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Böhmermanns Schmähgedicht: Satiriker scheitert vor Bundesverfassungsgericht
Eine juristische Odyssee ist zu ihrem Ende gekommen. Mittlerweile ist es fast sechs Jahre her, seit Jan Böhmermann in der "Neo Magazin Royale"-Ausgabe vom 31. März 2016 das berühmt-berüchtigte Schmähgedicht über Recep Tayyip Erdogan vorgetragen hat, in welchem er dem türkischen Staatschef in drastischen Worten, aber erkennbar satirischer Form unter anderem Sodomie unterstellte. Dem Gedicht stellte Böhmermann voran, dass es sich hierbei um unzulässige Schmähkritik handle, mit dem er die juristischen Grenzen der Meinungsfreiheit aufzeigen wollte. Jahrelang beschäftigte dieser Fall die Gerichte. In letzter Instanz scheiterte der Satiriker nun jedoch vor dem Bundesverfassungsgericht. Ohne eine detaillierte Begründung zu geben, wies das BVerfG in Karlsruhe die Verassungsbeschwerde von Böhmermann ab. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, heißt es in dem Beschluss des Gerichts vom 26. Januar, der heute veröffentlicht wurde. Bereits 2017 und 2018 hatten das Landgericht Hamburg und das Hanseatische Oberlandesgericht entschieden, dass weite Teile von Böhmermanns Schmähgedicht über Erdogan verboten werden und nicht mehr veröffentlicht werden dürfen. Damit gab das Gericht der Klage Erdogans teilweise Recht. Er müsse die strittigen Passagen nicht hinnehmen, weil sie sein allgemeines Persönlichkeitsrecht im Kernbereich berührten. Dem türkischen Präsidenten war dies allerdings nicht genug: Er legte Berufung ein, weil er erzielen wollte, dass das komplette Gedicht verboten wird. Böhmermann legte seinerseits ebenfalls Berufung ein - mit dem Ziel, dass das gesamte Schmähgedicht weiter verbreitet werden darf, da es unter die vom Grundgesetz geschützte Meinungs- und Kunstfreiheit falle. Nachdem Böhmermanns Beschwerde bereits 2019 vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen wurde, zog er vor das Bundesverfassungsgericht, das nun jedoch ebenfalls nicht zu seinen Gunsten entschied. Damit dürfte das letzte Kapitel dieses langjährigen Rechtsstreits erreicht worden sein. Die betreffende Ausgabe des "Neo Magazin Royale" zog eine weitreichende Debatte nach sich, unter anderem da Erdogan neben der zivilrechtlichen Klage auch nach einer strafrechtlichen Verfolgung nach §103 StGB wegen der Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts verlangte. Dieser Strafverfolung stimmte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel zu, was für große Empörung sorgte und eine Debatte über Satirefreiheit in Deutschland auslöste. Die Mainzer Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen den ZDF-Moderator im Oktober 2016 eingestellt, da "strafbare Handlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen" waren. Merkel und weitere Politiker setzten sich danach für eine Abschaffung des "Majestätsbeleidigungs"-Paragrafen ein, der zum 1. Januar 2018 schließlich gestrichen wurde. 10.02.2022 - Glenn Riedmeier/TV Wunschliste Bild: ZDF/Ben Knabe [www.wunschliste.de]
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