Tut mir leid, aber da kannst du es drehen und wenden wie du willst, aber solange ein spezifisch säkularer Überbau von religiösen Menschen nicht als das Maß aller Dinge, noch über dem Glauben angeordnet, allgemeinverbindlich anerkannt wird, wird Religion auch weiterhin Probleme verursachen.
In den Auswirkungen gibt es klar Unterschiede zwischen dem gemäßigten Gläubigen und dem Djihadisten, in der Ablehnung einer dezidiert säkularen Gesellschaftsordnung, die sich über göttliche Gesetze stellt, besteht dennoch wieder Einigkeit.
Die Gefahr an der Religion besteht ja nicht in den zweifelsohne positiven Elementen der Religion, sondern eher in der "Junk-DNA" der ganzen negativen Inhalte dieser ersten, Jahrtausende alten Versuche von Zivilisation, die heute nur ausgeblendet werden, aber jederzeit reaktiviert werden können. Gerade deshalb sollte sich ja der Staat konsequent zurückziehen.
Dass das Judentum in Deutschland als Religion kaum ein Thema ist, hängt nicht nur ursächlich mit der geringen Anzahl der Gläubigen zusammen, oder dass der Schuldkomplex oder Antisemitismus noch stark greifen würden. Gerade im Kontrast zum Islam, der an sich auch kein so breites Standbein in der Gesellschaft hat, zeigt sich dann doch, dass der in der Religion verankerte Verkündigungsauftrag ein nicht unerheblicher Faktor ist. Wie im Christentum auch, darf der Glauben nicht für sich behalten, sondern muss in die Welt getragen werden. Der Missionierungsgedanke ist fest verwurzelt.
Allein das ist schon ein Grund, warum sich der Staat Religionen gegenüber neutraler verhalten muss und damit den konfessionellen Religionsunterricht aus den Schulen heraushalten sollte, wie er auch nicht zum Geldeintreiber für die Kirchen werden muss.
Da sollte man auch nicht vergessen, wie die Kirchen zu solchen Privilegien überhaupt gekommen sind. Die sind nämlich nicht gerade unter den Bedingungen lupenreiner demokratischer Gesellschaftsentwürfe zustande gekommen, zu einer Zeit, in der die zwei großen Kirchen noch wirklich nahezu vollständigen Rückhalt in der Gesellschaft genossen, was heute überhaupt nicht mehr der Fall ist.
Was den islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen betrifft, so sehe ich ein Hauptproblem darin, dass es überhaupt nicht sicher ist, ob ein gemäßigter Islam, oder "Euro-Islam", wie er manchmal durch die Presse geistert, überhaupt möglich ist. Im Gegensatz zum Christentum in unseren Breiten, in dem man im Wesentlichen nicht mehr wortgetreu der Bibel folgt, haben wir es im Islam überwiegend mit einem Religionsverständnis zu tun, bei dem der Koran als religiöse Quelle unangestastet als direkt von Gott an den Propheten übermittelt angesehen wird. Jede Kritik oder der Versuch einer historisch-kritischen Exegese - für christliche Theologen selbstverständlich, wenn auch oft in der Öffentlichkeit verschwiegen, weil es unbequeme Fragen aufwirft - wird von Islamverbänden und den Gläubigen selbst auch in diesem Land niedergestampft.
Und was den Versuch der staatlichen Kontrolle der Religion über allgemeine Lehrsätze betrifft, so sollte man sich mal genauer ansehen, was das auch zur Zeit in der Türkei bedeutet, wo die Reislamisierung eines Staates mit einem ursprünglich laizistischem Selbstverständnis gerade stattfindet, wobei der Einfluss Ankaras über die zentrale Religionsbehörde, über die Ditib, sogar bis in jede deutsche Kleinstadt reicht, wenn Imame aus der Türkei "importiert" werden.
Jeder soll seine Religion der Religionsfreiheit gemäß in Deutschland aufs Maximalste ausleben können, solange das der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht widerspricht. Das heißt aber noch lange nicht, dass diese Freiheit grenzenlos ist, wo sie den im Grundgesetz verankerten Menschenrechten widerspricht und Religionsfreiheit auch gleichzeitig Freiheit von Religion bedeuten muss, und der Staat muss sich dabei bestimmt nicht als Wasserträger der Religionen andienen.