tvforen.de - Die Fernsehdiskussionsforen
Die Fernseh-Diskussionsforen von
TV Wunschliste fernsehserien.de retro-tv
Startseite
Aktuelles Forum
Nostalgieecke
Film-Forum
Der Werbeblock
Zeichentrick-Forum
Ratgeber Technik
Sendeschluss!
Serien-Info:
Powered by wunschliste.de
TV-Erinnerungen an gute, alte Fernsehzeiten
Re: Ost/West-Thematik in deutschen Filmen und Serien vor der Wende
geschrieben von: Nora, 08.05.06 11:34
Aus DDR-Sicht sind die drei folgenden Filme zur Thematik sehr sehenwert:

"Die Schönste" (1958)

Thomas Bernhof, der 13-jährige Sohn eines West-Berliner Geschäftsmannes, wettet mit seinem Freund Hannes Wille, dessen Vater als Werkmeister arbeitet, welche ihrer Mütter die Schönste sei. Um zu sehen, ob Thomas Mutter auchohne teuren Schmuck die "Schönste" ist, stiehlt er ihr ein wertvolles Kollier. Trotz seines gesellschaftskritischen Anliegens wurde der Film "Die Schönste", 1958 von der DDR-Filmgesellschaft DEFA gedreht, verboten. Als Gründe galten vor allem die versöhnlerische Sicht auf den Westen (die Fabrikantenfamilie kommt am Schluss wieder zusammen) und die Darstellung eines kleinbürgerlichen Arbeiterhaushalts. Auch eine zweite, stark gekürzte, umgeschnittene und mit neuen Szenen versehene Fassung des Films wurde 1959 nicht genehmigt. So konnte "Die Schönste" erst vierzig Jahre nach seiner Entstehung rekonstruiert und uraufgeführt werden. Die Premiere fand im Mai 2002 statt und ermöglichte Einblicke in ein spannendes Kapitel deutscher Film- und Zensurgeschichte.

Kurioser Film auf vorbildlicher DVD, 15. Oktober 2004
Rezensentin/Rezensent: Jan-Eric Loebe "Jan-Eric Loebe" (Haarlem, Niederlande)

Es grenzt schon an ein Wunder, dass dieser kuriose, einst verbotene und vor dem Mauerfall nie aufgeführte DEFA-Film, überhaupt fertiggestellt und veröffentlicht wurde. Mit einigem Aufwand drehte die DEFA 1957 diesen Farbfilm, der den Zensoren dann doch zu prunkvoll erschien. 1959 versuchte die DEFA aus dem Streifen dennoch Geld zu machen, in dem man alternative Szenen drehte und eine Rahmenhandlung einfügte. Doch auch diesmal schien der Film den Oberen zu suspekt und das Schnittmaterial landete im Giftschrank.

Die Handlung der Fassung von 1957 ist zwar schlicht, verfügt aber gerade wegen der oft allzu leicht durchschaubaren Propaganda über viel unfreiwillige Komik. Erstaunlicherweise wurde der Film mit einigen Aufnahmen West-Berlins angereichert und das Ende stimmt versöhnlich. Außerdem wirken für einen DEFA-Film der zweiten Hälfte der 50er Jahre noch erstaunlich viele West-Schauspieler mit - allen voran Siegfried Schürenberg, der spätere Sir John in zahlreichen Edgar-Wallace-Filmen.

In der Fassung von 1959 fehlen zahlreiche Szenen der Urfassung, andere wurden mit schlichterem Dekor nachgedreht und ersetzt. Außerdem ist der Urfilm nun gewissermaßen das Mittelstück einer wahrlich obskuren Rahmenhandlung. Auch das Ende wurde neu gedreht und ist nun alles andere als ein Happy-End.

Allein die Ausstattung dieser Doppel-DVD ist den Kauf dieses Produkts wert. Die erste DVD enthält beide Schnittfassungen des Films in bestmöglicher Qualität, Probeaufnahmen vom Casting, eine 52minütige Dokumentation, in der auch Zeitzeugen zu Wort kommen, und sogar Farbproben der Kostüme. Die zweite DVD beinhaltet zahlreiche Fotogalerien, Zulassungsprotokolle, das komplette Drehbuch und eine Galerie mit Werbematerialien. Fazit: Für Filmfreunde ein Muss!

und

Zugverkehr unregelmäßig (1951)

Dieser DEFA-Spionagefilm aus dem Jahre 1951 handelt von einem Mitarbeiter der Berliner S-Bahn, der auf die schiefe Bahn gerät und im Auftrag westlicher Agenten Sabotageakte auf das Ost-Berliner Schienennetz verübt. Der Film bietet so einiges an leicht durchschaubarer Propaganda, was gelegentlich unfreiwillige Komik aufkommen lässt. Überzeugen kann der Film in erster Linie durch viel Lokalkolorit und zahlreiche Aufnahmen an Originalschauplätzen. Einen weiteren Pluspunkt verdient der Film durch die überzeugenden Hauptdarsteller.

und

Der geteilte Himmel (1964)
Regie: Konrad Wolf

Darsteller: Renate Blume (Rita Seidel), Eberhard Esche (Manfred Herrfurth), Martin Flörchinger (Mr. Herrfurth)

Dieser hervorragend fotografierte Film nach einer Novelle von Christa Wolf erzählt die Liebesgeschichte von dem Chemiker Manfred und der jungen Rita. Rita wird von Manfred gefördert, er gibt ihr Selbstvertrauen und ermutigt sie zu studieren. Rita kommt zu Manfred nach Halle, um mit ihm gemeinsam ein neues Leben zu beginnen. Neue Welten erschließen sich ihr: Aufregend ist es, durch das Praktikum in einem Betrieb mit den Arbeitern Sorgen und Freuden zu teilen, ein Genuss zu spüren, wie das Studieren den Blick weitet. Nur eins ist nicht so, wie Rita es sich vorgestellt hatte: ihr Leben mit Manfred. Immer stärker wird ihre Liebe durch Manfreds Isolierung gefährdet. Er verliert sich in Bitterkeit und Skepsis und ihre Liebe ist starken Belastungen ausgesetzt. Manfred gerät nicht nur mit seinen konservativen Eltern aneinander, auch im Betrieb erfährt er Ablehnung. Als sture Parteifunktionäre sein neu entwickeltes chemisches Verfahren, in das er große Hoffnungen gesetzt hatte, ohne Begründung ablehnen, geht er resigniert nach Westberlin. Rita ist hin- und hergerissen zwischen ihrer Liebe und ihrer Lebenswelt. Sie will ihre Liebe nicht verlieren und besucht Manfred. Gemeinsam finden sie sich in der beinahe unwirklichen Welt Westberlins wieder. Es ist eine Geschichte von Hoffnungen und von menschlichen Beziehungen, die verlorengehen und wiederzugewinnen sind. Die Fragen, die er aufwirft, sind heute dieselben wie damals: Wo und wie will man leben, arbeiten und lieben und wo findet die Liebe ihren Nährboden?

Der differenziert argumentierende Filme entstand in einer Zeit der vorsichtigen Liberalisierung, doch eine neue Eiszeit brach an: Schon ein Jahr nach der wohlwollend beklatschten Uraufführung kam es zur kulturpolitischen Kehrtwendung. Die Sitzung des 11. Plenums des Zentralkomitees der DDR im Dezember 1965 hatte für die DEFA-Kinoproduktion 1965/66 einschneidende Folgen. Die Zensur hatte von Beginn an immer wieder die künstlerische Freiheit argwöhnisch auf ihre gesellschaftliche Richtigkeit abgeklopft und Gehorsam eingefordert, aber noch nie zuvor verschwand fast die Gesamtproduktion zweier Jahre »wegen anti-sozialistischer Tendenzen« in den Giftschränken der Behörde.

Konrad Wolf, Sohn des des kommunistisch-jüdischen Dramatikers und Arztes Dr. med. Friedrich Wolf, war wohl der bedeutendste Regisseur der DDR. Er war engagierter Marxist und spielte als Präsident der Akademie der Künste der DDR und Mitglied des Zentralkomitees in der Kulturpolitik eine wichtige Rolle. Mit acht Jahren war er mit seiner Familie 1933 in die UdSSR emigriert. 1943 wurde Konrad Wolf zur Sowjetischen Armee einberufen und in einer Propaganda-Abteilung eingesetzt, die an der Front deutsche Soldaten zur Kapitulation und zum überlaufen aufforderte. Mit der siegreichen Roten Armee zog er 1945 in Deutschland ein - eine Erfahrung, die er 1968 in seinem Film »Ich war 19« verarbeitet hat. 1949 -1954 studierte er an der Moskauer Film-Akademie WGIK bei den bekannten Regisseuren Gerassimov und Romm. Nach Deutschland zurückgekehrt, wurde er Bürger der DDR. Wie kein anderer verkörperte er mit seinen Filmen, wie »Solo Sunny« »Sonnensucher« oder »Leute mit Flügeln« das politische Selbstverständnis und das Lebensgefühl in der DDR. Am 7. März 1982 erlag er, erst 56 Jahre alt, einem Krebsleiden.

Optionen: AntwortenZitieren
Betreff geschrieben von Datum/Zeit Zugriffe 
  Ost/West-Thematik in deutschen Filmen und Serien vor der Wende
ivet 03.05.06 12:52 859 
  Re: Ost/West-Thematik in deutschen Filmen und Serien vor der Wende
cessnaritter 03.05.06 16:03 515 
  Re: Ost/West-Thematik in deutschen Filmen und Serien vor der Wende
Spoonman 04.05.06 11:40 346 
  Re: Ost/West-Thematik in deutschen Filmen und Serien vor der Wende
Milhouse 03.05.06 16:14 317 
  Re: Ost/West-Thematik in deutschen Filmen und Serien vor der Wende
BrandungsFelsen 03.05.06 19:06 304 
  Re: Ost/West-Thematik in deutschen Filmen und Serien vor der Wende
Spoonman 04.05.06 11:37 577 
  Re: Ost/West-Thematik in deutschen Filmen und Serien vor der Wende
sulka 03.05.06 22:38 398 
  Noch ein ganz frühes Beispiel
Spoonman 04.05.06 11:50 319 
  Re: Ost/West-Thematik in deutschen Filmen und Serien vor der Wende
Sven H. 04.05.06 12:50 328 
  Re: Ost/West-Thematik in deutschen Filmen und Serien vor der Wende
shoemaker2 04.05.06 22:01 344 
  Re: Ost/West-Thematik in deutschen Filmen und Serien vor der Wende
Wolfgang K 05.05.06 16:03 322 
  Re: Ost/West-Thematik in deutschen Filmen und Serien vor der Wende
Nora 08.05.06 11:34 431 
  Re: Ost/West-Thematik in deutschen Filmen und Serien vor der Wende
Gantenbein 08.05.06 13:44 294 


In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
Partnerseiten
Verantwortlich für den Inhalt der Forumsbeiträge ist der jeweilige Autor eines Beitrags.
Es gelten unsere Foren-Regeln | FAQ (Häufige Fragen)
Dieses Diskussionsforum basiert auf dem Phorum-System.