Für eine Dokumentation hat die Regisseurin Saskia Walker im Archiv alte DDR-Fernsehformate aufgespürt, die der Schriftsteller Uwe Johnson (1934 - 1984) im Jahr 1964 für den Westberliner "Tagesspiegel" rezensierte. In "Uwe Johnson sieht fern" sind am Tag der Deutschen Einheit um 23.00 Uhr im NDR Ausschnitte aus
"Die aktuelle Kamera", "Prisma" und
"Der schwarze Kanal" zu sehen.
Johnson, der 1959 aus Mecklenburg nach Westberlin gegangen war und dort den Mauerbau 1961 miterlebte, hat 1964 insgesamt 99 Rezensionen über Sendungen des damaligen Deutschen Fernsehfunks für den "Tagesspiegel" geschrieben. Die Zeitung lieh dem Schrifttsteller dafür ein Fernsehgerät, und das TV-Material wurde mit einer 16-Millimeter-Kamera vom Bildschirm abgefilmt.
Gefiltert durch Uwe Johnsons Kommentare sind in der Dokumentation Ausschnitte aus einer Ausgabe der "Aktuellen Kamera" zu sehen, in der Rückkehrer aus dem Westen als neue DDR-Bürger hofiert werden. "Prisma" fragt nach mehr Kundenfreundlichkeit im Kaufhaus, eine Zeitungsente feiert einen Beatles-Film, und ein Dokumentarfilm erkundet den Nutzen der Mauer.
In "Hamburg-Rostock anno 64" wird die Zukunft Deutschlands zwischen NATO und Warschauer Pakt erfragt, eine perfide Staatsinszenierung instrumentalisiert den Tod des Unteroffiziers Egon Schulz, und die Frankfurter Auschwitzprozesse werden nachinszeniert. Im "Schwarzen Kanal" kehrt Karl Eduard von Schnitzler zurück, und am Ende von "Uwe Johnson sieht fern" streut
"Unser Sandmännchen" Sand in die Augen.
02.10.2006 - Jutta Zniva/Quelle: ndr.de, Yahoo! Nachrichten/ddp