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Re: ARD-Programmreform: So soll ein "Angebot für die gesamte Bevölkerung" geschaffen werden
geschrieben von: NoahG, 15.10.21 19:08
Wenn man ein Programm "für die ganze Bevölkerung" bieten will, muss man auch mal wieder etwas experimentierfreudiger werden.

Ich erinnere mich da an die Aussagen von Wolfgang Back (Hobbythek, WDR Computerclub, etc.), der ja bis zu seinem Tod forderte, die Öffentlich-Rechtlichen müssten auch wieder Raum für Experimentelles und Nischenthemen bieten. Sowas wie die "langen Computernächte", etc. Da gibt es auch sehr interessante Interviews mit ihm auf Youtube auf dem Kanal von Generation Testbild. (findet man auch in seinem Wikipedia-Artikel verlinkt)

Ähnliches habe ich auch schon von Marijke Amado und Jürgen von der Lippe gehört.

Auch mir fallen einige Beispiele ein:

--- Sport:

Im deutschen Fernsehen heißt Sport (außerhalb von Olympia) meist Fußball. Wenn Deutschland mal erfolgreich in anderen Disziplinen ist (wie eine zeitlang im Handball und im Eiskunstlauf oder zu Zeiten von Boris Becker, Steffi Graf, Michael Stich im Tennis) dann gibt es auch mal andere Sportarten. Aber ansonsten?

So als würde man sich nur für Sportarten interessieren, wo Deutschland erfolgreich ist.

--- Kinder:

Früher gab es auch außerhalb des Kika noch mehr Kinderprogramm. So wurde z.B. die Sesamstraße täglich auf den Dritten gezeigt. Und ich glaube einmal die Woche auch im Ersten. Abends gegen 6 oder so.

Heute gibt es generell weniger Kinderprogramm außerhalb des Kika. (am ehesten noch sonntags vormittags die Sendung mit der Maus). Und selbst im Kika kommt die Sesamstraße kaum noch.

Also gerade die Sesamstraße ist doch (wenn die deutschen Macher sie noch nicht endgültig verhunzt haben) ein Beispiel für eine tolle Kindersendung, wo man viel lernt, Werte wie Toleranz vermittelt werden, und das Ganze auch noch viel Spaß macht. Und es hebt sich vom Trickfilm, bzw. heute eher CGI-Einerlei ab und hat mit den realen Puppen in realen Kulissen eine ganz andere Wertigkeit.

Wieso kommt die Sesamstraße nicht täglich? Wenigstens im Kika und vielleicht am Wochenende auch im Ersten. Von mir aus vormittags vor der Sendung mit der Maus.

--- Teens und Twens:

Früher gab es Musiksendungen wie Formel Eins, Ronny Popshow, Plattenküche, Musikladen, etc. Und Sketch-Shows / Comedy-Shows wie Sketchup, Rudis Tagesshow, Klimbim, etc., die im Gegensatz zu vielen heutigen Sketch-Shows noch witzig waren.

Was gibt es heute für Teens? NICHTS.

Die Begründung: die gucken eh nur YouTube. Ja, wieso auch nicht, wenn es im Fernsehen nichts für sie gibt. Wieso nicht eine Musiksendung wie Formel Eins, die zuerst im Fernsehen ausgestrahlt wird und dann auf YouTube verfügbar ist?

--- Musiksendungen generell:

Musiksendungen in den Öffentlich-Rechtlichen sind heute vor allem Volksmusik (wenn auch immer seltener) und Schlager. Und ganz selten Klassik und Jazz. Warum nicht auch mal mehr Pop, Rock, Soul, Funk, Latin, etc.

Früher gab es z.B. mal "Bios Bahnhof" wo Schlager neben Oper zu sehen war, wo Sammy Davis hinter experimentellem Kehlkopfgesang auftrat, wo nach irgendeiner Volkstanzgruppe von irgendwo in Europa auf einmal Punk zu hören war. Und dann auf einmal Jazz, bevor dann eine Travestiegruppe auftrat. Wo ist heute solche Vielfalt?

Oder eine Musik-Ratesendung wie "Erkenenn Sie die Melodie?"

Oder wieso nicht so eine Sendung wie in Belgien und den Niederlanden der "Swingpaleis", eine Mischung aus Panelshow, Musiksendung, Musikquiz und Party?!

Oder früher kam an Silvester oder Neujahr auf 3sat immer eine Aufzeichnung der Operette "Im Weißen Rössl" der Geschwister Pfister aus dem Berliner Tipi. Schon seit Jahren nicht mehr.

Oder ich erinnere mich, wie an Silvester nach 24 Uhr im Ersten immer die Aufzeichnung einer Show aus dem Pariser Lido zu sehen war. Statt dessen jetzt auf allen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern nur noch die ewig gleich Party-Mucke zwischen Schlager und Ballermann-Hits.

--- Mischung aus Wissensvermittlung, Humor und Musik

Heute gibt es viele Wissenssendungen. Terra X, Leschs Kosmos, Wissen vor 8, etc. etc. etc. Die sind alle toll, aber alle im Prinzip im selben Stil.

Früher gab es auch sowas wie die Knoff-Hoff-Show. Da wurde auch Wissen vermittelt, aber mit viel mehr Humor und Experimentierfreude. Da wurden auch in jeder Sendung Klassiker der Chemie-Experimente gezeigt, wo es knallte, rauchte, Flüssigkeiten bunt leuchteten, Dinge explodierten, zwei Flüssigkeiten beim Zusammenschütten eine nicht enden wollende Masse an Schaum produzierten, etc.

Dazu auch skurrile Erfindungen, technische Gimmicks oder auch mal ein Zauberkünstler oder jemand mit besonderen Talenten.

Und in jeder Sendung kurze Jazz-Stücke von der Live-Band.

Diese Sendung war so abwechslungsreich und gleichzeitig so lehrreich. Und sie weckte in mir als Schüler das Interesse an Fächern wie Physik und Chemie.

In die ähnliche Kategorie gehört die australische "Curiosity Show", die auch mal synchronisiert in den Öffentlich-Rechtlichen lief, aber seitdem nie wieder.

Solche Formate, die spielerisch und mit einer Prise Humor Wissen vermitteln und für Naturwissenschaften begeisten, fehlen heute komplett im Fernsehen.

--- Quiz-Shows:

Heute sind Quiz-Shows immer reine Wissensabfrage. Was ist richtig: Antwort A, B, C oder D?

Wieso nicht eine Sendung wie früher Pyramide oder Montagsmaler?

Oder richtig große Quizshows wie Einer wird gewinnen, wo man Hunde ihren Rassen zuordnen musste, Schriften der Sprache zuordnen, Volkstänze dem Land, etc. Oder sowas wie die Rudi-Carrell-Show, Am laufenden Band, Die verflixte Sieben. Sendungen wo Quiz mit Action, mit Musik, mit Variete-Acts kombiniert wurden.

--- "Experimentelle" Abend-Shows (und Vorabend-Shows):

Früher gab es mal Sendungen wie "Donnerlippchen" oder "Geld oder Liebe" (obwohl die schon nicht mehr so "experimentell" war wie der Vorgänger Donnerlippchen. Oder auch andere Shows mit Jürgen von der Lippe, die immer ein wenig diesen experimentellen Charme hatten, wie z.B. auch seine eingestellte Lese-Sendung.

Oder der legendäre WWF-Club. Das ist in meinem ganzen Leben wohl die spontanste und experimentellste, aber gleichzeitig auch eine der unterhaltsamsten Shows gewesen, die ich je gesehen habe. Auch da war nicht alles gut, aber man hatte die Chance auch mal sowas zu machen, was vielleicht nicht perfekt und an manchen Stellen vielleicht sogar auch mal schlecht war. Aber dennoch seine Fans hatte.

FAZIT:

Es mag ja sein, dass vieles von dem, was ich genannt habe (und man könnte noch einiges mehr nennen), heute nicht Eins-zu-Eins funktionieren würde. Aber das verlangt ja auch niemand. Es geht ja nicht darum, jetzt zur Primetime alte Sendungen zu wiederholen.

Aber dieser Geist, dass man auch mal experimentieren darf und Experimente auch nicht gleich nach zwei Folgen eingestellt werden, wenn die Quote nicht stimmt - das fehlt mir. Und dass man auch mal generell weniger auf die Quote guckt, wo sonst, wenn nicht bei den Öffentlich-Rechtlichen?!

Früher gab es im Fernsehen noch für jeden Geschmack etwas, egal ob man Klamauk mochte, ob man Computerfan war, ob man Schachspiele sehen wollte, ob man Musicals mochte, ob man Eiskunstlauf mochte, ob man "Experimentelles" wie den WWF-Club mochte, ob man Shows aus dem Lido sehen wollte... Keinem gefiel alles, aber für jeden war etwas dabei.

Und heute ist das Fernsehprogramm dagegen ziemlich weichgespült und gleichgeschaltet. Wenn irgendwo ein Format erfolgreich ist, versuchen alle es zu kopieren.

Wenn man es wirklich ernst meint, mit einem "Programm für die gesamte Bevölkerung", dann erwarte ich mehr Vielfalt, mehr Experimente, mehr Mut, weniger Schielen auf die Quote, mehr Abseitiges, Skurriles und Experimentelles, mehr Nischen, etc.

Und vielleicht auch mal zu Zeiten, wo eh keiner guckt, z.B. morgens zwischen 2 und 5 Wiederholungen alter Klassiker wie den Shows mit Lou van Burg, Kulenkampff, Carell, Rosental, Biolek und von der Lippe, der Knoff-Hoff-Show, dem WWF-Club, Shows aus dem Lido, etc. Für die Nostalgiker. Denn ein Programm für alle bedeutet auch, Nostalgiker zu bedienen, die gerne noch mal alte Fernsehschätze sehen wollen. Und selbst, wenn das notfalls bedeutet, das aufzeichnen zu müssen, weil man da schläft.

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Julian90 15.10.21 21:54 206 


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