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Re: Western Roman Hefte
geschrieben von: Pete Morgan, 20.06.09 22:58
Nun, als "Experten" würde ich mich nicht bezeichnen - Kein deutscher Autor, und mag er noch so gut sein, ist "Experte", wenn es um den amerikanischen Westen geht. Genausowenig, wie ein amerikanischer Autor Experte in Sachen deutscher Heimatroman sein kann. Aber ich habe intensive Recherchen betrieben und betreibe sie noch und schreibe auch weiterhin Western, wenn auch leider nicht mehr in dem ausgedehnten Maße wie vor einigen Jahren bei Lassiter oder Jack Slade. Über die Pseudonyme meiner Kollegen kann ich allerdings genauso wenig sagen wie über Synchronsprecher - da gibt es andere Experten.

Meinen Informationen zufolge handelte es sich aber bei H.J. Stammel um einen Autor, der unter dem Pseudonym "Robert Ullmann" zahlreiche Westernromane verfasst hat. Über Stammel als Westernkoryfäe scheiden sich die Geister, denn so manches, was er in verschiedenen seiner Bücher schrieb, widerspricht dem, was auch heute noch mir bekannte amerikanische Autoren, die sich lange mit dem Westen befasst haben und noch befassen, so erzählen. Zuletzt machte Stammel von sich reden, als er in den TV-Nachrichten zum Geiseldrama in Gladbek als Waffenexperte auftrat.

Aber kommen wir zu meinem großen Vorbild Louis L'Amour (der inzwischen von meinem zweiten großen Vorbild in Sachen Western, dem inzwischen leider ebenfalls verstorbenen William W. Johnstone, abgelöst wurde):

Louis L'Amour ist bzw. war ein amerikanischer Bestsellerautor und vielleicht DER erfolgreichste Westernautor überhaupt. Zahlreiche seiner Romane wurden verfilmt, darunter auch sein Debütroman "Hondo", der als 3-D - Western mit John Wayne in der Hauptrolle sehr erfolgreich war und auch zu einer frei adaptierten Westernserie führte.

Louis L'Amour hat meines Wissens irisches und kreolisches Blut (daher auch sein französischer Name). Seine Vorfahren sollen zu den amerikanischen Pionieren gehört haben, die den Westen eroberten, und eine Familie, die mit ihnen befreundet oder zumindest bekannt war, waren die "Sacketts". Als Louis L'Amour bereits Millionenauflagen mit seinen Büchern erreichte und sein Werk auch auf historische Abenteuerromane, in denen er teilweise auch seine große Liebe zur See und der Seefahrt verarbeitete, ausdehnte, machte er sich auf die Suche nach den Spuren der Sacketts. Tatsächlich gelang es Louis L'Amour in mühevoller und zeitraubender Arbeit, Nachfahren der Sacketts aufzustöbern, sich mit ihnen anzufreunden, und verarbeitete ihre Erzählungen, die sie wiederum von ihren Vorfahren gehört hatten, über die Erlebnisse der Sacketts im Wilden Westen in seinen Romanen, in denen die Sacketts rasch zu "Stammhelden" wurden. L'Amour verfolgte die Chronik der Sacketts bis weit zurück ins 17. Jahrhundert, als der erste Sackett - ich glaube, Barnabas hieß er, und dessen Nachkomme Jubal Sackett zu den ersten gehörten, die den amerikanischen Kontinent erkundeten und allerlei Abenteuer mit Piraten, sonstigen Schurken und natürlich friedlichen aber auch feindseligen Indianerstämmen erlebten.

Aber es gab auch andere widerkehrende Helden in L'Amours Büchern, unter denen vor allem immer wieder der Texas Ranger Chick Bowdrie in Erscheinung tritt - sei es nun in Kurzgeschichten oder in Romanen. Auch Chick Bowdrie soll es tatsächlich gegeben haben, zumindest aber verkörpert die Figur den Texas Ranger, wie ihn L'Amour auch bei seinen ausgedehnten Recherchen mit und unter den Rangers kennen lernte.

L'Amours Romane waren die Vorlagen zahlreicher Hollywood-Western, aber auch der Fernsehserien "Australien-Express" (dem der Roman "Cherokee Creek" zugrunde liegt, in der die taffe Em Sackett und ihre Nichte (?) - eine Postkutschenstation betreiben) und natürlich der großartigen Miniserie "Die Sacketts", die einzige Produktion, die Louis L'Amours großartiger Erzählkunst gerecht zu werden vermag. Wie kein zweiter verstand es L'Amour, den amerikanischen Westen zu schildern, wie er angeblich wirklich war, wobei auch er allerdings nicht auf gewisse Klischees verzichten mochte - bei ihm gab es immer ein Happy End, der Held fand seine Liebe und ging allzu oft fast unbeschadet aus Kämpfen hervor. Das erinnerte dann doch allzu oft an Szenen aus Hollywood-Western, in denen die Helden nach erfolgreich bestandener Prügelei ein frisch gebügeltes Hemd anhatten, ohne Spuren einer Auseinandersetzung zu zeigen. Aber L'Amour vermied es dabei auch, den Indianer als bloßen Bösewicht zu zeichen, sondern versuchte der Stellung und Problematik der Indianer und der Indianerkriege gerecht zu werden. Eines aber war bei ihm ganz besonders wichtig - L'Amour war vielleicht der erste Westernautor, bei dem die Bösewichte wirklich abgrundtief böse waren und vor keiner noch so moralisch verwerflichen Schandtat zurückschreckten (bei ihm gab es beispielsweise schon mörderische Hinterwäldler-Familien, die Reisenden ausrauben und ermorden, eiskalte Killer und vor allem schreckten seine Banditen auch nicht davor zurück, gegen Frauen vorzugehen, wie "Cherokee Creek" deutlich zeigt). Dabei setzt L'Amour nicht auf übermäßige Gewaltdarstellungen, aber er zeigt auch auf, wie taff die Frau im wilden Westen sein musste - man findet bei L'Amour durchaus Szenen, in denen auch Frauen zur Waffe greifen, um sich, ihre Liebsten oder ihr Hab und Gut zu verteidigen. Louis LAmour schrieb, wenn mich nicht alles täuscht, auch die Romanvorlage bzw. die Romanfassung für den epischen Western "Das war der Wilde Westen".

Der einzige Autor, der nach Louis L'Amours Tod (der wohl auch nicht unmaßgeblich daran Schuld war, dass der Western aus dem Repertoire des Heyne-Verlags in Deutschland verschwand und auch in den USA leicht einknickte) in die Fußstapfen des Meisters trat und vermochte, seine Qualität - sowohl inhaltlich wie auch stilistisch - zu erreichen, war Horror-Autor William W. Johnstone. Bill Johnstone, der mich bereits 1980 mit seinen sehr drastischen Horrorromanen beeindruckte und das Genre in den USA revolutionierte, verlor rasch die Lust am Horrorthriller und schickte nach nur rund einem dutzend Bestsellern einen Helden ins Rennen, der wie die Sacketts den amerikanischen Pionier verkörpert: Smoke Jensen, den letzten Mountain Man. Aus dieser Figur kristallisierte sich eine der wohl erfolgreichsten Westernromanserien Amerikas heraus, die zahlreiche von Johnstone kreierte und verfasste Ableger fand. Erwähnenswert sind zum Beispiel die Serien um den letzten Revolvermann Frank Morgan ("The Drifter"), die Serie um den ersten aller Trapper, "Preacher", und die Reihe um die Sippe von Jamie Ian MacCallister, der in den Westen zog, um beim Alamo mitzukämpfen (Durch Zufall war Jamie MacCallister, der wirklich gelebt haben soll, der einzige Überlebende vom Alamo, da er sich beim Fall der Festung mit einer Depesche auf dem Weg befand, um Verstärkung zu holen, und um Haaresbreite den Kugeln von Santa Anas Männern entging) und später als einer der ersten den Westen zu erobern. Diese Erlebnisse der MacCallister-Sippe, die wie keine zweite Western-Reihe ein chronologisches Bild von Alamo, über die Besiedlung des Westens und die Indianerkämpfe bis zum Bürgerkrieg und die Zeit danach zeichnet, hat Johnstone in der exzellenten "Eagles" - Reihe aufgezeichnet. Nach Bill Johnstones tragischem und allzu frühem Tod (er stürzte vor einigen Jahren vor seinem Haus in Louisiana und starb an den Folgen eines Oberschenkelhalsbruches, er war gerade mal Mitte 60) gelang es seinen Nachfahren, insbesondere seiner Nichte, ein oder zwei Autoren zu finden, die würdig waren, unter seinem Pseudonym seine Romanfragmente zu vervollständigen und die begonnenen Reihen weiterzuschreiben. Dabei entstanden großartige Western, die Bill Johnstone zur Ehre gereichen. Ganz besonders die "Blood Bond" - Reihe um Revolvermann Matt odine und seinen Blutsbruder, den "studierten" Cheyenne-Halbblut Sam Two Wolves, ist realistische, atmosphärische Westernunterhaltung der edelsten Sorte. Leider sind Bill Johnstones Romane bisher nicht auf Deutsch erschienen. Zu gerne würde ich sie für einen Verlag ins Deutsche übertragen, aber noch findet sich kein Verleger, der bereit ist, die Rechte zu kaufen...

Man sieht also, aus dem Gros der Billigwestern sticht so mancher Autor auch heute noch hervor. Nahmen sich Zane Grey, Max Brand, Ernest Haycox, Clair Huffaker und Wayne Overholser oder Gordon Shiereffs noch vergleichsweise bieder aus, so haben Louis L'Amour und Bill Johnstone den Western zu einer Literaturgattung gemacht, die ihren Platz innerhalb der Spannungsliteratur zu recht verdient hat. Beide Autoren bieten spannende und vor allem realistische Erzählungen, bei denen mitunter die Fingernägel in Gefahr sind, abgekaut zu werden...

Hoffen wir, dass es weiter so bleibt...

Der Lonewolf Pete



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 20.06.09 22:59.

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White Eagle 24.02.05 14:13 1088 
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Pete Morgan 28.06.09 10:27 338 
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faxe61 21.06.09 00:15 407 


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