Fernsehempfänger schrieb:
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> Chrissie777,
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> das ist ja absolut witzig, dass ein Vater ganz
> anders reagiert, als viele Eltern der damaligen
> Zeit und seiner Tochter die angloamerikanische
> Popmusik nahebrachte.
Hi Fernsehempfaenger,
das hatte vermutlich mit der Tatsache zu tun, dass mein Vater aus der DDR geflohen ist zu Beginn der 50er Jahre, weil sie ihn nicht Medizin studieren lassen wollten, denn sein Vater war Apotheker und in den 40er/50er Jahren war es in der SBZ nicht erlaubt, als Sohn eines Akademikers selbst das zu studieren, was man studieren wollte. Sie erlaubten ihm allerdings, Sport zu studieren...
Mein Vater hatte schon nach Kriegsende mittels einer gewaltigen Antenne, die gluecklicherweise unentdeckt bliebt, Jazz im Radio entdeckt, der ebenfalls in der DDR/SBZ als Musik vom Feindsender verboten war.
Gershwin's "Rhapsodie in Blue" erkannte er einzig und allein dank einer Beschreibung, die er mal gelesen hatte.
Immerhin war klassische Musik in der DDR erlaubt und auf jeder DDR Reise, die ich spaeter in den 70er/80er Jahren allein unternahm, kaufte ich mir vom Umtauschgeld klassische Schallplatten. Vorher in den 60er Jahren brachte ich mir die gute Vollmilch Blockschokolade mit in den Westen zurueck :).
>
> Ich bin auch mit BFBS aufgewachsen und war
> dankbar, die Titel hören zu können, die in
> England gerade aktuell waren, oder abends
> Sendungen über bestimmte Musikrichtungen
> einzuschalten zu können.
>
> Die Schüler in meiner Schulklasse, die gut
> Englisch konnten, hörten auch gerne das
> Abendprogramm auf Radio Luxemburg über
> Mittelwelle.
Ich verbesserte mein Englisch dank der alten US Filme wie z. B. "Top Hat" (Astaire & Rogers), die hin und wieder im Original mit dt. Untertiteln auf Nord III ausgestrahlt wurden. Ich nahm sie mit dem Tonband auf und spielte sie mir wegen der tollen Songs immer wieder ab. Da blieb zwangslaeufig etwas haengen.
Ein Austauschjahr in den USA haben mir meine Eltern zu meinem grossen Kummer leider nicht ermoeglicht, obwohl es kein finanzielles Problem war. Und so mussten halt alte US Spielfilme und Buecher (zuerst amerikanische Kinderbuecher, spaeter US Romane) herhalten und mich darueberhinweg troesten. Das habe ich ihnen bis heute nicht verzeihen koennen, aber viel viel spaeter habe ich meinen Traum von einem Leben in den USA selbst wahrgemacht (und nicht bereut).
Wobei noch erwaehnenswert waere, dass etliche dt. Autorinnen wie z. B. Kaethe Theuermeister (Hummelchen) und Ruth Hoffmann (Poosie Trilogie) in ihren dt. Maedchenbuechern USA Aufenthalte bzw. Besuch aus Amerika schilderten. Was wiederum zur Folge hatte, dass ich mir eine USA Reise mehr und mehr wuenschte...
>
> Ich habe oft nachts mein Kofferradio mit ins Bett
> genommen und ausländische Sender angehört.
> Ich denke schon, dass viele Jugendliche damals
> selektiver waren, sich bewusster für bestimmte
> Medien entschieden, auch mehr lasen als heute.
Da gebe ich Dir recht. Ich las 2 oder 3 Buecher pro Woche und ging oft in die Oeffentliche Buecherei in BS. Ich denke auch, dass damals mehr Auswahl im Radio UND im Fernsehen war als heute. Ohne DVD's von dem, was uns eigentlich reizt, saessen wir selbst bei 300+ TV Sendern auf dem Trockenen. Da bleiben TCM, der Encore Western Channel und der History Channel als einzige sehenswerte Sender uebrig. Und hin und wieder HBO.
Ohne CD's im Auto sind mein Mann und ich (wir leben in Massachusetts) aufgeschmissen, sobald wir aus dem Sendebereich von Boston's Classical Station heraus sind. Es gibt nicht einen einzigen Jazz Sender, lediglich einen zweiten Klassiksender, der aber oft nur gregorianische Gesaenge spielt und etwa 30 Popsender, die nur moderne Popmusik wie Rap spielen (dabei faellt uns immer auf, dass sich ein Popsong wie der andere anhoert).
Ein Oldies Sender ist zwar mit dabei, der aber oft nur Musik der 80er und 90er Jahre bringt (fuer uns ist es aber die Musik der 50er und 60er Jahre, die wir uns gern anhoeren...da ist Satellitenradio eine gute Alternative!).
Das mit dem Kofferradio habe ich auch oft gemacht vorm Einschlafen :).
>
> Es war damals auch abenteuerlicher, wenn man im
> Ausland war und von dort Zeitschriften, Platten,
> Bücher oder Süßigkeiten mitbrachte.
> Ich kann mich noch erinern, wie überrascht ich
> war, das in Italien so viele kleine
> Fernsehanstalten vorhanden waren, und wie
> umfangreich damals die dortigen Fernsehzeitungen
> waren.
Aus Paris brachte ich mir in den 70er Jahren Parfuems mit, die man in der BRD nicht kaufen konnte, wie Blue Jeans oder Babe von Fabergé (Margaux Hemingway machte dafuer Reklame).
Fuer mich waren Filmbuecher und Filmzeitschriften aus dem Ausland der grosse Renner, denn in Germany war es zumindest bis ca. 1976 fast unmoeglich, an gute amerikanische Filmbuecher heranzukommen (Heyne Filmbibliothek brachte dann endlich die ersten Filmbuecher aus den USA in dt. Uebersetzung heraus, die in den USA bei Citadel erschienen). Sicher, es gab Knaur's Buch vom Film und noch ein paar Buecher ueber den dt. Film (Das gab's nur einmal), aber wenn man sich wie ich ueberwiegend fuer engl., franzoes. und amerikan. alte Spielfilme begeisterte, gab es nicht viel Literatur in dt. Bibliotheken oder Buchhandlungen.
In Paris hingegen gab es bereits in den spaeten 6oer Jahren (erster Paris Aufenthalt mit meinen Eltern, ich musste uebersetzen :)) 5 oder mehr Filmbuchhandlungen.
Selbst 2008 gab es noch dieselbe Filmbuchhandlung beim Odeon in Paris, in der ich mir 1972 mein erstes Filmbuch (Ado Kyrou's Marilyn Monroe) gekauft hatte.
Da ich waehrend der Ausbildung in den 70er Jahren nur im Juli Urlaub nehmen durfte, wenn die Verwaltungsschule geschlossen war, hatten leider nur 2 oder 3 dieser Pariser Filmbuchhandlungen geoeffnet, da die Buchhaendler in der Regel selbst Urlaub machten und oft keine Vertretung fanden.
Suessigkeiten aus dem Ausland, Kleidung aus Suedfrankreich (ich habe noch heute ein T-Shirt, das ich mir aus Brigitte Bardot's Boutique La Madrague in St. Tropez mitgebracht hatte, das muss ca. 1977 gewesen sein) oder movie soundtracks LP's und Filmbuecher aus Amsterdam brachte ich mir auch gern mit, davon zehrte ich in den kommenden 11 urlaubslosen Monaten, bis es wieder an die Côte d'azur ging.
Die Ciné Télé Revue war eine franzoesischsprachige Zeitschrift, die man in Brauschweig, wo ich ab 1964 aufwuchs, im internationalen Zeitschriftenladen kaufen konnte, bis der leider dicht machte, nachdem ich mit dem Gymnasium durch war. So etwas Tolles wie diesen Laden fand ich selbst spaeter, als ich in HH lebte, nie wieder. Viele der interessanten Zeitschriften wie die britische Photoplay oder die amerikanische Silver Screen gibt es leider seit den 80er Jahren schon nicht mehr. Da kam selbst CINEMA nicht mit. Auch die Ciné Télé Revue wurde eingestellt.
Bei den ital. Fernehzeitschriften kann ich nicht mitreden, aber ich weiss noch, wie traurig ich ueber die Tatsache war, dass "Peyton Place" (1964 - 1969), der grosse Renner in den USA, nicht im dt. Fernsehen ausgestrahlt wurde (erst ab Mitte der 90er Jahre auf Kabel1, aber da liefen nur die Farbfolgen der zweiten Haelfte von PP, was absolut keine Sinn machte, denn die wichtigen Ereignisse fanden nun mal in der ersten Haelfte der Serie (in s/w) statt). Dank der Ciné Télé Revue wusste ich, dass PP mit allen 514 Episoden im franzoes. TV lief. Jahrzehnte spaeter fand ich schliesslich heraus, dass es auch in England und Holland zu Beginn der 70er Jahre ausgestrahlt worden ist, nur mal wieder nicht in der BRD...
Im Vergleich mit der einzigen Fernsehzeitschrift in den USA, TV Guide, sind die Vielfalt der dt. TV Zeitschriften unvorstellbar. Hier gibt es Hunderte von Sendern, die lieblos in TV Guide in einer Art s/w Tabelle aufgelistet sind. Da kann man auch gleich in den Program Guide im Fernsehen gehen und einfach seinen Lieblingssender fuer die naechsten 6 Tage per remote control durchackern.
> Das war so Mitte der 70iger Jahre und weil du
> über Mode sprachst, wie gut die Italiener
> angezogen waren, auch die Männer. Mein Vater,
> Jahrgang 1938, hat sich erst in dieser Zeit seine
> ersten Jeans gekauft, meine Mutter, die immer sehr
> modisch und schick war trug gerne die damals
> modernen bunten Sommerkleider.
Die Franzosen zogen sich schon damals besser an als die Deutschen. Ich fragte mich oft, ob sie mehr Geld verdienten oder ob es in den Pariser Boutiquen einfach bessere und dennoch leistbare Mode gab?
Mein Vater kaufte in den spaeten 60er Jahren seine erste Blue Jeans, um darin im Garten zu arbeiten.
Ich finde es jammerschade, wie haesslich sich die Frauen heutzutage im Sommer anziehen.
Hier in den USA zwaengt sich jede Frau, ob dick mit Fettwuelsten oder 80 Jahre alt mit schlimmen Krampfadern, in die unvermeidlichen Bermuda Shorts. Selbst die wenigen attraktiven Frauen mit guter Figur, die es noch gibt, sehen darin nicht annaehernd so gut aus, wie sie in huebschen Sommerkleidern (gibt es die ueberhaupt noch irgendwo zu kaufen???) aussehen koennten.
Aber ich glaube, es geht der heutigen Generation nicht mehr darum, gut auszusehen. Sonst wuerden sich nicht soviele junge Maenner die Haare wegrasiern und lieber wie in Krebskranker nach der Chemo aussehen...
Die Bermuda Shorts sind das geworden, was fuer die frueheren Generationen die Blue Jeans waren. Und dann gibt es diese absolut haesslichen weiten Hosen bei jungen Maennern, wo der Bund in Po-Hoehe haengt und man jeden Moment erwartet, dass der Traeger der Hose gleich halbnackt da steht :).
Gruss,
Chrissie