - jedes Jahr ein anderer. Wir bastelten auch mal Weihnachtsmänner aus verschieden farbiger Pappe, bzw. so nem etwas festeren Papier. Die hatten rosa Gesichter, Mützen, Handschuhe, Stiefel, ein Gesicht, einen Gürtel mit Gürtelschnalle - also so um die 20 Teile, die auf die Weihnachtsmänner geklebt wurden. Vorder- und Rückseite. Mein Bruder, meine Mutter und ich taten das mal an 1-2 Abenden. Und da gab es dann Unterhaltungen wie diese:
Hat jemand noch nen Nikolaus ohne Stiefel? Ich hab hier noch ein paar Stiefel.
Ne, ich hab hier einen ohne Gürtel und ohne Stulpen.
Und ich hab einen ohne Mütze aber mit Handschuhen.
Und ich einen mit Mütze aber ohne Bart...
Wir mussten auf jeden Fall sehr lachen über diese Tauschgeschäfte...

In der Adventszeit liefen bei uns auch immer Weihnachtsschallplatten. Mit Liedern und Geschichten. Den ganzen Tag. Und wenn ich an Vorweihnachsstimmung denke sehe ich mich im Wohnzimmer beim Engel basteln, von Weihnachtsschmuck umgeben und mit Weihnachtsmusik im Hintergrund. Schnee gab es bei uns selten,wir waren im Flachland in der oberrheinischen Tiefebene, die durch ihr mildes Wetter bekannt war, und da auch noch an der wärmsten Stelle.

An Weihnachten kam das Christkind, wobei ich in vielen Geschichten auch vom Weihnachtsmann gelesen hatte und mich fragte was der denn zweimal arbeiten musste. Ich sah ihn dann aber eher als den Fahrer oder Bodyguard des Christkinds, damit das nicht alleine los muss und sich an den schweren Geschenken nicht überhebt - denn an Weihnachten gab es viel mehr als zum Nikolaus.

An Heilig Abend wurden wir Kinder zur Oma, bzw. zu den Großeltern (bis ich 9 war - danach starb dann der Opa und wir waren nur noch bei Oma) gebracht, damit die Eltern zu Hause in Ruhe das Weihnachtsfest vorbereiten konnten. Mutti kochte immer was außergewöhnliches an Weihnachten. Das beste und aufwändigste Rezept, dass sie im Jahr finden konnte, und war dann entsprechend genervt. Papa stellte den Weihnachtsbaum auf und später auch noch die elektrische Eisenbahn. Die bekamen wir nur an Weihnachten,bis etwa Februar, und bis dahin war unser Interesse daran auch schon etwas abgeklungen, aber an Weihnachten war sie wieder was Besonderes. Auch Papa war an Heiligabend ziemlich angespannt, vor allem wegen dieser alten Lichterketten. Wenn da ein Licht ausfiel ging die ganze Kette nicht mehr und man musste ausprobieren, welches Licht nicht mehr ging. Das war schon in den Tagen vor Weihnachten immer ein Aufreger, und auch Anfang Dezember, wenn er die Außenbeleuchtung anbrachte. Da lief man meinen Eltern besser nicht über den Weg, sonst bekam man von der Schimpfkanonade eventuell auch was ab. Echte Kerzen am Baum hatten wir nie - mein Opa war Elektriker, und als ich Kind war, waren wir immer auf dem neuesten Stand der Technik, und dazu zählte auch die elektrische Beleuchtung.
Bei der Oma spielten wir oder sahen fern, oder beides. Und zur Kirche holte meine Mutti uns und Oma ab. Kirche war immer der beginn des Weihnachtsfestes. Und meine Mutter sagte auch immer, dass für sie Weihnachten in der Kirche beginnt, wenn die Arbeit getan ist und sie nur hinsitzen und zuhören kann. Nach Opas Tod gingen wir danach zum Friedhof um eine Kerze auf sein Grab zu stellen, und dann ging es nach Hause. wo mein Papa wieder die Filmausrüstung aufgebaut hatte - gleißendes Licht empfing uns und im Hintergrund lief entweder eine Weihnachtsplatte oder ein farbiger Film im Fernsehen. Vor lauter Trubel bekam ich von den Filmen um die Zeit aber nicht viel mit. Ich erinnere mich nur einmal an "Ein Baum wächst in Brooklyn" - wahrscheinlich deswegen weil wir auch das Buch hatten. Danach war erst mal Bescherung, da wir Kinder sonst beim Essen zu zappelig gewesen wären. Und das Essen gab es dann danach. Und dann spielten wir Kinder mit unseren Geschenken und die Erwachsenen schauten fern. Und als ich größer wurde schauten wir alle zusammen fern. Ich kann mich auch an keinen Streit an Weihnachten erinnern, nur an die Hektik meiner Eltern davor. Aber ab dem Kirchgang war es friedlich.

Schnee gab es wie gesagt selten, daher kann ich mich auch sehr gut an das eine Jahr erinnern, als wir mal weiße Weihnachten hatten. Meine Mutter sagte, das war das Jahr indem sie ihre erste Krebs-OP hatte, das muss 1980 gewesen sein. Da machten wir (=Mutti, mein Bruder und ich), nachdem die Oma heim gebracht wurde, einen Schneespaziergang. Das war wirklich schön und magisch.

Als wir älter waren, die Oma tot war und wir Kinder auch an Heiligabend beim Aufbau des Weihnachtsbaums helfen durften/mussten, da wurden auch mal andere Leute zu Weihnachten eingeladen. Meine Mutter brachte mal eine einsame Flüchtlingsfrau mit, die sie bei ihrer Arbeit als Werbedame kennen gelernt hatte. Eine frisch geschiedene Nachbarin war mal bei uns, und später brachte ich eine Freundin mit, die behindert war, früh ihre Eltern verloren hatte und später dann auch noch die Oma, bei der sie aufgewachsen war.

Mein Papa war nicht so weihnachtlich eingestellt wie meine Mutter und ich. Nachdem meine Mutter gestorben war, war es ihm egal ob wir einen Baum hatten oder nicht. Ich brachte dann immer meinen Disney-Weihnachsschmuck und meinen künstlichen Baum mit und baute den in Papas Wohnzimmer auf, denn ich wollte einen Baum haben, aber fand es zu schmerzhaft Muttis Gebasteltes hinzuhängen. Aber meinem kleinen Neffen hat das auch gut gefallen. Zum Essen gingen wir dann meist zu meinem Bruder. Seine Frau machte aber - wie es in ihrer Familie Tradition war - nur Würstchen und Kartoffelsalat - das völlige gegenteil zu den aufwändigen Weihnachtsessen meiner Mutter, aber satt wurden wir trotzdem.

In dem Jahr bevor meine Mutter starb war sie auch schon sehr geschwächt an Weihnachten. Sie bleib Heiligabend im Bett. Ich ging allein zur Kirche und obwohl es endlich mal wieder Schnee hatte - das war 2010 - war ich sehr unglücklich, da ich wusste es ist das letzte Weihnachtsfest meiner Mutter. Ich war dann auch spät in der Kirche weil ich vorher noch nen Braten gemacht und meine Mutter versorgt hatte, und musste stehen. Und mir traten ständig Tränen in die Augen. Die Feier danach wurde aber noch sehr schön. Mein Vater und ich brachten das Essen und eine Flasche Sekt an ihr Bett. Danach machten wir Bescherung (naja, ich bescherte meine Eltern, und zu der Zeit wurde mein Geschenk immer schon auf mein Konto überwiesen) und ich zeigte meiner Mutter das Filmchen, das ich auf dem Geburtstag meines Neffen einige Wochen davor gedreht hatte, bei dem sie auch schon nicht dabei war. Wir machten da auch Bescherung und saßen den ganzen Abend - bis meine Mutter müde wurde - an ihrem Bett. Ich weiß nicht mehr worüber wir geredet haben, aber es war sehr schön und harmonisch und weihnachtlich.

@Ute: mein Opa hat mir auch mal so ein Puppenhaus gebaut. Nur nicht so groß wie deines, 1 Stockwerk mit 2 Zimmern und kein Dach. Und elektrisches Licht gab es nur bei den Nachttischlampen. Aber manche Möbel waren dieselben wie in deinem Haus und auch meine Puppe sah so aus wie deine. :) Wenn ich dazu komme muss ich es mal fotografieren, aber momentan ist es auch noch nicht so ganz vorzeigbar, da muss ich einige Sachen noch dran reparieren.



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 19.12.16 20:41.