Bei dieser Beweislage war es gar nicht anders möglich, als den Angeklagten freizusprechen. Und es ist meiner Meinung auch gut so, dass gewisse Rechtsgrundlagen über persönlichen Empfindungen stehen. Natürlich habe ich mir auch so meine Gedanken gemacht, vor allem das Blut an der Jacke hat für mich nach wie vor einen ganz negativen Beigeschmack, denn egal, wer es nun war - jeder aus dieser zweifelhaften Gruppe weiß ganz genau, wer den tödlichen Schlag bzw. die Schläge abgegeben hat. Und da komme ich zu dem Punkt, an dem ich ganz klar sage, dass eine sehr große Mitschuld an dem Urteil die Zeugen bzw. Nicht-Zeugen haben. Aber leider geht in solchen "Gruppen" auch sehr viel mit Bedrohung und Einschüchterung einher und gerade Mitläufer kann man damit immer gut in Schach halten. Und diese Mitläufer, deren Selbstbewusstsein wahrscheinlich nicht sonderlich groß ist, werden aus Angst um das eigene Leben und auch wegen falschem Respekt gegenüber diesen Leuten, die sie fälschlicherweise für ihre Freunde halten, einen Teufel tun, nur einen Ton zu sagen. So hat sich das Leben in den Cliquen solcher Widerlinge schon vor Jahrzehnten abgespielt und so wird es auch immer bleiben - leider.

Bei dem Angeklagten ist mir zudem ganz sauer aufgestoßen, dass er gegen Ende, als die Plädoyers immer näher rückten, plötzlich sein Schweigen gebrochen hat und über eine angeblich schwere Kindheit und angeblichen Schlägen durch den Vater berichtet hat. Schon sehr seltsam, dass er sich damit so lange Zeit gelassen hat, es riecht in diesen Fällen immer verdächtig nach einem Versuch, auf die Tränendrüse zu drücken.

Aber es ist jetzt vorbei, den Jungen macht nichts mehr lebendig und der bzw. die Täter müssen damit leben, das Leben einer Familie zerstört zu haben. Und sie wussten, dass das Opfer an diesen Verletzungen sterben kann, denn dass Tritte oder Schläge gegen den Kopf zum Tod führen können, hat jeder Mensch ab einem gewissen Alter zu wissen. Und es war ihnen völlig egal, da ein Menschenleben für sie wahrscheinlich nicht viel bzw. überhaupt nichts zählt.