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Re: Der goldene Kompass
So, dann werd ich mal meinen Ehrensenf zum Besten geben: Ich war heute im Kino. Wo fange ich an? Also ich habe die Bücher auch alle gelesen, vor nicht allzu langer Zeit. Damals wußte ich noch nicht, dass ein Kinofilm daraus werden würde, aber Daniel Kehlmann hat die Bücher im Cicero (!) so herrlich angepriesen. Ich fand sie eigentlich recht gut, d.h. leicht lesbar, spannend und dennoch tiefgründig auf ihre Weise. Aber nun zum Film: Nicole Kidman sieht einfach toll aus, wie sie "lächelnd auf dem Sofa [sitzt] und ihr Seelenäffchen [streichelt]." Sorry, diesen Satz musste ich jetzt von Spiegel Online klauen. Weiter: Dieses Mädchen, man mag sie für die neue Dakota Fennings halten oder nicht, spielt eigentlich auch recht nett, Daniel Craig guckt aus seinen blauen Augen und die CGI-Tierchen sind goldig. Also für den Schauwert ist gesorgt. Nur der Inhalt? Ich fands recht ... naja, holterdipolter. Da sind wir in der einen Minute noch im Jordan-Colleg, dann flugs in Ms. Coulters Appartement, dann schwups auf dem Gypther-Boot, und hoppla, schon im Norden. Und alles wirkt so lieblos aneinandergeklatscht. Hätte ich die Bücher nicht gelesen, ich wüßte nicht, was die Figuren motiviert, so zu handeln, wie sie es tun. Der Aspekt der Kirche wurde auf weniges zurückgestutz, dafür wird die ganze Zeit vom Staub erzählt, ohne dass der Nichtleser eine Ahnung davon bekommen könnte. Ich weiß, das Medium Film gehorcht anderen Regeln als ein Buch, aber im diesem Film erscheint das wieder wie folgt: Lyra ist im Norden in Not und nanu, da ist ja der Eisbär. Lyra ist seit zwei Minuten im geheimen Labor des Magisteriums und nanu, schon ist die Coulter da. Was ich sagen will: der Film hält sich schon an das Buch, nur verknappt und verkürzt er an allen möglichen Stellen, so dass der Zuschauer sich ständig fragt, warum das jetzt so oder so ist. Oder er freut sich halt über die albernen Zufälle, die aber durch die Geschichte des Buches erklärt werden. Und dann das Ende. Anders als im Buch, sehr viel offener. Und ich frage mich die ganze Zeit: Wollen die Billy etwa zum Will im zweiten Teil machen? Mir kam es jedenfalls so vor. Fazit? Kann man sich angucken. Wenn man die Bücher mag (so wie ich), dann ist es sicher nett, einmal "seine Helden" auf der großen Leinwand zu sehen. Für Nichtleser wird es meiner Meinung nach problematisch. Die würden den Film eventuell unstrukturiert und nichtssagend finden. Das hat er zwar auch nicht so ganz verdient, aber verübeln kann man es ihnen nicht. Auf einer Skala von 1 bis 10 würde ich ihm eine 6 geben, die aber eher zur 5 tendiert. Vielleicht bügelt der zweite Teil, falls es ihn denn geben soll, die Schwächen und Lücken des ersten aus. Nun denn, guten Abend noch.
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