Mit welchem Recht eigentlich solten die Einwohnerzahlen eines Landes über die Stimmgewalt entscheiden (außer mit der Begründung, dass wir dann die meisten Stimmen hätten)? Wenn überhaupt ein solches Kriterium angelegt werden sollte, dann doch wohl die Einschaltquoten. Das Land, das die meisten Zuschauer (absolut) verbuchen konnte, bekommt im nächsten Jahr die meisten Stimmen (obwohl ich auch da Bauchschmerzen hätte, weil in den ärmeren Ländern wahrscheilich zum Teil Dutzende Nachbarn vor einem Fernseher sitzen). Dann nämlich bekämen die Länder mit dem größten Interesse an diesem Wettbewerb auch die größte Stimmgewalt.
Der Vergleich mit dem Bundesrat hinkt übrigens auf allen Füßen: Bei dortigen Entscheidungen geht es meist um Sachen, die die ganze Bevölkerung betreffen, egal, ob die Bürger sich dafür interessieren oder nicht. Das heißt, die jeweilige Vertetung im Bundesrat spricht für ihre komplette Bürgerschaft. In Deutschland ist aber 70 bis 80 Prozent der Einwohner der Grand Prix völlig banane, warum sollten diese Uninteressierten Deutschlands Stimmgewalt erhöhen?
Würden allerdings tatsächlich die Einschaltquoten künftig als Maßstab eingesetzt werden, würde sich wohl an den Ergebnissen nicht viel ändern, eher würden die jetzigen Stimmverhältnisse verschärft, weil nämlich tatsächlich offenbar das Interesse in den südosteuropäischen Ländern deutlich höher ist als hierzulande.
Wenn ich BILD schon lese: "Schummel-Grand Prix". Ist mir da was entgangen? Wo wurde denn betrogen? Wurden irgendwo Telefonsysteme manipuliert? Wurden Stimmen frisiert?
Alles in allem scheinen mir BILD und Co. den südosteuropäischen Teilnehmern vor allem die dortige wirklich hoch interessierte, große Fangemeinde, ihren (nicht allzu sehr dem unseren entsprechenden) Geschmack und die Tatsache, dass diese Leute ihr Recht auf Abstimmung und eine eigene Meinung wahrnehmen, zu verübeln. Und das ist billig, tut mir leid.