Argus schrieb:
-------------------------------------------------------
> Und dann rufe ich als gewöhnliches Mitglied
> der evangelischen Kirche zu Widerstand gegen
> allzu viel Ausgrenzung auf und gelte nicht nur
> bei dir als (zu) links und Gutmensch.
Ich denke, diesen Schuh mußt Du Dir wegen meinen Beiträgen nun wirklich nicht anziehen, Argus, denn ich habe hier im Forum noch nie jemanden persönlich als zu weit links oder rechts bezeichnet und auch nicht in Person als Gutmensch tituliert. Das überlasse ich anderen Usern, speziell denen mit Parteibuch, die soetwas immer wieder gerne praktizieren, wenn es an sachlichen Argumenten mangelt. Auch ich wurde hier schon abwechselnd mal als das eine, dann wieder als das andere Extrem gescholten. Was ja eigentlich schon ein Widerspruch in sich ist, denn entweder ist man zu links ODER zu rechts, aber beides?
Zeigt in meinen Augen aber sehr deutlich, wie sinnlos so eine primitive "Klassifizierung" im Grunde ist, da es beim Meinungsaustausch hier im Forum um rein persönliche Ansichten zu den unterschiedlichsten Sachthemen geht, nicht um parteipolitische Ideologien und deren Propaganda. Und den Begriff "Gutmensch" mag ich persönlich nicht mal sehr, benutze ihn in aller Regel auch nur als Synonym, um meine oftmals ohnehin schon recht langen Beiträge nicht durch ständige Umschreibungen noch weiter in die Länge zu ziehen ;-) Ich finde es sogar sehr schade, daß der ursprünglich positive Begriff des "Gutmensch" inzwischen so einen negativen Einschlag bekommen hat.
Aber um auch von meiner Seite nochmals den Bogen zurück zum Thema zu spannen: Gesellschaftliche Ausgrenzungen gab es in allen Epochen der Geschichte, und ich fürchte, es wird noch viele Hundert, wenn nicht Tausend Jahre dauern, bis wir wenigstens die dringlichsten von ihnen überwunden haben werden. Wie ich in einem anderen Post bereits ausführte, ist dies eine Frage der natürlichen Evolution. Da können wir noch so viele Gesetze machen und die Political Correctness noch extremer ad absurdum führen, doch solange die Vorurteile, die Ängste oder gar der Haß nicht aus den Herzen der Menschen gewichen sind, solange löst das alles nicht die kausalen Grundprobleme. Die Notwendigkeit der Evolution läßt sich nun mal nicht überspringen... auch wenn wir noch so ungeduldig sind.
Und gerade bei einem komplexen Thema wie der Homosexualität, wo von religiösen Dogmen über pädagogische Altlasten, von politischen Interessen bis zur konditionierten Lebensauffassung alles Mögliche mit einfließt, darf man keine Wunder erwarten. Die Kritik, welche Conchita traf, richtete sich in der Mehrheit ja nicht auf ihre Person als homosexueller Travestiekünstler, geschweige denn gegen Schwule und Lesben allgemein, sondern in Anbetracht des sensiblen Themas auf die Verhältnismäßigkeit ihrer Provokation mit dem Vollbart. Daß sich dabei ganze Bevölkerungsschichten diverser Länder überfahren und angewidert fühlen würden, war doch im Vorfeld längst klar. Ich sehe daher den angerichteten Kollateralschaden (siehe Reaktion Russland etc.) als weit schlimmer an, als die europaweit ausgelösten Diskussionen dies wieder kompensieren könnten... außer eben noch mehr zu polarisieren.
Vielleicht ist meine Kritik jetzt für Dich klarer geworden, Argus... so hoffe ich zumindest ;-)
Gruß
Stahlnetz
Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem man nicht vertrieben werden kann