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Re: Das Jahrhunderthaus
mir fallen auch noch viele Berufe und Geschäfte aus den 50ern ein, die es so heute überhaupt nicht mehr gibt ....wir wohnten damals in Eutin auf der Jahnhöhe. Mein Vater leitete dort ein Lehrlingsheim des Jugendaufbauwerks, in dem auch viele Flüchtlinge nach dem Ungarnaufstand landeten. Wir hatten einen Schäferhund und Muttern schickte meine grosse Schwester und mich mit dem Hund los zum Vossplatz, da gab es ein Molkereigeschäft - da gab es den losen Quark noch zu kaufen, der in doppeltem Butterbrotpapier eingewickelt wurde ..auch die Butter wurde klumpenweise verkauft und die Milch in der mitgebrachten Milchkanne abgefüllt. Den süsslich-frischen Duft habe ich noch heute in der Nase und wahrscheinlich sind es diese Erinnerungen, die Milch noch heute zu meinem Lieblingsgetränk macht :-)
Meine Schwester war immer genervt, wenn sie mit mir losdackeln musste --- die 2lg Quark gut verpackt im Papier trug sie im Einkaufsnetz, mich hatte sie an der Hand und ich durfte die Milchkanne tragen ... sie quatsche auf dem heimweg mit zwei Freundinnen und plötzlich zog sie das Netz nach vorne und ...tataa...da hatte der Hund schon ein paar Mal hineingehappst und die Hälfte herausgezutztelt :-)) Ja und ich wars Schuld, weil ich nicht aufgepasst habe .. Auf der Strasse gab es auch noch eine Holzbaracke "Otto Gutschien - Kolonialwaren" und wie hab ich den Laden geliebt .. besonders die Seite mit den Bonbongläsern ...und all die bunten Verpackungen exotischer Waren oder die Zigarettenschachteln aus Metall .. eine habe ich noch .. "Senoussi" ..benannt ausgerechnet nach jenem Nomadevolk, dem das Rauchen seit jeher verboten war und ist ... Produktnamenerfinder hatten es damals schon drauf :-) Dann gab es da ein Fuhrunternehmer, der kurze Fahrten noch mit Pferdegespann fuhr .. mit denen sei der aus Ostpreussen geflohene Chef damals übers Eis des Haffs bis nach Holstein gekommen, hiess es ... Nebenan ein Huf- und Wagenschmied .. oh ich liebe den Geruch von gebranntem Horn noch heute, wenn das heisse Eisen auf denHuf gedrückt wird ... Einmal in der Woche kam ein Gemüsehändler mit seinem dreirädrigen Lieferwagen den Berg rauf und lieferte der Heimküche Ware an ... ha und ich bekam manchmal einen Apfel und einmal ne Banane geschenkt. Roll. Scherenschleifer .. haben die meisten unter 40 wahrscheinlich auch noch nie gesehen :-) Auch der kam regelmässig hinten zur grossen Heimküche und baute seine Apparatur auf, die er im Bollrwagen hinter sich her zog. Er scherzte dann gerne mit den Mädels aus der Küche und ich hab nieee verstanden, warum ich da nicht zuhören durfte ... wo die doch immer alle so laut loslachten und quietschten ... aber ich denke, heute hätte so ein Scherenschleifer wieder einen lohnenswerten Job..wer kann schon Messer richtig schleifen und Scheren? Richtige Schusterwerkstätten gab es ... eine kleine Bonbonfabrik , da roch es immer nach Anis und Lakritze - und der herrliche kleine Fischladen am Markt, gleich um die Ecke wo die Kirche mit dem schiefen Turm steht .. Am Marktpatz gab es noch eine Reparaturwerkstätte für egenschirme und ein Strumpfgeschäft mit eigener Werkstatt zur Laufmaschenaufnahme und Reparatur .. heut eweiss ich nicht mal, ob die Strümpfe noch Laufmaschen bekommen :-) Ne kleine Tüte Salmis oder ein Salino kosteten 5 Pfennig, für 20 Pfennig gab es tolle Kuchenreste beim Bäcker, ne ganze grosse Tüte voll und zuhause machten wir unsere Brause selbst .. mit Natron, Zucker, kaltem Wasser und Zitronensaft oder Apfelessig .. richtig tolle Kohlensäure .. und anschliessend haben wir mit Vadder um die Wette gerülpst und meine arme Mama verdrehte die Augen... In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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