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Re: Wo sind die Persönlichkeiten hin?
Ich erinnere mich, auf Youtube einen solchen Kommentar zu "Landarzt Dr. Brock" mit Rudolf Prack (welch Namensähnlichkeit ;-) ) gelesen zu haben: Damals hat man sich noch geholfen, damals haben sich die Menschen noch geholfen etc.
Es ist sicher so, dass unsere Zeit immer schnelllebiger wird. Aber: Vielen Menschen wollte man nicht helfen. Und man kann gegen unsere Zeit sagen, was man möchte - toleranter in vielerlei Hinsicht ist sie. Eine furchtbare Geschichte habe ich vor kurzem in der Kirche gehört. Da haben ein Mann und eine Frau, der Mann um die 60 und die Frau um die 50, sich das Jawort gegeben (mitten im Gottesdienst, kannte ich so bisher auch noch nicht). Der Pfarrer hat ein paar Worte zu den beiden verloren, und erzählte, dass die Frau und ihre einige Zwillingsschwester, die beide seit ihrer Geburt an einer Spastik leiden (nur aufs körperliche "beschränkt"). Schon von Kindheit an waren beiden sehr gläubig. Der Pfarrer hat sich geweigert, sie zu konfirmieren, da "Krüppel" in seiner Konfirmationsgruppe nichts verloren hätten. Bei solchen Geschichten bin ich innerlich auf 180, da kocht mein Blut und ich frage mich, wie es möglich ist, dass sowas im ach so modernen 20. Jahrhundert passieren kann. Diskriminierung geschieht leider immer noch viel zu häufig, aber im Bezug aufs Anderssein lebt es sich heute doch deutlich besser als noch vor 20, 30 Jahren. Uneheliche Kinder sind erst seit 1998 (!) den ehelichen im Bezug auf Erbschaften gleichgestellt, es musste erst das Jahr 2000 kommen, bis schriftlich festgehalten wurde, dass Gewalt in der Kindererziehung nichts verloren hat, im letzten Kanton der Schweiz wurde erst 1990 (!!!!!) das Frauenwahlrecht eingeführt, und man könnte die Liste noch weiterführen - ungetaufte Kinder, unverheiratete Paare, Gastarbeiter, Behinderte, Homosexuelle... Ich denke mir manchmal, dass der Zusammenhalt früher vlt. tatsächlich stärker war - solange man sich angepasst hat. Das "ehrenwerte Haus" eines der großartigsten Sänger überhaupt fällt mir in diesem Zusammenhang ein. Es steht sicherlich auch noch heute an manchem Ort, aber wäre ich bspw. körperlich behindert, so möchte ich lieber in unserer Zeit leben als in den 60ern. Das alles soll natürlich keine Hasstirade auf die vergangenen Jahrzehnte sein. Auch damals gab es genügend Menschen, die sich die anderen nicht nach solch oberflächlichen Kriterien ausgesucht haben. Aber mit "früher war alles besser" macht man es sich eben manchmal sehr einfach. Aber auch diesen Satz finde ich nicht ansatzweise so schlimm wie "Die Jugend von heute ist soooo....". Gääähn. Fällt seltsamerweise zu jeder Zeit. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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