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Lanz meldet sich zu Wort: "Es muss möglich sein, kritische Fragen zu stellen"
Es gab in dieser Medienwoche zwei Themen, an denen zumindest im Internet niemand vorbei kam. Erstens, wenig überraschend, der Dschungel. Zweitens, das war doch sehr erstaunlich, haben mittlerweile mehr als 170.000 User dem ZDF per Online-Petition mitgeteilt, dass Markus Lanz in ihren Augen keinen guten Job macht und sie in Zukunft auf seine Bildschirmpräsenz verzichten könnten. Inzwischen haben sich die Hauptbeteiligten zur anhaltenden Diskussion um Lanz geäußert, darunter auch der Betroffene selbst. Im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL zeigt sich Lanz ansatzweise einsichtig. Aber wirklich nur ansatzweise: "Allein durch die Konstellation - also, eine Frau gegen zwei Männer - entstand zwangsläufig der Eindruck: Das ist jetzt unfair. Weil aber Frau Wagenknecht jemand ist, der sich sehr kraftvoll wehren kann und das auch tat, habe ich das in diesem Moment nicht so eingeschätzt. Mein Fehler. Daraus lerne ich, glaube aber auch, dass Meinung und Haltung in einer Sendung, die den eigenen Namen trägt, wichtig ist." Hinsichtlich seines Gesprächsstils sagt Lanz: "Es muss möglich sein, kritische Fragen zu stellen." Seine Fragen an Sahra Wagenknecht seien legitim gewesen. Mit der Politikerin habe er inzwischen ein persönliches Telefonat geführt. So wird der geneigte ZDF-Zuschauer Lanz wohl auch in Zukunft in der vielgescholtenen Rolle des quasi-investigativen Polittalkers erleben: "Wer die Sendung hin und wieder einschaltet, der weiß, dass politische Gespräche längst ein fester Bestandteil sind. Und, ja, wir sind auch ein Meinungstalk. Politiker sind sehr häufig unsere Gäste, und ich schätze die Debatte mit ihnen. Und ich glaube, das gilt auch umgekehrt", so Lanz gegenüber DWDL. Unterdessen hat sich ZDF-Programchef Norbert Himmler hinter Lanz gestellt. Das Gespräch mit Wagenknecht sei nicht optimal gelaufen, aber Lanz habe zuvor "in mehr als 500 Sendungen einen hervorragenden Job gemacht", so Himmler im Spiegel-Interview. "Dann geht es einmal nicht gut, und das sorgt dann für eine Riesenwelle. Das ist unverhältnismäßig." Himmler bestreitet, dass die Parteizugehörigkeit der Politikerin eine Rolle gespielt haben könnte. Zur 54-jährigen Betriebswirtin Maren Müller, der Initiatorin der Petition, wird Himmler keinen Kontakt aufnehmen: "Ich frage mich schon, wo die Maßstäbe bleiben. Alle berichten darüber, wenn Tausende klicken. Auf der anderen Seite haben gestern aber wieder zwei Millionen 'Markus Lanz' geschaut. Ich stehe fest zu Markus Lanz, und die Zuschauer offenbar auch." Maren Müller betonte in einem Interview mit dem Tagesspiegel, dass sie nicht alles ablehnt, was den Lanz-Stempel trägt. Lanz habe zum Beispiel gute Reisereportagen gemacht. Ihr gehe es lediglich um seine Art und Weise, mit Gästen umzugehen: "Ich kenne keinen anderen Moderator, der mit seinen Gästen so umspringt. Und, wohlgemerkt, nicht mit allen Gästen, sondern nur mit bestimmten." Vom ZDF erwartet sie eine Auseinandersetzung mit der Flut an Beschwerden über Lanz, die sich mittlerweile in den Kommentaren zur Petition angesammelt haben. Müller: "Die Sender haben doch ein Beschwerdemanagement, Personal Coaches oder so. Irgendwie müssen sie doch reagieren." Danach sieht es allerdings nicht aus. Im Tagesspiegel äußerte sich auch der Medienforscher Bernhard Pörksen, der Lanz lediglich als Symbolfigur für den Protest gegen den Zustand des öffentlich-rechtlichen Fernsehens sieht: "Er steht für ein Flachland-Entertainment, das man eher bei den Privaten erwarten würde und nicht bezahlen will." Zugleich sei der Unmut aber auch ein Ausdruck von Medienverdrossenheit: "Mit einem derart schlecht geschauspielerten Politik-Interesse, einem so fröhlich-kenntnisfreien Fragestil und einer so offensichtlichen Gier nach Aufmerksamkeit möchte man sich nicht konfrontiert sehen." Staunenswert emotional wird die Anti-Lanz-Petition in den Medien kommentiert. Lanz, vom Spiegel schon als "Christian Wulff des Showgeschäfts" betitelt, wird im Rahmen der Debatte vielerorts nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst. Die Unterzeichner der Petition allerdings auch nicht. Vom Pöbel im Internet, der sich wieder mal zur digitalen Jagd zusammenrottet, war sogar die Rede. Jedoch hat keiner jener Medienvertreter eine Antwort zur entscheidenen Frage beigesteuert: Wie sollen sich die Gebührenzahler denn eigentlich sonst wehren? Wie können sie Einfluss darauf nehmen, dass ihr Geld nicht weiter für zunehmend seichtere Programminhalte verschleudert wird? Wie können sie drei bis vier Lanz-Sendungen pro Woche (!) unterbinden, um wenigstens im Spätprogramm Raum für anspruchsvollere Formate freizuräumen? Es wird wohl niemand glauben, dass sich auch nur eine Handvoll Zuschauer durch die mit Politikern und sonstigen Erfüllungsgehilfen vollgestopften Aufsichtsgremien von ARD und ZDF angemessen vertreten fühlt. 24.01.2014 - Michael Brandes/wunschliste.de Bild: ZDF / Cornelia Lehmann [www.wunschliste.de] In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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