> Klar, die sind heftig, aber dadurch, dass es ja wohl immer
> gut ausgeht für die Guten kommt beim Lesen ein befriedigender
> Katharsis-Effekt ... beim Struwwelpeter waren es ja meist
> nicht richtige Bösewichte, die bestraft wurden. Der eine
> lutschte am Daumen - zack, isser ab. Der andere geht bei Wind
> spazieren - schwupp, isser weggeweht. Einer mag seine Suppe
> nicht - prompt kriegt er nix anderes und ist nach ein paar
> Tagen tot. Das Mädchen spielt mit den Steichhölzern - schon
> ist sie abgefackelt. Für solch harmlose Vergehen setzt es
> grausame Strafen - heftig. :(

Richtig, sie waren ja aber halt auch als erzieherische Märchen gedacht!

Deswegen kann ich Deine Meinung, Brooklyn, dass sie eigentlich nicht primär an Kinder gerichtet sind, auch nicht so stehenlassen.
Ganz bestimmt waren sie dazu gedacht, Kindern vorgelesen zu werden, deshalb auch die teils drastischen Bildchen zum Gucken und Gruseln;-)

Natürlich sollen die Erzählungen Kindern einen gehörigen Schrecken einjagen, zumindest aber mit theoretisch löblichem Hintergrund.
Darum z.B. die Geschichte mit dem Mädchen, dass (obwohls die Mutter verboten hat) mit Feuer spielt und dabei verbrennt.
Bei der Geschichte mit dem Daumenlutscher gebe ich Dir recht: das der Schneider mit seiner Riesenschere kommt und ihm die Daumen abschneidet und im letzten Bild sieht man ihn ohne, während das Blut tropft, ist wirklich grausam übertrieben.
Aber Struwwelpeter, Zappelphillip, fliegender Roland etc. sind gegen manche Grimmschen Erzählungen ziemlich harmlos.
Ich muss auch sagen, dass ich damals beeindruckt von der Geschichte mit dem Mohren war: sozusagen ein frühes, wenn auch klischeebeladenes Plädoyer für ein Miteinander verschiedener Rassen.

Was die Grimmschen Märchen angeht, sind auch die älteren Versionen, die unsereins teils noch kennt, schon zurechtgestutzt (und trotzdem noch grausam).
Ich habe z.B. von Dornröschen mal eine Version gehört, wie sie anscheinend ursprünglich mal verbreitet war, die nun wirklich nicht mehr als jugendfrei bezeichnet werden könnte.
Was den Katharsis-Effekt in Grimmschen Märchen anbelangt:
Ist sicher richtig, aber auch da haben mich die teilweise drakonischen Strafen so erschreckt, dass ich eher noch Mitleid für die Bösen empfand als Genugtuung, dass sie ihre Strafe erhalten haben.
War es nicht bei Aschenputtel, als die beiden Schwestern sich die Fersen abschnitten, um in den Schuh zu passen (grauenhafte Vorstellung) und ihnen zuguterletzt auch noch von den Tauben die Augen ausgehackt wurden?
Und warum?
Nicht weil sie gemordet hatten, böse Hexen waren o.ä.
Nein, sie hatten Aschenputtel erniedrigend behandelt und waren hochherzig gewesen.
Scheint mir auch nicht wirklich ganz fair, diese Bestrafung;-)