Lieber D. Fostar,
ich schätze es sehr, dass Du über diese sehr wichtige Angelegenheit nachdenkst und sogar Artikel recherchierst. Wenn auch nur solche, die deine Ansichten stützen, was wiederum aus deiner Postion heraus verständlich ist.
Meine Meinung habe ich über Jahre gebildet, noch vor 10 Jahren hätte ich es ebenfalls für unnötig befunden, etwas an der Sprache zu ändern. Heute bin ich der Meinung, dass Gleichberechtigung auf allen Ebenen muss, auch in der Sprache. Mir ist durchaus bewusst, dass es in manchen Fällen holprig oder gar unästhetisch wirkt, das Binnen-I zu verwenden. Dennoch finde ich, dass man die wichtige Sache darüber stellen sollte. Ausserdem bin ich überzeugt davon, dass wir uns nur gewöhnen müssen an die Neuerungen, bis sie selbstverstänlich werden. Für manche Begriffe müssen angemessene Lösungen gefunden werden. Um auf deine "Bürgerversammlung" zurückzukommen: man könnte z.B. "Versammlung der Bürger und Bürgerinnen" verwenden. Nur weil es schwierig sein mag, sollte man nicht vorzeitig aufgeben. Ich kapituliere nicht.
Besonders störend ist die Behauptung, dass mit der männlichen Form die weibliche schon mitgemeint ist, weil damit ganz simpel ausgedrückt die Frau dem Mann untergeordnet wird. Aus sprachwissenschaftlicher Sicht mag Brühlmeier richtig argumentieren. Die wenigsten Menschen (die Sprache praktisch anwenden) sind jedoch SprachwissenschaftlerInnen. Zudem gibt es ja noch andere Positionen, aus denen heraus argumentiert werden kann. SozialwissenschaftlerInnen werden beispielsweise einen anderen Standpunkt vertreten.
Was mich stört ist, dass behauptet wird Gleichberechtigung und Emanzipation beträfe nur die Frauen. Das ist grundsätzlich falsch. Männer und Frauen sollten sich beide emanzipieren von Geschlechtersterotypen, um sich als individuelle Persönlichkeit entfalten zu können. Alle können so mehr Zufriedenheit erlangen. Die Forderung nach der Gleichberechtigung in der Sprache kommt deshalb von Männern UND Frauen. Mich stört es, wenn hier schon wieder ein Geschlechterstreit angedichtet wird, einen solchen möchte ich nicht und ich unterstütze ihn auch nicht.
Gruss
Erdbeere