katja-mai schrieb:
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> Was Du schreibst sind interessante Details, so
> genau wußte ich da nicht Bescheid, Danke für die
> Information.
>
> Einerseits hatte ich da immer
> Hollywood-Film-Szenarien im Kopf - Anrüchges oder
> Gefährliches oder Manipulation (auch von Seiten
> der Testpersonen, die unbeding mitmachen wollen
> weil sie Geld brauchen)

Ganz ausschließen kann man Risiken nicht, aber diese klinischen Studien werden sehr genau von mehreren Seiten überwacht. Es gibt sehr viele Regularien die eingehalten werden müssen. Und dass das auch geschieht wird auch von vielen Seiten überprüft. Bei uns ist innerhalb der Firma ein Arzneisicherheitsbeauftragter daran beteiligt (der auch persönlich dafür haftet wenn wissentlich Risiken unterschlagen werden), dann haben wir eine unabhängige Qualitätskontrolle, von denen auch einer oder eine im Studienteam sitzt und auch unsere Prozesse regelmäßig überprüft - auch ob wir sie einhalten. Alles muss immer genau dokumentiert werden und wenn der Studienplan dann mal steht muss er von der Behörde und der Ethikkommission jedes Landes überprüft und abgesegnet werden, in den die Studie stattfindet. Und die Behörden inspizieren sowohl Pharmafirmen, deren Auftragsinstitute als auch Prüfzentren sehr engmaschig, und das ist auch gut so.

Bei uns in der Firma sind mir auch keine Manipulationen bekannt, aber wir hatten schon Prüfzentren, die Patienten erfunden haben oder EKGs wiederverwendet oder Blutdruckwerte erfunden haben. Die wurden dann natürlich angezeigt und die Daten dieser Zentren konnten nicht verwendet werden.
Mein Ex-Chef erzählte auch, dass die Probanden in den Phase 1 Zentren auch manchmal heimlich rauchten oder sich abends raus schlichen um in die Kneipe zu gehen. Zum Beginn der Studie werden auch immer Tests gemacht und nachgeprüft ob die Leute Alkohol oder Drogen im Blut haben (oder schwanger sind). Während der Studie wird das nur gemacht wenn man Tests mit Abhängigen oder ehemals Abhängigen macht. Und in USA, weil das Drogenmissbrauch sehr verbreitet ist.
Mein Ex-Chef erzählte auch davon wie manche Nebenwirkungen zustanden kommen. Da sitzen die Leute den ganzen Tag in dieser Phase 1 Unit und haben nicht viel zu tun, und dann reden sie. Und eine fragte "ich hab da so ein komisches Gefühl im Kopf, wie wenn da Baumwolle drin steckt, habt ihr das auch?" Alle gehen in sich und finden ebenfalls Baumwolle. Und plötzlich gibt es in der Studie den Anstieg einer Nebenwirkung "Baumwolle im Kopf", die man sonst mit dem Medikament nicht kannte. - Das würde ich aber nicht als gezielte Manipulation einschätzen.
Bei dem allergrößten Teil der Studien und Prüfzentren geht es aber schon mit rechten Dingen zu. Schwarze Schafe findet man überall, aber gerade in diesem Bereich ist die Kontrolle sehr groß.
Und es ist heutzutage auch nicht mehr so leicht Studienergebnisse zu unterschlagen oder schönzurechnen, weil man die Auswertungen, die man machen will, vor Beginn der Studie festlegen muss. Und Innerhalb eines Jahres nach Ende der Studie fordern die Behörden die Ergebnisse - ob gut oder schlecht, teilweise auch Rohdaten, damit sie ihre eigenen Auswertungen machen können.

> Ich hoffe das niemand einen solchen medizinischen
> Test macht aus purer Geldnot. So lange es wirklich
> eine freie Entscheidung bleibt und jemand ohne
> Zweifel mitmacht ist es eben eine persönliche
> Entscheidung. bei 3000 Euro hab sogar ich kurz
> drüber nachgedacht - wer wirklich verzweifelt
> Geld braucht macht auch Dinge gegen die eigene
> grundsätzliche Haltung oder auch bei einem
> möglichen Risiko...


Naja, die Leute, die das machen tun das schon meistens aus Geldnot oder weil man da schnell viel verdienen kann ohne selber viel dafür zu tun. Für den einen oder die andere ist es sicher "angenehmer" sich über einen Monat verteilt ein paarmal Blut nehmen zu lassen aber ansonsten den Tag frei zu haben als für dasselbe Geld 2-3 Monate einen Stressjob zu machen.
Wobei wir auch mal eine Studie hatten wo wir die Magen-Darmflora von Patienten untersuchen wollten die ein Medikament bekommen. Die Leute hatten nichts von der Studie außer kostenlosen Medikamenten (die sie aber auch auf Rezept hätten bekommen können) und ein paar extra Tests bei denen sie stundenlang in einer Praxis rumsitzen mussten und dafür auch nur eine Aufwandsentschädigung bekamen. Ich war sehr skeptisch ob da überhaupt jemand mitmacht, aber unser QC Beauftragter, der auch schon oft an Prüfzentren war und mit Patienten gesprochen hatte, die an Studien teilnehmen meinte, dass es erstaunlich viele gibt, die einfach nur einen Beitrag zu wissenschaftlichen Erkenntnissen leisten wollen.
Und in dem Zusammenhang fällt mir ein: In der Uni hatte ich eine Freundin, die ihren Doktor in Psychologie machte und da auch ab und zu mal Probanden für Tests suchte. Das war zwar nicht gut bezahlt aber da hab ich auch eher aus wissenschaftlichem Interesse gerne mitgemacht. Und weil die Test auch oft Spaß gemacht haben.