Ich bin der Ansicht, dass der Übergang in die Demenz, so lange ein Mensch noch "klare Momente" hat und weiss, dass er mehr und mehr Aussetzer hat, sehr schlimm sein muss - ich habe ds bei meiner Mutter erlebt, die ich zu mir nahm, als sie erblindete und an die Dialyse musste und die ich bis an die Ziellinie begleitet habe. Sie bat mich immer ihr zu sagen, wenn sie mal "so tüddelig" wird - das Versprechen gab ich ihr und sie war zu tiefst geschockt und ich habe mich im Nachhinein geärgert, dass ich es ihr gesagt habe - aber eben nur ein einziges Mal und dann nie wieder. Ich musste lernen - und das hab ich zum Glück schnell geschafft - mit ihr in die jeweilige Zeit zu springen, in der sie meinte zu sein und die Rolle zu spielen, in der sie mich sah - und das war mal ihre Schwester, mal ihre Mutter, mal meine Schwester ... und ich hatte einen Lebensgefährten, der in der gleichen Zeit einen schweren Autounfall mit komplizierten frontalen Schädel-Hirnverletzungen hatte und der - wie man es laienhaft sagt - "sein Gedächtnis verloren hatte" - sein kognitives Denken war weitgehendst völlig weg, dafür funktionierte aber sein Spontangedächtnis und auch teilweise das Langzeitgedächtnis - und er erfand eine völlig neue Worte - hatte erstaunliche Erklärungen für manche Dinge und litt entsetzlich unter Leuten, die ihn wie einen Idioten behandelten - leicht war das nicht ... aber sie hatten beide ein durchaus würdiges Leben bis zu ihrem Tod, in dem auch viel gelacht wurde.
So denke ich, dass zwar die Erinnerung verloren geht, die Intelligenz eines Menschen aber durchaus bleibt und er ab einem Stadium , in dem er vergessen hat, dass er vergisst, durchaus ein sehr glückliches Leben weiterlebt - was für die Angehörigen sicher der Horror ist.
Man kann auch in Würde vergessen - und wer sich mit dem Thema weiter beschäftigen will, dem empfehle ich das Buch ""Der alte König in seinem Exil" von Arno Geiger. Der Autor erzählt von den letzten Jahren seines dementen Vaters, seinen Gespächen mit ihm und dem neuen Kennenlernen - es verklärt die Krankheit keineswegs aber er zeigt auf, dass man mit seinen dementen Angehörigen neue Wege gehen kann - ohne den Anspruch auf alte Erinnerungen ...
Hier eine Buchbesprechung der FAZ
[
www.faz.net]
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 11.05.11 11:15.