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Re: tiramisusi offline
Apro po Beleidigungen: Mein Exchef hatte auch immer Beleidigungen drauf. Schon nach kurzer Zeit nannte er mich großer weißer Vogel und erklärte mir, dass könne blöde Gans oder aber auch schöner Schwan heissen. Ich war schockiert und hatte (damals leider - heute sag ich zum Glück) keine Möglichkeit, ihn einfach rausschmeissen zu lassen. Denn ich lernte mich durch diese Herausforderung erst zu wehren, dann zu schützen (so halbwegs). Als erstes legte ich mir ein Buch zu: "die etwas intelligentere Art, sich gegen dumme Sprüche zu wehren" Das war schonmal nicht schlecht (wertvolle Tipps, die ich zum Teil noch heute anwende). Dann aber, als ich damit auch nicht wirklich weiterkam, da es mich immer noch verletzte, dass er mich verbal an die Wand schmeissen wollte (oder zum Fenster raus), versuchte ich mich in die psyche dieses Menschen zu versetzen. Es wurde mir klar, dass hier kein Erwachsener redet sondern ein kleiner entäuschter Junge in ihm. Er war einfach nur wütend und hat nicht gelernt, seine Wut verbal zu erklären. Ich fragte ihn also: Warum wollen sie mich an die Wand klatschen, welches meiner Verhalten macht sie so wütend ? Er fing dann an zu erklären und danach war die Sache dann gegessen. Trotzdem merkte ich, dass ich mit seinen verbalen Attacken immer noch nicht zurechtkam und sie mich weiterhin verletzten. Ich forschte weiter und fand heraus, dass auch meine Eltern mit meinen Wutanfällen nie klarkamen. Ich durfte als Kind nicht wütend werden, dass war verboten. Sagte ich zu ihnen Arschloch, war das schon ein schweres Verbrechen. Sie haben sich nie dafür interessiert, WARUM sie Arschlöcher waren. Sie nahmen nicht mal an, dass es nur einen Grund geben könne, auf sie wütend zu sein. Heute weiß ich, dass Arschloch bedeutete: Du bist nicht Vatergerecht (oder Muttergerecht). So wie du dich gerade verhältst, so darf kein Vater sein. Du füllst deine Rolle als Vater nicht aus, du versagst gerade und ich brauche dich aber als Vater und darüber bin ich schrecklich wütend. Meine Eltern haben es ihr ganzes Leben versäumt, meine Schimpfwörter zur Sprache zu bringen, meine ablehndende Haltung als einen Hinweis für ihre Versäumnisse zu bemerken und verstehen zu wollen um ihr Verhalten zu korrigieren - zu meinem UND zu ihrem Besten. Ich weiß heute, dass wenn der andere mich beschimpft, er mir die Rolle des Vaters oder der Mutter zuschreiben will. Dass auch dieser so eine beschissene Kindheit gehabt haben muß wie ich. Natürlich ist es falsch, den anderen zu beschimpfen, aber auch nur aus einem Grund, der andere der den Vater oder den Mutterersatz spielen soll, wird ihn genauso schlecht spielen wie die damaligen Eltern auch. Der Ruf nach Erlösung, der Ruf nach jemandem der verständnisvoll und einfühlsam auf meine Wut reagiert wird verhallen wie meine ganze Kindheit auch. Der Beschimpfte wird genauso verletzt reagieren wie meine Eltern auch. Trotzdem gibt man die Hoffnung nicht auf und versucht es immer wieder. So ist das Unterbewusste halt. Ich für meinen Teil wünsche mir, dass meine distanzierte Sicht zum anderen eines Tages so gefestigt ist und mein Selbstwertgefühl so gestärkt, dass mich Beschimpfungen nicht mehr treffen können, weil ich weiß wer ich bin und gewiss bin dass der andere sich irrt und es nicht mehr nötig habe, dass alle gut über mich denken und mich alle mögen und der andere mich hassen darf.
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