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Re: Und schon beginnt die Hexenjagd auf Natascha...
Es gibt in der Tat schlimmere Artikel, Waldfrosch, aber mir ging es eben so beim ersten Lesen, dass ich wirklich entsetzt war. Es sind viel unausgesprochene Sachen dabei, und u.a. fett hervor zu heben in einer Überschrift: "Als erstes will sie eine Pressekonferenz (Sinngemäß)"- hat eine ganz klare Tendenz. Tja, und diese unbequemen Fragen.... erst hatte ich Dich falsch gelesen und dachte Du hättest geschrieben, sie müßte sich diese gefallen lassen und wollte hier schon hoch gehen :-)). Aber beim nochmaligen Nachdenken gehe ich sogar soweit: Nein, da dürfen keine unbequemen Fragen gestellt werden. Denn auch wenn sie unbeantwortet bleiben, wird das immer zum Nachteil von Natascha sein. Die Frage z.B. nach dem sexuellen Mißbrauch soll ja anscheinend nicht beantwortet werden. Das wr ziemlich schnell klar. Wer nun (nicht unverständlich) denkt, oh, dann war da wohl was, kann das zu Hause in der Küche äußern, nicht aber, ohne sich zu schämen. Ich bin mit mehreren Vergewaltigungen konfrontiert worden, wenn ich so sagen darf, klingt so gewaltig, als wäre ich betroffen gewesen. Einmal war ein dreijähriges Nachbarkind meiner Tante Opfer, dann eine Schulkameradin, dann habe ich mehrere Prozesse miterlebt. Immer -ohne Ausnahme- gab es Kommentare Unbeteiligter, die das Opfer herabgezogen haben. Bei dem dreijährigen Mädchen, das wieder fröhlich mit dem Rad herumfuhr (" Das kann ja nicht so schlimm gewesen sein, hart im nehmen wohl und die Eltern passen ja schon wieder nicht auf", bei der Schulkameradin " Der Täter hatte wohl Geschmacksverirrung" und die anderen Sachen erspare ich mir jetzt. Wer so etwas sagt... das sag ich jetzt gar nicht, was mit dem passieren sollte. Jeder hat schlimme Gedanken, und es gibt viele, die sollte man eben nicht aussprechen und lieber überlegen, wie man auf so etwas kommt. Nicht auszuschließen ist natürlich, dass ein Opfer gar kein Opfer ist sondern es nur vorgibt. Zum Glück gibt unsere Rechtsordnung keine Vorverteilung vor (Obwohl ja auch bei jedem zu Unrecht angeklagten und dann freigeprochenen Menschenimmer gern gesagt wird " Da war doch mal was"). Für irgendwelche Zweifel gibt es aber bei Natascha nicht auch nur einen Fitzel Anhaltspunkte, denn es gibt auch keine Gesetzmäßigkeit, die besagt, dass jemand, der acht Jahre verschleppt war, aussehen und reden muss wie eine Gießkanne. In der "Zeit" wird Nataschas Medienberater zitiert mit den Worten, er mußte sie schützen, damit sie nicht angespuckt wird, da kann man ja nur hoffen, dass das eine Metapher war. Anstatt das man mal in so einem Fall ein Feuerwerk macht vor Freude, das wäre doch mal eine Maßnahme, ergeht man sich lieber in Mutmaßungen und Spekulationen und tut so, als hätte man Eile. Wir haben acht Jahre nichts von ihr gehört, da hat alles jetzt wohl auch noch Zeit (das war jetzt auch ein schäbiger Gedanke, den ich aber schäbig grinsend geschrieben habe.) Natascha Kampusch bietet doch eine ideale Projektionsfläche für alle miesen Phantasien dieser Art. Und der Stern stellt sich so für mich ins Abseits. Und es gibt wie gesagt, schlimmere. In der gleichen Ausgabe des Stern war allerdings ein Artikel über Arbeitslose in Berlin. Die für drei Euro alle ins Theater und kostenlos ins Museum können und ich muss teuer Geld bezahlen, will ich Kultur haben, geschweige denn ja erst einmal Geld ausgeben, um nach Berlin zu kommen. Da ich zur Zeit nicht so toll verdiene, aber ein großer Theatergänger bin, hat mich diese Nachricht erst mal schäumen lassen. Und kurioserweise: Auf wen war ich sauer? Auf die Hartz vier Empfänger. Hopella dachte ich, da hat ja etwas gewirkt. Im Nachhinein bin ich zu dem Entschluss gekommen, diese Nachricht noch einmal zu recherchieren, bwz. die Hintergründe. Stimmt das so? Und: Wird es genutzt? Ich habe noch nichts gehört von Theatern und Museen, die nicht wohin wissen mit 17jährigen da capo schreienden Ronnis und Mehmets und was weiß ich. Und dann: Wer hat das eingeführt und vor allem warum wurde das so gemacht? Ich traue sogar Senatoren zu, keine spontanen " Ach machen wir das mal eben so" Entscheidungen zu treffen. Es kann ein Stimmenfang gewesen sein, muss aber nicht. Was ich sagen will.... das hätte alles für mich auch in den Artikel gehört, um ihn fundiert zu machen. So war es auch wieder nur tendenziöse Berichterstattung und ich entschuldige mich ausdrücklich bei den Berliner Arbeitslosen, die hier im Fitness-Wellnessurlaub waren und denen ich spontan die Reifen ihres Porsches zerstochen habe. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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