|
Behörden im Tiefschlaf: Keine Bußgelder für 9live & Co.
Weil die deutsche Medienaufsicht wiederholt Fristen versäumt hat, können gegen mehrere Fernsehsender verhängte Bußgelder nicht mehr einkassiert werden. Dem Call-In-Sender 9live bleibt die Zahlung von 115.000 Euro erspart. Die "Funkkorrespondenz", die die Vorgänge recherchiert hat, spricht von "Schlampereien" bei den Kontrollbehörden. Seit 2009 verhängt die Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedienanstalten (ZAK) Bußgelder gegen TV-Sender, die gegen die Vorschriften der neuen Gewinnspielsatzung verstoßen haben. Bis Anfang August wurden Bußgelder in Höhe von 645.000 Euro gegen insgesamt sieben Sender verhängt (davon allein 358.000 Euro gegen 9live). Bestraft werden unter anderem der verbotene Aufbau von Zeitdruck und irreführende Angaben zu den Einwahlchancen oder zum Schwierigkeitsgrad eines Rätsels. Nur: Gezahlt hat bislang fast niemand. 9live beispielsweise setzt sich derzeit juristisch gegen die neue Gewinnspielsatzung zur Wehr. Folgender Prozess wird in Gang gesetzt: Die von der ZAK verhängten Bußgelder müssen von der für 9live zuständigen Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) eingefordert werden. Insgesamt 28 Bußgeld-Bescheide wurden an 9live zugestellt, in allen Fällen wurde Einspruch eingelegt. Weist die BLM einen Einspruch zurück, kommt der Fall vor ein Amtsgericht. Dort kann die Höhe eines Bußgeldes geändert werden oder auch ein Freispruch erfolgen. Dank freundlicher Unterstützung der BLM muss 9live in fünf Fällen, in denen es um Bußgelder in Gesamthöhe von 115.000 Euro geht, nun gar nichts zahlen. Die Verfahren wurden wegen Verjährung eingestellt. "Die Verjährung kam dadurch zustande, dass durch ein äußerst bedauerliches Büroversehen während der Urlaubszeit die fünf Fälle in der BLM liegengeblieben sind und es so versäumt wurde, die Bescheide der Staatsanwaltschaft fristgerecht zuzustellen", gestand die BLM gegenüber "Funkkorrespondenz" ein. Da der Anwalt der Gegenseite "nach Akteneinsicht die Verjährung geltend gemacht" hatte, kann 9live nicht mehr belangt werden. Leider kein Einzelfall: Geschlafen wurde auch bei zwei Bußgeldverfahren, die sich gegen den Sender Sport1 (DSF) richten. Kurioserweise reicht die BLM den schwarzen Peter an den Sportkanal weiter: "Im zweiten Fall kam keine Einspruchsbegründung. Im Warten auf die Einspruchsbegründung ist der Fall verjährt." Übersetzt: Anstatt den Einspruch des Senders wegen nicht erfolgter Begründung automatisch abzuweisen, hatte die Behörde also erstmal gemütlich abgewartet, ob sich der Sender nicht vielleicht doch noch eines Tages mal wieder melden würde. Sport1 bleibt somit die Zahlung von 20.000 Euro erspart. Zur Frage, ob nach den peinlichen Vorfällen dienstrechtliche Maßnahmen gegen die in der Verantwortung stehenden Mitarbeiter eingeleitet werden, wollte sich die Behörde nicht äußern. Um ähnliche Fehler in Zukunft zu vermeiden, sei "umgehend eine doppelte Terminkontrolle eingeführt" worden. Geschlafen wurde auch bei der für ProSieben zuständigen Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB). Das wegen zweier "Quizbreak"-Ausgaben vom Juni 2009 verhängte Bußgeld in Höhe von 10.000 Euro fällt ebenfalls einer Verjährung zum Opfer. Die MABB gegenüber "Funkkorrespondenz": "In diesem Fall kam die Weihnachtszeit dazwischen und wir hatten den Fristablauf übersehen, so dass der Bußgeldbescheid zu spät zugestellt wurde. Das ist sehr ärgerlich und bedauerlich. Seitdem beugen wir dem durch eine verbesserte Fristenüberwachung vor." Nur drei Sender haben bis jetzt tatsächlich Bußgelder bezahlt: Dank Super RTL, kabel eins und Das Vierte sind immerhin schon 27.000 Euro auf den Konten der Medienaufsicht eingegangen. 24.08.2010 - Michael Brandes/wunschliste.de Quelle: funkkorrespondenz.de [www.wunschliste.de] In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
|