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TV-Erinnerungen an gute, alte Fernsehzeiten
"Scotland Yard", britische Kurzfilmreihe der 1950er Jahre (Review)
geschrieben von: Stahlnetz, 14.12.14 15:58

Bildquelle: [radiosoundsfamiliar.com]

Scotland Yard
Britische Kriminalreihe 1953 - 1961 in s/w
39 Kurzfilme zu je ca. 30 Minuten

Darsteller:
wechselnde Schauspieler, u.a.
Russell Napier
John Warwick
Geoffrey Keen
Kenneth Henry
u.v.a.m.
sowie Edgar Lustgarten als Präsentator und Erzähler


Im folgenden Review möchte ich Euch einen ganz besonderen Leckerbissen der Nostalgie vorstellen, ein wahres Juwel und historisches Zeitdokument britischer Filmkunst. Es entstand bereits zwischen den Jahren 1953 - 1961 in den Merton Park Studios in London sowie an zahlreichen originalen Schauplätzen der Stadt und seiner Umgebung. Wie die grandiose Krimiserie Gideon`s Way wurde dem deutschen Zuschauer leider auch diese Produktion komplett vorenthalten.

Scotland Yard wurde allerdings nicht für das Fernsehen gedreht, sondern als ein sogenanntes ´Second Feature` für das Kino. Dies waren spezielle Kurzproduktionen der damaligen Filmindustrie, welche in den Lichtspielhäusern jener Ära unter dem Begriff ´Double Feature` oder auch ´Double Bill` angeboten wurden. Sie dienten dazu, um mehr Zuschauer in die Kinos zu locken, denn bei jenen Aktionen gab es gleich zwei Filme zum Preis von einem zu sehen. Nach dem eigentlichen Hauptfilm folgte stets noch ein kürzeres ´Second Feature`, unter ihnen im Laufe der Jahre auch die 39 Kurzfilme der Reihe Scotland Yard.

In den USA erkannte der Fernsehsender ABC schon frühzeitig das große Potenzial, welches in dieser fantastischen Kurzfilmreihe steckte und strahlte bereits ab dem 17. November 1957 die ersten Folgen etwas eingekürzt und unter dem Titel "Casebook" aus. Im Ursprungsland England dauerte es noch bis Anfang der 1960er Jahre, bis auch dort das Fernsehen Scotland Yard einem noch größeren Publikum zugänglich machte. Angeblich wurden die Folgen, deren Lauflänge zwischen 24:47 Min. (Folge 1) und 32:24 Min. (Folge 24) variiert, auch hier etwas eingekürzt und der Titel "Casebook" verwendet. Es fanden sich dazu aber nur widersprüchliche Daten, so daß eine Verwechslung mit den USA durchaus möglich ist. Fakt ist jedenfalls, Channel Four wiederholte in den 1980er Jahren ein Großteil der Reihe unter dem originalen Titel. Und in den 1990er Jahren zeigte der Sender Bravo ebenfalls die Originale, uncut, wie einige in der Tube eingestellte Folgen belegen. Seither gab es auch im Königreich keine weiteren Wiederholungen mehr.

Aber was ist denn nun das Besondere an Scotland Yard, mag sich der geneigte nostalgische Leser langsam fragen, daß man hier von einem echten Meilenstein des Krimigenres sowie einer Perle der britischen Filmkunst spricht? Nun, das möchte ich aus meiner Sicht mit einem einzigen Wort beantworten, welches da lautet: Stahlnetz. Die Reihe ist praktisch das englische "Stahlnetz", stellt dabei jedoch nicht nur das amerikanische "Dragnet" weit in den Schatten, sondern übertrumpft selbst die von mir so heiß geliebte deutsche Variante von Jürgen Roland noch in vielerlei Hinsicht. Scotland Yard ist über weite Strecken deutlich actionhaltiger, optisch noch besser in Szene gesetzt, und die gezeigten Fälle, welche hier ebenfalls auf wahren Kriminalakten basieren, sind einfach brilliant ausgewählt worden. Hinzu kommt die geniale Art der Präsentation, die vom legendären Edgar Lustgarten übernommen wurde, DER britischen Persönlichkeit für Kriminologie jener Tage.


Bildquelle: [radiosoundsfamiliar.com]

Edgar Lustgarten, der populäre britische Kriminologe und Autor
jener Ära, führt durch alle 39 Folgen dieser genialen Kurzfilmreihe


Er ist nicht nur die kommentierende Off-Stimme der Reihe, sondern gibt in mehreren Einspielern pro Folge auch vor der Kamera sein fachliches Wissen preis. Dabei sitzt er gerne in seinem Arbeitszimmer, mit einem Drink in der Hand und versprüht gleichermaßen britischen Charme wie auch mit Vorliebe eine kräftige Prise schwarzen Humor. Gleich in der ersten Folge fragt Edgar Lustgarten die Zuschauer neckisch "Haben Sie schon mal jemanden ermordet?", um anschließend das uralte Problem eines jeden Mörders näher zu beleuchten, der nicht so recht weiß, wohin mit der Leiche des Opfers. Durch diese Weise der Darbietung wird selbst ein weniger spektakulärer Fall für den Zuschauer noch zum großen Erlebnis.

Wenn sich dann noch der ermittelnde Police Superintendent mit seinem Inspector und diversen Sergeants die Langschäfter aus Gummi überzieht, um in den dunklen Abwasserkanälen Londons eine Leiche zu bergen, ist die atmosphärische Suspense natürlich perfekt. Außergewöhnliche Stilmittel, wie das Doppelbelichten einer Szene, in der z.B. schriftliche Untersuchungsberichte eingeblendet werden, darauf dann noch der jeweilige Beamte, der ihn verfaßte und nun vorliest, sind weitere optische Highlights der Produktion. Und immer wieder sind teils erstaunliche Actionszenen dabei, wie z.B. das Herauswerfen einer Leiche aus einem Express-Zug, der gerade durch einen Bahnhof donnert, und das Opfer nun der Länge nach neben dem brausenden Zug über den halben Bahnsteig schleudert. Auch ohne bluttriefende Nahaufnahmen und zusätzlicher CGI, wie es heutzutage üblich ist, eine spektakuläre Szene, wie ich sie in einer Produktion der 1950er Jahre zuvor noch nie gesehen habe. Je nach Fall - einige Erzählungen spielen bereits in den 30er und 40er Jahren - wurde auch mit historischen Aufnahmen nicht gegeizt. Etwa Bombennacht im Zweiten Weltkrieg, ganze Straßenzüge Londons liegen in Schutt und Asche, Großbrände u.v.m.

Bemerkenswert auch schon der Beginn einer jeden Episode, die von einer stimmungsvollen Bildsequenz mit sehr markantem Off-Text eingeleitet wird. So manches Review habe ich mit dem Zitat solcher Intros begonnen, weil sie einfach das Markenzeichen einer Serie sind und gleich erkennbar wird, auf was man sich als Zuschauer freuen darf. Bei Scotland Yard änderte sich der Vorspann im Laufe der Jahre aber gleich mehrmals und recht signifikant, so daß ich meinen Fokus auf jene Varianten erst am Ende dieses Reviews richte. Da sämtliche Texte mit großer Wortgewalt formuliert wurden, möchte ich sie abschließend auch alle anbieten, beschränke mich deshalb ausnahmsweise nur auf die freie deutsche Übersetzung.

Die ersten Folgen begannen mit der Einleitung:
"Scotland Yard! Nervenzentrum der Londoner Großstadtpolizei, Hauptquartier ihres Dezernats für Kriminalfälle. Scotland Yard! Ein Name, der auf fast jeder Seite in den Annalen der Verbrechensaufklärung erscheint. Scotland Yard! Wo eine fest entschlossene Truppe Männer Tag und Nacht einen unermüdlichen Kreuzzug gegen das Verbrechen führt... Tief im Herzen von Scotland Yard sind die Akten tausender Fälle eingelagert, Historien jeder Übertretung des Gesetzes, von Diebstahl bis Mord. Hier sind die Geschichten menschlicher Schwächen, von Habgier und Neid, von Raffinesse und Dummheit."

Und passend hierzu die erste Folge im Original aus der Tube:



Eine weitere Variante war:
"London! Größte Stadt der Welt und Sitz der ältesten Demokratie. Eine Stadt, deren weltweiter Ruf für Ehrlichkeit und Integrität felsenfest auf einer tausendjährigen Herrschaft des Rechts basiert, durchgesetzt und beschützt von einem Polizeiapparat, dessen Hauptquartier ebenso bekannt ist wie London selber - Scotland Yard! Erfaßt in den Archiven von Scotland Yard befinden sich die Historien tausender Fälle, Belege der langjährigen und erfolgreichen Schlacht gegen das Verbrechen."

Besonders schön finde ich auch diese Variante:
"London! Wiege des Commonwealth...größte Stadt der Welt.. 734 Quadratmeilen mit Gebäuden und Straßen, in denen acht und eine viertel Millionen gesetzestreuer Bürger in Freiheit leben und arbeiten und spielen, in Furchtlosigkeit und in Sicherheit. Und hier, tief im Herzen der Stadt, nahe seiner vielen historischen Gebäude, dicht bei den großen Regierungsbüros und nur einen Steinwurf vom Parlament selbst entfernt, steht... Scotland Yard! Hauptquartier des großen Polizei-Apparates, der im ständigen Krieg gegen das Verbrechen über die Sicherheit der Bürger wacht."

Auch hierzu mal eine Folge im Original aus der Tube:



Und hier noch eine recht kurze Variante, die ich von allen am schwächsten halte:
"Scotland Yard - Nervenzentrum der Londoner Kriminalpolizei. Hier verbinden sich Verstand, Wissenschaft, Routine und Entschlossenheit zu einer Kraft gegen das Verbrechen. In den Gewölben unterhalb von Scotland Yard befinden sich die Historien tausender Fälle, Belege der jahrelangen und erfolgreichen Schlacht gegen das Verbrechen."

Wer von Euch nun vielleicht Interesse an dieser britischen Serienperle gefunden hat, dem sei die englische DVD-VÖ wärmstens ans Herz gelegt. Das Label Network scannte dafür alle 39 Folgen vom originalen 35 mm Monochrome Filmmaterial, so daß man die Bildqualität wirklich als herausragend bezeichnen kann für das enorme Alter dieser Produktion. Kein Vergleich mit dem, was von der Reihe in der Tube zu sehen ist. Übrigens: Die letzten 10 Episoden wurden damals im Bildformat 1.66:1 gedreht, also nahezu in 16:9. Auf den DVDs kann man sie erstmals auch in diesem Originalformat sehen.

Gruß
Stahlnetz


Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem man nicht vertrieben werden kann



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