|
Re: RTL verfilmt "Winnetou" mit Wotan Wilke Möhring neu
Ich kann mich nicht erinnern, dass wir je Karl May in der Schule gelesen haben - zum Glück, denn was in der Schule gelesen wurde fand ich als Teenager schon aus Prinzip uninteressant. ;-) Aber privat hab ich die als Jugendliche verschlungen. Naja, die meisten. Das Altwerk fand ich ziemlich langweilig.
Ich kann mich jetzt gar nicht bewusst an Rassismus in den Romanen erinnern (und vor 40 Jahren war man noch nicht so politisch korrekt, dass man an den Worten "Wilde" oder "Neger" Anstoß nahm). Eher im Gegenteil - die Indianer wurden oft zu Unrecht als verfolgt dargestellt. Wobei es "gute" und "schlechte" Stämme gab. Die Apachen waren gut und die Sioux meist schlecht, und bei beiden gab es Weiße, die sie gegeneinander ausspielten. Und sehr stark durchzog auch das Motiv nach Möglichkeit auf Gewalt zu verzichten die Bücher. Wobei dann am Ende oft die "göttliche Gerechtigkeit" besonders gewaltsam zuschlug. Wenn die Bösen Old Shatterhand 5x entkommen waren, weil er sie nicht erschießen wollte, dann traf sie eben am Ende der Blitz oder sie fielen in eine Schlucht. Teilweise war es auch sehr christlich moralisierend, was dann im Spätwerk noch schlimmer wurde. Bei mir blieb auch eher ein Gefühl der Völkerverständigung hängen. Die Freundschaften von Old Shatterhand und Winnetou, bzw. Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar, der Vergleich ihrer Lebensweise und Religion mit der des Erzählers, und die Erkenntnis, dass es da doch mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede gab und die Unterschiede oft zum positiv-orientalischen Flair beitrugen. Gerade die Gemeinsamkeiten wurden oft betont so nach dem Motto "so wild wie manche meinen sind die doch gar nicht". Aber frauenfeindlich waren die Bücher oft. Selbst zu einer Zeit als das auch in unserem Alltag noch viel normaler war stieß mir das sauer auf. Zu einer Zeit, wo man sich schon schämen muss jemals Negerküsse oder Zigeunerschnitzel gegessen zu haben, ist die über 100 Jahre alte Weltsicht des Karl May wohl nicht mehr unkommentiert druck- oder verfilmbar. Aber vom historischen Standpunkt her finde ich es sehr gut für Schulen geeignet, weil es eben auch den Zeitgeist einer vergangenen Epoche aufzeigt. Denn mir kommt es so vor als ob bei den jüngeren Generationen noch nicht angekommen ist, dass die Welt früher nicht politisch korrekt war und die Menschen eine ganz andere Sicht der Dinge hatten. Bei modernen Filmen mit historischen Geschichten ärgere ich mich immer drüber, dass die Menschen darin so wie heutige Menschen denken und handeln. Wenn ich da mittelalterliche Mädchen selbstbewusst rotzfrech und aufmüpfig sehe kommt mir die Galle hoch. So selbstbewusst waren die Frauen selbst vor 50 Jahren nicht, geschweige denn vor 300 oder 500 Jahren wo es keine Meinungsfreiheit oder Menschenrechte gab und das Recht des Stärkeren galt, und die Menschen meist ihr Leben lang in Angst lebten. Oder ein kleiner Stallbursche der dem hohen Herrn widerspricht - der hätte ihm wahrscheinlich den Kopf abgeschlagen und alle anderen Stallburschen hätten gewusst, dass Widerspruch nicht geduldet wird und wären wieder an die Arbeit gegangen, anstatt noch mal nachzutreten. Meine Befürchtung ist, dass bei einer neuen Karl May Verfilmung das ganz genauso gemacht wird. Denn man kann die alte Zeit ja nicht so politisch inkorrekt zeigen wie sie nach moderner Weltsicht war. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
|