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Re: Schlecker hat Insolvenz angemeldet!
Ich habe noch schöne Kindheitserinnerungen an die Drogerie an meinem Ort. Das war ein sehr altes Ladengeschäft, mit einer schweren, pompösen Theke. Boden und Mobiliär wirkten sehr dunkel, aber keinesfalls erdrückend. Erdrückender war eher das Inventar. Der Laden war wirklich zum Bersten voll mit allen nur denkbaren Dingen, die ein Drogerist anboten kann, plus einiger Helferlein und Putzmittel für den Haushalt, die so rudimentär sind, dass man sie heute suchen muss.
Hinter der Theke stand ein freundlicher älterer Herr im Kittel, Hornbrille, Pomade im Haar und Fliege tragend, der einem nun wirklich zu jedem Thema, das sein Metier betraf, umfassend beraten konnte, ohne Wenn und Aber, und ohne dass einem Dinge angeboten wurden, die nur ihm einen Vorteil versprachen. Deshalb hatten die Leute jedenfalls zu diesem Mann in vielen Fragen mehr Vertrauen als zu manchem Arzt oder Apotheker. Es muss irgendwann in den frühen 80ern gewesen sein, als diese Drogerie dann schloß, weil es gesundheitlich bei dem Drogeristen nicht mehr ging und kein Nachfolger in Sicht war. Bis dahin war der Mann eine Institution am Ort. Auf mich als Kind wirkte der Laden damals altertümlich und unmodern. Andere Drogerien waren natürlich schicker und moderner, weshalb der Mann bestimmt auch in den letzten Jahren eine kleine Flaute mit seinem Laden erlebt haben musste. Wenn es aber wirklich um die Sache, um Beratung, um handfeste Dinge ging, dann war dieser Drogerist der 'Go-To-Guy'. Als Jugendlicher hatte ich diesen Laden kaum vermisst. Heute, im Erwachsenalter, bedauere ich es zutiefst, dass es solchen Läden nicht mehr gibt. Manchmal fühle ich mich geradezu priviligiert, noch kennengelernt zu haben, wie das früher lief und in vieler Hinsicht zwar nicht so schick und modern, aber trotzdem besser war. Eine Anekdote, die ich von meinen Eltern einmal erzählt bekommen hatte, war, dass es in dieser Drogerie natürlich auch Kondome gab. Die bekam man ganz dezent in einer Fototüte über die Ladentheke geschoben. Heute gehen wir damit natürlich deutlich offener und pragmatischer um. Dennoch würde ich meine Kondome sehr wahrscheinlich in diesem Laden kaufen, nicht im Supermarkt. Nicht, weil es mir peinlich wäre, sondern weil ich dieser Art der Diskretion und Dienst am Kunden heute kaum finden dürfte. Im Übrigen benutze ich heute noch ein Produkt, das man ohne diese Drogerie wahrscheinlich niemals kennengelernt hätte. Die ganze Welt schwört auf Penaten, Bébé und Nivea, bei uns schwört man auf 'Palliativ-Creme' aus Köln-Nippes. Meine Mutter hatte es mir schon als Baby auf den Hintern geschmiert, und ich benutze die Creme heute selbst bei Hautirritationen aller Art. So etwas muss man sich dann in der Apotheke bestellen, aber da solche Firmen kaum ihr Produkt bewerben, muss man schon gezielt danach suchen. Man kann nur schwer gegen die Zeichen der Zeit ankämpfen, aber ich würde sie mir mehr wünschen, diese privat geführten kleinen Geschäfte. Sie sind mir deutlich sympathischer als diese austauschbaren Ketten, die man an jeder Ecke findet. Wo ich noch solche Läden vorfinde, honoriere ich das auch, indem ich dort einkaufe. Es gibt ja durchaus Sachen, die ich des Preis wegen im Internet kaufe, aber wo es sich anbietet, kaufe ich dann doch lieber vor Ort. Je nach Branche muss das auch nicht zwingend teurer sein. Ich habe mir jüngst noch einen Rasierer in einem alteingesessenen Haushaltswarengeschäft gekauft und bin damit am Ende günstiger gefahren, als bei den Angeboten im Netz. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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