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TV-Trends: Ratgeber, Dokus und verzweifelte Hausfrauen
Ein Blick über die Grenzen unserer Fernsehrepublik und in die Zukunft der Unterhaltung lässt auf nicht Gutes hoffen: In Schutzanzügen rücken zwei resolute Damen einem Studenten zu Leibe, der sich seit 180 Tagen nicht die verfilzten Haare gewaschen hat, und zwingen ihn zu einer Dusche. «Too posh to wash» (etwa: zu fein, um sich zu waschen) heißt die Fernsehproduktion des britischen Senders Channel 4, bei der einem Dreckspatz zu Leibe gerückt wird. Sie gehört zu den Formaten, die den Forschern des französischen Forschungsinstituts Médiamétrie und der Berliner Medienberatung Goldmedia auf dem internationalen Fernsehmarkt als neu aufgefallen sind. Am Mittwochabend stellten sie in Berlin die Ergebnisse einer Studie vor, die Aufschluss über das vergangene Jahr und die aktuellen Trends in neun «führenden TV-Nationen» gibt, darunter neben Deutschland die USA, die Niederlande und Frankreich. Allein im September/Oktober 2004 kamen in den untersuchten Ländern 492 Sendungen neu auf den Markt, davon 59 in Deutschland. Das Ergebnis: Es bleibt, wie es ist - und kommt noch dicker. Als wichtigen Trend nennt der französische Experte Franck Si-Hassen Ratgeberthemen und Sendungen, in denen Menschen gecoacht werden. Das Fernsehen wird zum «Helfer der Nation». Erfolgreiches Beispiel sind die «Supernanny>» und die «Supermamas», die auf RTL beziehungsweise RTL2 gestressten Eltern Tipps zum Umgang mit dem Nachwuchs geben. Bald könnte es laut Si-Hassen noch mehr solcher Formate geben, in denen etwa ganze Familien in Form gebracht werden. «Make Over» heißt dieser Trend zu Veränderungen im ganz großen Stil im Fernsehdeutsch. «Hier wird verändert, was änderbar ist: das Aussehen, die Wohnung, der Job oder gleich die ganze Familie», heißt es in der Zusammenfassung der Studie. Ein Extrem ist in Schweden zu sehen: Bei «He's a lady» versuchen sich Männer als Frauen. Auch Schönheitsoperationen im TV fallen in diese Kategorie und werden laut Goldmedia-Geschäftsführer Klaus Goldhammer nicht so schnell von den Bildschirmen verschwinden. Sendungen mit mehr oder weniger prominenten Teilnehmern bleiben ebenfalls. International erfolgreich war im vergangenen Jahr «The Farm», in Deutschland bekannt als Dschungelshow. Zu den Inhalten, die im Kommen sind: Neben der klassischen Familienserie gibt es immer mehr Sendungen, die sich mit dem Alltag von Teenagern und Singles über 30 befassen. Die Teenagerdrama «Ma Terminale» des französischen Senders M6 spielt zudem mit der Optik eines Dokumentarfilms. «Die Vermischung von Genres ist etwas Wichtiges», erläutert Si-Hassen. Dokumentationen boomen weiter. «Es ist zu erwarten, dass sie künftig noch häufiger in den Programmplänen der Sender auftauchen», schreiben die Experten. Besonders beliebt seien dabei Themen aus längst vergangenen Epochen oder über große Persönlichkeiten der Geschichte. Auch Sendungen über ungelöste Kriminalfälle sind wieder stärker gefragt, als Beispiel wird das australische «Sensing murders» genannt. Retroshows in allen Varianten sind nach wie vor auch international ein Thema, in den USA gab es auch schon erste Wiederbelebungsversuche von lange abgesetzten Show-Klassikern. Und was kommt nach dem Riesenerfolg der US-Serie «Sex and the City», deren letzte Folge vor kurzem lief? Die Antwort lautet: verzweifelte Hausfrauen. Die amerikanische ABC-Produktion «Desperate Housewives» seziert sarkastisch das Leben von verheirateten Frauen in den Vororten. ProSieben wird die Serie in Deutschland ausstrahlen. «Das wird das nächste große Thema» - da ist sich Goldmedia- Geschäftsführer Goldhammer sicher. Quelle: Goldmedia. de
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