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Re: Weihnachtserinnerungen
Die vielfältigen Erinnerungen sind wirklich interessant und unterhaltsam.
In meinem Elternhaus wurde wohl bis Mitte der 50er Jahre der Weihnachtsbaum von meinem Vater in einer Nacht- und Nebelaktion wegen Geldknappheit im Dunkeln direkt aus dem Wald geholt. Unter Umgehung des Zwischenhandels. Mit wachsendem Einkommen wurde dann regulär gekauft. Davon bekamen wir Kinder aber nichts mit. Die ersten Bäume an die ich mich erinnere waren mit Äpfeln, selbstgebackenen Keksen in vielen Formen und nur wenigen Kugeln behängt, da der ehemalige Baumschmuck mit den Trümmern des ehemaligen Wohnhaus 1944 im wahrsten Sinne des Wortes verschüttgegangen war. Das Prozedere bei der Bescherung war immer gleich, bis auch das kleinste Kind wußte, daß der Weihnachtsmann unser Vater war. Das Schlüsselloch zum Wohnzimmer wurde verstopft, um lästige Spione zu behindern. Da die Tür keine Scheibe enthielt, entfiel das weitverbreitete Abhängen durch ein Bettlaken. Am Heilig Nachmittag wurde bei Weihnachtsmusik aus dem Radio Kaffee oder Kakao getrunken und die reichlich gebackenen Kekse gegessen. Dann wurde was gespielt, z.B. Mensch-ärgere-Dich-nicht o.ä. Heilig Abend um 18:00 gab es Kartoffelsalat und Würstchen. Bis zu dem Zeitpunkt fand alles in der Küche statt. Dann wurde nachgeschaut ob der Weihnachtsmann denn schon dagewesen war, und wenn mein Vater das nach einem Blick ins Wohnzimmer bestätigte, ging es zur Bescherung. Der Rest des Abends bestand aus Radiomusik, ein paar Bierchen für Papa, Wein oder Bowle für die Damen und Kakao und Süssigkeiten für uns Kinder. Das besondere war bei uns, daß damals noch eine ältere Dame bei uns als Untermieterin wohnte, die aus Ostpreussen als Flüchtling gekommen war, keine Angehörigen mehr hatte und etwa 1947 zwecks Unterbringung in die Wohnung meiner Eltern (weil die nach Ansicht des Amts genug Zimmer hatte) eingewiesen wurde. Im Lauf der Zeit wurde die Dame so was wie unsere Ersatzoma und das Verhältnis wurde so gut, das sie quasi zur Familie gehörte. Als wir vier Kinder dann aber immer größer wurden und unser Zimmer zu klein, zog sie mit einer anderen Dame zusammen in eine kleine Wohnung und so hatten wir dann jeweils zu zweit ein Zimmer. Bis zu ihren Tod blieb sie aber immer unsere "Oma". Später, mit steigendem Einkommen, wurde das Weihnachtsfest auch bei uns opulenter. Weihnachstschmuck, gekaufter 2 Meter Baum, Fernseher statt Radio und die üblichen Köstlichkeiten wie Gänsebraten, Lufthansa Cocktail und Oppenheimer Krötenbrunnen wurden gekauft. Es war schon eine schöne Zeit. Weihnachten war für mich nie wieder so schön und spannend wie in der Kinderzeit. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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