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Schwarzsehen leicht gemacht
Schwarzsehen leicht gemacht Neues Hacker-Programm bedroht Premiere World - Bis zu einer halben Million Zuschauer sehen illegal Das Münchner Bezahlfernsehen Premiere World kämpft nicht nur gegen seine Gläubiger, sondern immer stärker auch gegen die Schwarzseher. Neben den 2,4 Millionen ehrlichen Abonnenten rechnet der Sender inzwischen mit bis zu einer halben Million weiterer Zuschauer, die sich mit technischen Tricks den Zugang zu Bundesliga-Liveübertragungen und Film-Highlights ergaunern. Nun hat sich der Wettlauf zwischen Piraten und Sender weiter verschärft. Im Internet kursiert seit einigen Tagen eine Software namens Multidec 8.0, mit der sich PC-Besitzer per Mausklick das Premiere-Vergnügen kostenlos erschleichen können. Dabei hat der Abo-Sender schon jetzt ein «Schadenspotenzial zwischen 15 und 20 Prozent» durch Hacker ausgemacht, wie Christian Dressel sagt, Leiter der Rechtsabteilung des Bereichs E-Security bei der KirchGruppe. Auf zahlreichen Foren im Internet und in Zeitungsanzeigen werden Bastelanleitungen und Technik angeboten, mit denen sich der zahlungsunwillige Premiere-Gucker eigene Schlüssel verschaffen kann. Eine solche Piraten-Karte, in den entsprechenden Schlitz der d-box gesteckt, ist wie ein Generalschlüssel zum kompletten Premiere-Angebot. Ein Grund dafür, dass der Sender immer wieder die Schlüssel-Codes für sein Programm ändert. Wirklich nachhaltig sind solche Aktionen allerdings nicht, denn die neuen Codes stehen in der Regel schon vor ihrer Aktivierung auf entsprechenden Seiten des Internets. Noch viel einfacher als die Kartenfälscherei allerdings scheint die neue Piraten-Software zu funktionieren. Ihr genügt eine handelsübliche PC-Zusatzkarte für den Digital-TV-Empfang. Solche so genannten DVB-Karten (für Digital Video Broadcasting) sind schon für 250 Euro zu haben und machen aus dem Computer einen vollwertigen digitalen Fernsehapparat. Zum Empfang von Pay-Programmen braucht man aber eigentlich auch hier ein Zusatz-Modul sowie eine Schlüssel-Karte des Senders. Die Software Multidec, von einem deutschen Hacker mit dem Pseudonym Espresso entwickelt, macht freilich solche Investitionen überflüssig. Um eine weitere Hacker-Software ergänzt, kann das Programm nicht nur Premiere, sondern auch andere europäische Pay-Programme entschlüsseln. Kein Wunder, dass bei den betroffenen Sendern gegenwärtig geprüft wird, wie man gegen die neue Bedrohung vorgehen kann. Abhilfe könnte ein Gesetz bringen, das der Bundestag gerade in diesen Tagen gegen TV-, Video- und Software-Piraten erlassen hat (siehe Kasten). Wer anderen gehackte Premiere-Karten verkauft, kann dafür künftig sogar hinter Gitter kommen. Andererseits: Wer sie verschenkt, ist vorläufig aus dem Schneider. Multidec aber wird kostenlos verteilt, denn ihm mache vor allem das Programmieren «viel Spaß», gibt Hacker Espresso zu Protokoll. Es sei gerade die «Archillesferse» des neuen Gesetzes, das es sich auf «gewerbsmäßige» Piraten beschränke, klagt Premiere-Jurist Dressel. Dabei sei es dem Unternehmen doch letztlich egal, ob es aus Gewinnsucht oder aus Spaß geschädigt werde. Hilfe könnte noch ein neues Urheberrecht bringen, das die Umgehung von Kopiersperren unter Strafe stellen soll. Darauf allerdings will Premiere nicht warten. Noch in diesem Jahr soll das Verschlüsselungs-Verfahren Betacrypt aufgerüstet werden. Ein Austausch der Decoder-Boxen sei dafür nicht nötig, sagt Dressel. Und schon wird in der Hacker-Szene spekuliert, wie wohl das neue Verfahren zu überlisten sei. Lesen Sie auch: Gesetz gegen Premiere-Piraten Lesen Sie auch: Das große Computer- und Internet-Special der Berliner Morgenpost Thema Film und Fernsehen
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