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"Frauentausch"-Opfer gewinnt Klage gegen Constantin
Dass bei der Produktion von Doku-Soaps immer wieder Menschen vorgeführt und denunziert werden, beim nachträglichen Schnitt der Sendung Zusammenhänge verändert und falsch dargestellt werden, und die Mitwirkenden durch umfangreiche Verträge zum Stillschweigen über die Produktion verpflichtet werden, ist mittlerweile recht bekannt. Gerade wegen dieser Verträge trauen sich nur wenige Betroffene, im Nachhinein juristisch gegen die Produktionsfirma vorzugehen. Wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet, gewann jetzt eine ehemalige Mitwirkende der RTL II-Sendung "Frauentausch" einen Gerichtsprozess gegen die Münchner Produktionsfirma Constantin Entertainment, weil sie und ihre Familie in einer 2008 ausgestrahlten Folge durch die Nachbearbeitung lächerlich gemacht wurde, der Ehemann von seinen Arbeitskollegen verspottet und die Kinder in der Schule gehänselt wurden. Das Berliner Landgericht hatte sich seit März diesen Jahres mit dem Fall beschäftigt und schließlich klargestellt, dass man "mit derartigen nachträglich erfolgenden Bearbeitungen, die nur das Ziel der Verspottung haben, nicht rechnen müsse," wenn man "in die Anfertigung von Filmaufnahmen für ein Fernsehformat mit Dokumentationscharakter einwilligt". Zudem könne sich Constantin Entertainment nicht darauf berufen, dass die Klägerin die Sendung ja gekannt habe und damit gewusst habe, worauf sie sich einlasse. Hierzu erklärten die Richter, dass den Redakteuren der Firma "nicht verborgen geblieben sein könne, dass die Klägerin intellektuell schnell überfordert ist und offensichtlich keinerlei Erfahrung im Umgang mit Medien hatte." Daher hätte man sie gerade deshalb explizit darauf hinweisen müssen, dass eine nachträgliche Bearbeitung der Aufnahmen dazu führen kann, "dass Familienmitglieder lächerlich gemacht und verspottet werden." Die Folge darf laut Gericht nicht mehr wiederholt werden. Die von der Klägerin geforderte Geldentschädigung wurde allerdings abgewiesen, da die Klägerin zwar in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei, jedoch "keine besonders schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts" vorliege. Laut Constantin-Geschäftsführer Onno Müller habe das Gericht damit auch deutlich gemacht, dass "etwaige Beeinträchtigungen der Klägerin als nicht schwerwiegend zu beurteilen" seien. Und das, obwohl die Familie der Klägerin sich sogar entschieden hatte, aus ihrem Heimatort wegzuziehen. Das Urteil könnte für Fernsehproduzenten weitreichende Konsequenzen haben, da sie ihre Protagonisten ab jetzt entweder im Vorfeld über mögliche Manipulationen intensiv aufklären müssen, oder diese gar nicht erst vornehmen sollten, um keine weiteren Gerichtsprozesse zu verlieren. 11.08.2012 - Mario Müller/wunschliste.de Bild: RTL II [www.wunschliste.de]
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