..absolut richtig. Es lässt sich immer leicht sagen, die Familie sei selbstsüchtig und hätte den armen kranken Mann ins Heim angeschoben. Dass ein Mensch mit diesem Krankheitsbild 24Stunden Rundumpflege- und Aufsicht bedeutet und ganz einfach vor sich selbst geschützt werden muss, bedenken die meisten nicht. Sie laufen weg, drehen an allen Knöpfen, verwechseln Fenster mit Türen, stecken sich alles in den Mund, trinke statt aus dem Glas aus der Blumenvase, rasten plötzlich aus und werden gewalttätig, zerdeppern alles, sinken zusammen und heulen haltlos wie ein Kind, sind launisch, können Dinge zwar sehen aber nicht mehr begreifen, sind rastlos, Tag und nacht machen keinen Unterschied mehr und für die Angehörigen heisst das, nie wieder über den laufenden und den nächsten Platz hinaus planen und viel, viel einzustecken. Nicht zu reden von kompletter Inkontinenz und der Unfähigkeit, folgerichtig zu handeln. Zwischendurch sind mal ein paar lichte Momente da und dann hat man wieder Hoffnung, die mit dem nächsten Glas, das an die Wand geschmissen wird, dem nächsten Wutausbruch des kranken wie ein kartenhaus zusammenfällt. Frau Juhnke hat genug Geld und soll Pflegepersonal einstellen? Unmöglich - denn das würde heiossen, der Kranke hätte pausenlos neue Gesichter um sich und wenn diese Patienten auch nicht mehr viel können - aber sie können Emotionen zeigen und ob sie eine Pflegerin/Pfleger mögen oder nicht. Die meisten mögen sie nicht - zumal im eigenen Haus, da ist dann so eine Resterinnerung an "Heimvorteil" - und die Abneigung gegen "Fremde" ist gewaltig. Im Heim ist der kranke zunächst selbst "auf Besuch", gewöhnt sich aber erstaunlich schnell ein, denn es findet dort mehr als es je in einem privaten Zuhause geboten werden kann genau das statt, was diese Kranken an allererster Stelle brauchen : Sich ständig wiederholende Rituale in gleicher Umgebung, die selben Sätze, die selben Abläufe, möglichst minutiös Tag für Tag ... wer will das bei aller Liebe bewältigen?
Mein Lebensgefährte hatte 1990 einen schweren Unfall mit irreparablen frontobasalen Hirnschäden, 2 Monate Koma, Reha usw usw .. er musste neu laufen lernen, sprechen lernen usw ...eigentlich alles - und hatte eine dramatische Persönlichkeitsveränderung durchgemacht. (appalisches Durchgangssyndrom, Korsakovsyndrom usw...) später nach der Vernarbung im Hirn kam Epilepsie dazu .. was ich oben beschrieben habe, hab ich live jeden Tag erlebt, 3 Jahre lang - und damals meinen Job aufgegeben und mich nur um ihn und meine ebenfalls schwerbehinderte blinde Mutter gekümmert - beide starben innerhalb kurzer Zeit und ich habe es nicht bereut, Beruf und Karriere damals komplett abgebrochen zu haben - aber ich würde heute jedem zureden, einen solchen Patienten ohne Hoffnung auf Genesung in ein behütetes Wohnheim für genau solche Erkrankungen zu geben - und kann jede Familie verstehen, die einen Erkrankten Angehörigen dort unterbringt. Der Entschluss fällt nicht leicht und man soll ja nicht glauben, dass die Familie hinterher in Saus und braus lebt -

Bevor hier also in BILD-Manier über Frau Juhnke hergezogen wird, sollte man sich ein paar gedanken machen.