Viele nachwachsende Zuschauer scheinen nichts dabei zu finden, dass ihre Filme aussehen wie das Intro zu einem Computerspiel. Mich stört genau dies: Man SIEHT einfach einem Computertrick an, woher er stammt - aus dem Rechner. Das kann zu einer Art Antiklimax führen, weil man sich nicht um Darsteller sorgt. Angeblich hat man bei Spiderman 2 wieder mehr mit Tobey on the Rope gedreht, damit nicht jedes Mal zwischen den Dialogen eine Art Zeichentricksequenz beginnt, wenn Spiderman sich durch die Häuserschluchten schwingt.

Diese Sorge kann ich nachvollziehen: Ich find es nur noch langweilig, wenn Helden in irgendwelche Explosionen montiert werden, nur damit die Kamera unmögliche Positionen einnehmen kann. Aus ähnlichen Gründen kam es übrigens auch nicht auf breiter Front zu den virtuellen Studios, die vor knapp 10 Jahren in allen Sendern als die Zukunft des Mediums gefeiert wurden. Keine Bühnenaufbauten mehr, alles aus dem Rechner - schöne neue Welt! Leider sah das dann so kacke aus, dass man schnell wieder aus der Bluebox ins normale Studio zog.

Und Jurassic Park wirkte auch nur so "echt", weil dort clever Zeichentrick und Animatronics kombiniert wurden...

Sorgen macht mir vor allem, dass da keine Kameraleute mehr sind, die sorgfältig eine Szene einrichten und mit Licht und Schatten kunstvoll Akzente setzen und Stimmungen hervorrufen. In ein paar Jahren kann das vielleicht keiner mehr, weil die Pixelschieber das Ruder übernommen haben und normale Kameraarbeit gar nicht mehr unterrichtet wird.

Wütend macht mich, dass ohne Scham sogar Klassiker vefremdet werden und ich anscheinend meinen Lieblings-SW-Film "Empire" niemals so auf DVD werde kaufen können, wie er damals im Kino gelaufen ist. Eigentlich ein Skandal!

Interessant ist auch, dass die digitale Bildbearbeitung jetzt schon dazu führt, dass es nicht mehr nur einen Film gibt, sondern verschiedene Versionen. Es gab neulich einen spannenden Artikel in der amerikanischen Premiere, der etwas überspitzt formulierte: Kein regisseur kann mehr sicher sein, dass das Studio nicht drei oder vier Leute im Verborgenen hält, die an ihren Versionen des Filmes schnipseln. Und demnächst wird jeder Star mit dem Tagesmaterial über Nacht auf seinem Laptop SEINE Version schneiden und sie dem Regisseur am anderen Morgen unter die Nase reiben. Mit Final Cut und anderen Programmen längst kein Problem mehr ...

Wenn ich es richtig verstanden habe, so praktiziert Tarantino bereits nichts anderes, wenn er verschiedene Versionen für unterschiedliche Märkte auf den Markt bringt, z.B. für den asiatischen, der (seines Erachtens) viel mehr Gewalt ab kann.

Irgendwann gibt man am DVD-Player seine Präferenzen ein und jeder bekommt seine eigene Version: Vati "Kill Bill", Mutti "Cook Bill" und der Sohnemann "Play Bill". Und in Casablance baut George Lucas noch ein paar rasante Actionszenen über den Einmarsch der Deutschen ein, in denen sich Bogart durch die Pariser Gassen schwingt.

Wobei noch zu erwähnen wäre, dass Hollywood nichts lieber wäre, als den größten und teuersten Störfaktor digital ersetzen zu können: Die zickigen Stars! Und wenn ich mich so umschaue, dann sind sie bereits auf dem besten Wege dorthin...