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Twitter-Shitstorm für zwei Monate alte Sendung, WDR entschuldigt sich
UPDATE: Zwei der Diskussionsteilnehmer haben sich inzwischen für ihre Aussagen in der Sendung "Die letzte Instanz" entschuldigt. Noch am Sonntagabend schrieb Janine Kunze auf ihrer Instagram-Seite:
Und Micky Beisenherz meldete sich am Montagvormittag auf Twitter zu Wort:
In seinem Podcast "Apokalypse und Filterkaffee" führte er weiter aus: Wenn ich Leute enttäuscht habe, dann tut mir das aufrichtig leid, denn das möchte ich nicht.Man müsse 2021 weiter sein, als noch ernsthaft über dieses verdammte Schnitzel zu diskutieren und zu sagen, ich möchte unbedingt das Z-Wort benutzen, wenn ich bestelle. ZUVOR: Es ist mittlerweile nichts Außergewöhnliches mehr, wenn sich beim sozialen Netzwerk Twitter ein Shitstorm gegen bestimmte Sendungen oder TV-Persönlichkeiten entwickelt. Jemand postet einen Ausschnitt, der Empörungspotenzial bietet - und oft verbreitet er sich wie ein Lauffeuer, meist verbunden mit der Forderung nach einer Stellungnahme der Verantwortlichen. Am Wochenende war es wieder einmal so weit - das ist in diesem Fall besonders bemerkenswert, weil es sich um eine Sendung handelt, deren Erstausstrahlung bereits am 30. November 2020 stattfand und die seitdem auch in der ARD Mediathek abrufbar ist. Doch erst nachdem am vergangenen, späten Freitagabend die Wiederholung im WDR lief, nahm der Shitstorm seinen Lauf. Es handelt sich um eine Folge des von Steffen Hallaschka moderierten Formats "Die letzte Instanz". Das Konzept der Sendung besteht darin, dass prominente Gäste über streitbare Themen diskutieren und sich dabei nicht mit ihrer Meinung zurückhalten. In besagter Ausgabe ging es unter anderem um das empfindliche Thema politisch korrekte Sprache und "was man heute noch sagen darf". Eine Aufregung war da fast schon vorprogrammiert - nun eben mit zeitlicher Verzögerung. Es diskutierten Entertainerlegende Thomas Gottschalk, Schauspielerin Janine Kunze, Partysänger Jürgen Milski sowie Comedy-Autor und Moderator Micky Beisenherz unter anderem darüber, ob man heute noch Begriffe wie "Zigeunersoße" oder "Mohrenkopf" verwenden sollte oder eben nicht. Die Teilnehmer waren sich letztendlich einig darüber, dass die Aufregung darüber überzogen sei. Gottschalk führt an, dass er in seiner Generation mit einem Wertekatalog ausgestattet worden sei und ob ich einen schwarzen Menschen einen 'Mohr' nenne, hat nichts damit zu tun, dass ich auch nur ansatzweise den Respekt gegenüber ihm vermissen lasse. Janine Kunze meint, dass sie viele Afroamerikaner kenne, die sich noch nie in ihrem Leben beleidigt fühlten, weil jemand sagte: Kann ich einen Mohrenkopf essen?Und weiter: Entschuldigung, hier sitzt eine blonde Frau mit relativ großer Brust. Was meinst du denn, was wir uns anhören? Wenn ich mich für jeden Mist beleidigt fühle, dann habe ich ein relativ bescheidenes Leben. Vielleicht fangen wir mal an, alle lockerer zu werden?Es folgt zustimmender Applaus aus dem Publikum. Auch Jürgen Milski hat eine klare Meinung: Daran sieht man, wie wenig Humor in Deutschland noch herrscht und alles auf die Goldwaage gelegt wird. Finde ich ganz erschreckend. Auf die Frage von Moderator Steffen Hallaschka an Autor Micky Beisenherz, ob denn der Witz "Soße ohne festen Wohnsitz" als Alternative für "Zigeunersoße" gehen würde, bestätigt dieser: Der Gag geht. Bei Gags ist es immer so: Du kannst davon ausgehen, ein guter Gag verletzt immer irgendwen. Du musst dir selber Gedanken machen: Ist es das wert oder nicht?Er lenkt auch ein: Wenn es doch eine gewisse Anzahl an Menschen verletzt, dann ist mir der Aufwand zu groß, mich dagegen zu wehren.In der weiteren Diskussion geht es unter anderem noch darum, ob problematische Begriffe aus Kinderbüchern wie "Pippi Langstrumpf" gestrichen werden sollten. Beisenherz' Meinung dazu: Das ist in dem Fall Kunst und Literatur. Und da haben wir die Finger von zu lassen. Für Empörung sorgte nun bei Twitter vor allem die Tatsache, dass an dieser Debatte ausschließlich weiße Deutsche teilnahmen - also Nicht-Betroffene, die allesamt keine persönliche Erfahrung mit rassistischer Diskriminierung haben. So schrieb etwa Comedienne Jasmina Kuhnke:
Moderatorin Dunja Hayali:
Und SPD-Politikerin Saskia Esken postete: Mir fehlen die Worte. Das ist wirklich nur noch zum Schämen. Nachdem sich unter dem Hashtag #DieletzteInstanz der Shitstorm immer weiter verbreitete, gab der WDR am Sonntag eine Entschuldigung ab und stellte auf Twitter klar:
Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass es sich bei "Die letzte Instanz" nicht um einen Polittalk à la "Hart aber fair"" oder "Anne Will" handelt, bei dem mit ausgewählten Gästen aus Gesellschaft und Politik über ein festes Thema gesprochen wird, sondern um einen lockeren Meinungstalk, bei dem in jeder Ausgabe mehrere Themen hintereinander behandelt werden. Das Motto der Sendung lautet: Solange Hass und Hetze außen vor bleiben, kann es so schön sein, wenn Meinungen auseinandergehen und unterschiedliche Ansichten mit Temperament und Wortwitz aufeinanderprallen. Ob politische Geschmacklosigkeiten, grenzwertige Promi-Tweets, fragwürdige Schlagzeilen oder Moralfragen - alles wird meinungsstark diskutiert. Nach jedem Thema stimmen die Diskutanten und die Studiozuschauer per roter und grüner Karten darüber ab, ob sie einer provokant formulierten These zustimmen oder nicht. Auf die entsprechende Frage Das Ende der Zigeunersauce: Ist das ein notwendiger Schritt?hoben fast alle Teilnehmer und Zuschauer die rote Karte - lediglich ein Zuschauer zeigte die grüne Karte. Ein ähnliches Ergebnis ergab die zugehörige Online-Abstimmung auf der WDR-Seite zur Sendung: Quelle: WDR-Seite zur Sendung 31.01.2021 - Glenn Riedmeier/TV Wunschliste Bild: WDR/Max Kohr [www.wunschliste.de] In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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