Mit "Die Verräter - Vertraue Niemandem!" hat RTL im vergangenen Jahr ein erfrischend anderes Realityformat an den Start gebracht. Die Einschaltquoten im linearen Fernsehen waren nur mittelprächtig, was allerdings auch mit daran gelegen haben dürfte, dass die Folgen mit zweiwöchigem Vorsprung beim Streamingdienst RTL+ veröffentlicht wurden. Dort soll das neue Format wiederum gute Abrufzahlen erzielt haben. Offen war dennoch, ob es eine Fortsetzung geben wird - bis jetzt. RTL teilte DWDL mit, dass es weitergeht.

Für Details sei es noch zu früh, doch nach Informationen des Mediendienstes könnte es in diesem Jahr sogar zwei neue Staffeln geben. Eine Staffel soll demnach wie 2023 in der zweiten Jahreshälfte bei RTL ausgestrahlt werden. Eine zusätzliche Staffel könnte exklusiv beim Streamingdienst RTL+ erscheinen. DWDL spekuliert, dass in jener Staffel dann insbesondere jene Personen mitwirken könnten, die schon vorrangig auf dem Streamingdienst vertreten sind. Anders gesagt: Möglicherweise wirken dann genau jene Teilnehmer mit, auf die man in der ersten Staffel bewusst verzichtet und wofür RTL von den Zuschauern viel Lob erhalten hat: Influencer und aus Trash-TV-Formaten bekannte Z-Promis.

Das Konzept: 16 Prominente treffen in einem alten Schloss in Frankreich aufeinander, drei von ihnen werden von Moderatorin Sonja Zietlow heimlich zu den Verrätern auserkoren. Fortan gilt für die drei Auserwählten, ihre Identität zu verschleiern und sich als ganz normale Mitstreiter zu geben - während sie Nacht für Nacht einen Mitstreiter "ermorden". Die restlichen 13 Kandidaten, die sogenannten Loyalen, versuchen nun dagegen alles in ihrer Macht Stehende, um die Verräter unter ihnen zu entlarven. Die Zuschauer sind eingeweihte Komplizen und wissen als allwissende Beobachter von Anfang an darüber Bescheid, wer ein falsches Spiel spielt. Sie werden Zeuge davon, wie sich unter den Teilnehmern ein Täuschungs-Thriller aus Manipulationen und Hinterlist entwickelt.

RTL hat große Hoffnungen in "Die Verräter" gelegt und den Start mit einer aufwendigen Werbekampagne begleitet. Lange hat kein neues RTL-Format sowohl von der Presse als auch von den Zuschauern ein derart positives Feedback erhalten (zur ausführlichen Show-Kritik), insbesondere, weil dort nicht die üblichen Verdächtigen mitwirkten, sondern mit Teilnehmern wie Schauspielerin ChrisTine Urspruch, Sängerin Anna-Carina Woitschack oder Moderatorin Ulrike von der Groeben echte Prominente, die mit beiden Beinen im Berufsleben stehen und die für das Format nötige Cleverness und Intelligenz mitbrachten.

Die Strategie-Crime-Realityshow gehört zu den international derzeit am höchsten gehandelten Formaten und konnte in einigen Ländern punkten. Doch während die Kritiken und das Zuschauerecho überragend waren, ist die von Tower Productions hergestellte deutsche Adaption aus Quotensicht lediglich solide gestartet und verlor in den darauffolgenden Wochen kontinuierlich an Zuspruch. Im Schnitt erreichte die erste Staffel 1,58 Millionen Zuschauer. Davon waren 550.000 aus der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen, die für 10,2 Prozent Marktanteil reichten. In ganz anderen Dimensionen schwebt dagegen die britische Version: Die zweite Staffel steigerte sich im Januar von sechs auf acht Millionen Zuschauer, die das Finale verfolgten.

Während hierzulande vor allem Dating- und Promi-Formate mit hohem Trashfaktor beliebt sind, tun sich im Ausland beliebte, anspruchsvollere Formen des Reality-TV mit strategischen Gameplay-Elementen in Deutschland schwer. Möglicherweise, weil das deutsche Klientel an größtmögliches Krawallpotenzial gewöhnt ist und mittlerweile eine Erwartungshaltung in diese Richtung entwickelt hat - erst recht, wenn RTL der ausstrahlende Sender ist. Bleibt zu hoffen, dass in diesem Jahr mehr Zuschauer "Die Verräter" für sich entdecken, denn das Format ist hochwertig, clever und anspruchsvoll - und der beste Beweis dafür, dass Reality-TV auch oberhalb der Gürtellinie enorm mitreißend sein kann.

13.03.2024 - Glenn Riedmeier/TV Wunschliste
Bild: RTL/Robert Grischek

[www.wunschliste.de]