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"Deutschlands Beste": ZDF täuscht Zuschauer
Als Musterexemplar einer biederen und schnarchlangweiligen ZDF-Unterhaltungsshow wäre "Deutschlands Beste!" kaum der Rede wert. Gesprächsstoff liefert die zweiteilige Rankingshow mit Johannes B. Kerner, die in der vergangenen Woche mehr als vier Millionen Zuschauer pro Abend vorweisen konnte, nun aber auf unfreiwillige Art: Beim Votingverfahren, in dessen Verlauf die 50 "besten" deutschen Männer und Frauen ermittelt werden sollten, ging es offenbar nicht mit rechten Dingen zu. Das belegen Recherchen des Medienjournalisten Stefan Niggemeier sowie des "ZAPP"-Medienblogs vom NDR. "Im Auftrag des ZDF hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa in einer repräsentativen Umfrage ermittelt, welche Personen aus dem öffentlichen Leben nach Meinung der Deutschen zu den 'besten' Männern und Frauen des Landes zählen", behauptet das ZDF in einer Pressemitteilung vom 30. Juni. "Darüber hinaus konnten die Zuschauer bis Ende Juni online unter www.deutschlandsbeste.zdf.de und per Post abstimmen." Der letzte Satz ist in mehrfacher Hinsicht nicht korrekt. Für die Abstimmung per Postkarte widmete die Programmzeitschrift Hörzu der ZDF-Sendung ganze vier (!) Seiten. Aus einer Vorauswahl von jeweils 100 Männern und Frauen sollten die Leser ihre Favoriten auf einer frankierten Postkarte vermerken und diese bis zum 23. Mai einsenden. "Wer gewinnt, bestimmen Sie, liebe Leserinnen und Leser", schrieb die 'Hörzu'. Zusätzlich rief das ZDF am 8. Mai zu einer Online-Abstimmung auf. Bis zum 1. Juni sollten die Online-Nutzer ihre Stimmen abgeben. Wer sich an einer der beiden Abstimmungen beteiligte, hätte sich diese Mühe auch sparen können. Inzwischen räumte der Sender ein, dass beide Votingverfahren nicht in die Wertung einbezogen wurden. "Da es sich nicht mit dem Ergebnis der Forsa-Erhebungen zu einem gemeinsamen repräsentativen Ergebnis vereinen ließ, wurde es nicht für das Ranking verwendet", teilte ein ZDF-Sprecher bezüglich der Ergebnisse des Online-Votings mit. Im Nachhinein wird diese Abstimmung nun als "sendungsbegleitendes Angebot mit Gewinnspiel, in das auch die Stimmen der Hörzu-Leser Eingang fanden" definiert. Stefan Niggemeier bezeichnet den Sachverhalt als "Schein-Abstimmung", die mit dem Prozedere der Vorauswahl der 100 "Besten" bereits fragwürdig eingeläutet wurde: Laut ZDF-Darstellung wurden in einem ersten Durchgang Anfang April 1016 Menschen vom Forsa-Institut nach den "Besten" befragt. Sie durften offen jeden Namen vorschlagen. Die 100 meistgenannten Namen sollen es auf diese Weise in die Vorauswahl geschafft haben, was Niggemeier für unglaubhaft hält: "Ich kann mir nicht vorstellen, wie bei diesem Verfahren Namen wie Christiane Nüsslein-Volhard (Nobelpreisträgerin für Medizin 1995) oder Thomas Südhof (Nobelpreisträger für Medizin 2013) auf die Liste gekommen sein sollen. Sie sollen so bekannt sein, dass sie unter den 100 meistgenannten Namen - wohlgemerkt: ohne dass es eine Vorgabe gegeben hätte - landeten?" Viel wahrscheinlicher sei es, dass die ZDF-Redaktion oder die Produktionsfirma "diese Namen mit auf die Liste der angeblichen Top-100 gesetzt hat, damit auch Wissenschaftler die Reihe der Sportler, Politiker und Unterhaltungskünstler bereichern". Zum Zeitpunkt, als das ZDF online abstimmen ließ und die Hörzu ihre Leser um Postkarten bat, wurde aus der 100er Vorauswahl längst die in den späteren Liveshows präsentierte Top 50 ermittelt: in einer zweiten Forsa-Umfrage wurde die konkrete Reihenfolge bereits zwischen 24. und 28. April abgefragt. Noch während der Live-Sendung teilte das ZDF aber fälschlicherweise via Twitter mit, Grundlage des Rankings sei die Online-Abstimmung gewesen. In der Show selbst behauptete Kerner, die Top 50 sei von Forsa und "im Internet" ermittelt worden. Das ZDF habe "seine Zuschauer, muss man leider so sagen: verarscht", schreibt Boris Rosenkranz in einem Kommentar für den "Zapp"-Blog. Die Vorgehensweise untergrabe "nicht nur die Glaubwürdigkeit des Senders, mit das höchste Gut des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, es dürfte auch die vielen Fans und Prominenten ärgern, die im Netz dazu aufriefen, etwa für Lena Meyer-Landrut abzustimmen. Statt für Lena oder andere Promis warben die Fans also vielmehr als Promo-Maschinen fürs ZDF und trommelten - gratis - für die Show, womit wir wohl bei dem Grund wären, weshalb das ZDF das so machte: günstige Werbung." Zu gewinnen gab es online drei Spielkonsolen. Die Hörzu zeigte sich auf Anfrage von "Zapp" irritiert: "Wenn das so wäre, dass die Stimmen nicht einberechnet wurden", so ein Mitarbeiter, "dann hätten wir das nicht gemacht." Derzeit gehe man aber "immer noch davon aus, dass die Abstimmung so abgelaufen ist, wie von uns in 'Hörzu' kommuniziert." Obwohl das ZDF inzwischen das Gegenteil eingeräumt hat. 08.07.2014 - Michael Brandes/wunschliste.de Bild: ZDF/Marcus Höhn [www.wunschliste.de] In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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