Heute morgen war in unserer Samstagszeitung ein interessanter Artikel über die Samstagabend-Krisen der ARD. Sorry, ist etwas lang, aber eigentlich ganz lesenswert, denn es wird noch ma ein kurzer Rückblick auf die anderen gescheiterten Sendung gegeben.

Quelle: Neue Westfälische Nr. 108 Samstag/Sonntag, 10./11. Mai 2003


Ohne Unterhaltung

Die "Große Samstagabend-Show" der ARD ist in der Krise
VON TILMANN P. GANGLOFF

Jörg Pilawa, Ulla Kock am Brink, Thomas Elstner: Keiner schafft es, dass Publikum samstags fürs Erste zu begeistern.

Wenn er zu seinem Wort steht, hat Jörg Pilawa am vorigen Samstag die letzte Ausgabe der ARD-Show "Rekordfieber" moderiert. Wenn nicht mindestens 4,5 Millionen einschalten, wolle er aufhören, hatte er vor der Ausgabe der Show angekündigt. Gesehen haben die Rekordjagt nur 3,8 Millionen Menschen. Bis zum Sommer wolle man nun erstmal über die Show nachdenken, heißt es bei den ARD-Offiziellen. Die enttäuschende Quote bestätigt mit frustrierender Deutlichkeit die tiefe Show-Krise des "Ersten". Schon seit geraumer Zeit fällt der ARD nichts ein, um dem ZDF-Flaggschiff "Wetten, dass...?" ein nur annähernd ähnlich erfolgreiches Konzept entgegenzusetzen.
Zuletzt musste Thomas Elstner erkennen, wie hoch die Ansprüche des Fernsehpublikums am Samstagabend sind; der Sohn von Frank Elstner erreichte mit "Was passiert wenn" das Klassenziel nicht-nur der letzte einer ganzen Reihe erfolgloser Versuche. Opfer auf dem "Hochaltar der Fernsehunterhaltung", wie der Samstagabend gern bezeichnet wird, war zuvor Ulla Kock am Brink: Erst wurde ihre "Lotto Show" abgesetzt, dann scheiterte ein neues Format bereits in der Phase der Pilotproduktion und ging gar nicht erst auf Sendung.
Nicht als Erster formuliert Pilawa nun eine Forderung, die der letzte Ausweg aus der Krise zu sein scheint: Eine zentrale Unterhaltungsredaktion der ARD soll her. Schon öfter hat sich ARD-Programmdirektor Günther Struve, der in Personalunion seit zwei Jahren auch die Unterhaltungsindustrie koordiniert, öffentlich darüber mokiert, wie schwer es sei, die Geschmäcker der zehn ARD-Sender unter einen Hut zu bekommen. Andererseits weist Struve unermüdlich daraufin, dass die Unterhaltung im Allgemeinen mit Sendungen wie "Boulevard Bio" oder den Volksmusiksendungen so schlecht nicht da stehe. Quotenbringerin ist regelmäßig auch Sabine Christiansen, deren Talkshow dank der mitunter etwas undurchschaubaren ARD-Arithmetik ebenfalls dem Bereich "Unterhaltung" zugerechnet wird.
Unübersehbar sind die ARD-Schwächen allerdings nicht nur bei den Shows. Auch in Sachen Comedy fällt der Arbeitsgemeinschaft immer wieder bloß der unermüdliche (für manche auch: unerträgliche) Dieter Hallervorden ein. Pilawa bringt es auf den Punkt, wenn er sagt: "Für mich gibt es keine Krise der ARD-Unterhaltung, weil es keine ARD-Unterhaltung gibt."
Natürlich liegt gerade in der pluralistischen Organisation und der daraus resultierenden Vielfalt ein Vorteil der ARD. Andererseits zeigt sich immer wieder, wie wichtig es für die Quote ist, nicht dezentral organisiert zu sein. Das Vorabendprogramm ist das beste Beispiel: Seit diese Zeitschiene zentral von der Programmdirektion in München gestaltet wird, ist die Quote kontinuierlich gestiegen, auch wenn Kritiker einwenden mögen, dass dies auch auf Kosten des Niveaus geschehen sei.
Möglicherweise lässt sich aber die Show-Krise durch eine zentrale Unterhaltungsredaktion, wie sie neben Struve auch der amtierende ARD-Vorsitzende, NDR-Intendant Jobst Plog fordert, nicht beendet; und von heute auf morgen schon gar nicht, Angesichts des jüngsten Desasters aber besteht dringender Handlungsbedarf: "Verstehen Sie Spaß?" ist derzeit das einzige Show-Format der ARD mit akzeptablen Quoten; und auch das erst, seit zur Rettung Frank Elstner an Bord geholt wurde.