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Kates Filmkritik - Oscar-Kino - Die dunkelste Stunde, Three Billboards Outside Ebbing, Die Verlegerin
geschrieben von: Kate, 14.02.18 12:50
Ich habe zwischendurch ein wenig pausiert und dafür jetzt einen regelrechten Marathon hin gelegt, um alle interessanten Filme zu sehen.

"Die dunkelste Stunde"

Wie immer gibt es eine kurze Inhaltsangabe:

1940 verliert der britische Premierminister Neville Chamberlain jede Unterstützung für seine Appeasement-Politik. Sein Nachfolger wird ausgerechnet Winston Churchill, den keiner so richtig leiden kann, der ein Säufer ist, nuschelt und sich bei seinen bisherigen Kriegseinsätzen durch Misserfolge ausgezeichnet hat. Die Nazis überrennen Europa geradezu, Frankreich und Belgien, können dem nur wenig entgegensetzen. Eine Invasion in Großbritannien scheint unausweislich. Daher setzen die meisten britischen Politiker auf Verhandlungen mit Hitler, um GB und die Kolonien zu schützen. Churchill steckt in einer Zwickmühle, denn er schätzt Hitler richtig ein. Der Tag der Entscheidung ist Dünnkirchen. Churchill muss sich entscheiden, was er bereit ist zu opfern.

"Die dunkelste Stunde" hat sechs Oscarnominierungen, darunter Film, Hauptdarsteller und Kamera. Gary Oldman hat für seine Darstellung als Winston Churchill bereits einen Golden Globe erhalten. Er spielt diesen verschrobenen, einzigartigen Charakter einfach großartig. Er schafft es Churchill als jenes kauziges Original darzustellen ohne den Mann total der Lächerlichkeit preis zu geben, wie das "Churchill" im letzten Jahr leider tat. Churchill war kein Mann ohne Fehler, aber er war auch kein totaler Versager.
Der Film konzentriert sich tatsächlich nur auf die dunkelste Stunde für GB, als sich Churchill für Krieg entscheidet. Vielleicht fehlen dem geschichtlich uninteressierten Zuschauer die eine oder andere Hintergrundinformation, doch als Porträt Churchills funktioniert der Film auch so. Besonders gut hat mir die Gegenzeichnung des Charakters durch seine Frau gefallen, die ihn ohne viel Theater auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Nur einmal erlaubt sich der Regisseur einen kleinen Ausflug in den Pathos und lässt das einfache Volk zu direkten Beratern werden. Ansonsten ist der Film ein tolles Charakterporträt eines Mannes in seiner größten Stunde.
Falls ihr euch den Film auf Englisch anschauen wollt, solltet ihr vielleicht auf Untertitel zurückgreifen. Churchill nuschelt tatsächlich und es dauert etwas bis man sich daran gewöhnt hat.


Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Mildred Hayes hatte eine Tochter. Sie wurde vergewaltigt, ermordet und angezündet. Der Täter konnte bisher nicht gefasst werden. Ihrer Meinung nach tut die Polizei zu wenig. Also mietet sie drei bisher ungenützte Plakatwände. In großen schwarzen Buchstaben auf rotem Grund sind dort nun am Straßenrand die Sätze „Raped While Dying“, „Still No Arrests?“ und zuletzt „How come, Chief Willoughby?“ zu lesen. Dies entflammt die Gemüter in der kleinen Stadt Ebbing, denn obwohl man mit Mildred mitfühlt, ist Chief Willoughby sehr beliebt und er hat Krebs im Endstadium. Officer Jason Dixon spielt eine weitere Schlüsselrolle, da er sehr hitzköpfig ist und deswegen leicht ausrastet.

Three Billboards hat sieben Oscarnominierungen, unter anderem für die Hauptdarstellerin, beide Nebendarsteller, bester Film, Originaldrehbuch. Er erhielt vier Golden Globes für Film, beide Nebendarsteller und Drehbuch.
Ich habe den Film in Deutsch gesehen und ich war enttäuscht. Ich hatte etwas komplett anderes erwartet. Für mich klang der Film nach einer Mutter, die verzweifelt um die Aufklärung des Mordes ihrer Tochter kämpft, während die Polizei Däumchen dreht und aus reiner Unfähigkeit keine Ergebnisse aufweisen kann.
Leider ist genau das Gegenteil der Fall. Die Polizei hat alles in ihrer Macht stehende getan. Mildred Hayes ist die Antiheldin. Die Sympathien liegen eher beim Polizeichef, der einfach keinerlei Hinweise mehr auf den Täter hat und auch nicht wie Mildred fordert, einfach mal alle Männer des Landes zum DNA-Test holen kann. Die Sympathien für die Polizei werden nur dadurch geschmälert, dass Officer Jason Dixon so ein rassistisches Muttersöhnchen ist. Das führt zu absurden Dialogen wie diesem (sinngemäß):
Mildred: "Musst du keine Neger foltern?"
Jason: "Man sagt nicht mehr Neger. Es heißt: Farbige foltern."

Alles in allem war mir der Film zu undynamisch und handlungsarm. Er reißt viele Handlungsstränge an wie die Frage nach Mildreds Exmann oder Dixons Beziehungen zu seiner Mutter, selbst potenzielle Täter erhalten nur wenig Spielzeit. Das hat bei mir das Interesse deutlich vermindert und auch die Frage aufgeworfen, was der Film sich als Ziel gesetzt hat. Für eine Charakterzeichnung fehlt mir bei den Figuren auch die Tiefe.
Mildred handelt aus meiner Sicht nicht wie eine Mutter, die unbedingt den Mörder ihrer Tochter finden will, sondern als würde sie ihre eigenen Schuldgefühle auf jemand anderes abwälzen wollen. Dabei geht sie über Leichen und trampelt auf den Gefühlen anderer gnadenlos herum. Ich finde ihre Darstellung nicht oscarreif, dafür umso mehr die des Officer Jason Dixon, der zwar auch unter der Handlungsarmut des Films leidet, dafür wenigstens eine überzeugende Rolle spielt.
Das ist kein Film, den ich außerhalb der Oscars beachtet hätte.


Die Verlegerin

Im Fokus dieses Films steht die amerikanische Verlegerin Katherine Graham. Ihrem Vater gehörte die Washington Post, er gab sie an seinen Schwiegersohn weiter und nach dessen Selbstmord leitete Katherine Graham 35 Jahre die Zeitung.
1971 regiert Nixon das Land und die USA stecken mitten im Vietnam-Krieg. Der New York Times werden Teile der sogenannten Pentagon-Papiere zugespielt, ein Geheimbericht, der im Prinzip die Verschleierung des Vietnam-Konflikts über vier Präsidentschaften thematisiert. Nach der Veröffentlichung eines Artikels wird der New York Times eine weitere Veröffentlichung durch den Generalstaatsanwalt untersagt.
Parallel dazu erhält die Washington Post den ganzen Geheimbericht und plant ihrerseits eine Artikelserie. Allerdings ist ihre Quelle die gleiche wie bei der Times und eine Veröffentlichung könnte Gefängnis bedeutet. Graham steht vor einer schwierigen Entscheidung, denn es geht um die Wahl zwischen Pressefreiheit und der Zukunft ihres Unternehmens.

Meryl Streep ist mal wieder für einen Oscar nominiert und "Die Verlegerin" zusätzlich als bester Film. Es ist vermutlich kein Zufall, dass dieser Film ausgerechnet jetzt in die Kinos kommt und eine wundervolle Hommage an die Pressefreiheit zu den Oscars schickt. In Zeiten von Fake News und ausgeschlossenen Pressevertretern zeigt dieser Film, was die Aufgabe einer Zeitung ist. Wenn man im Film die Silhouette von Nixon sieht, wie er tobend der Washington Post den Zugang zum Weißen Haus verbietet, fühlt man sich doch ein wenig an Trump erinnert. Das sind allerdings die einzigen Spitzen, die der Film in dieser Richtung anbietet und vielleicht ging es auch nur mir so.
Spielberg schafft ein faszinierendes Porträt über die erste Verlegerin einer Zeitung. Es ist kein Film über Emanzipation, sondern über die Frage, was richtig ist und was getan werden muss. Meryl Streep als Kay, wie man sie meist nennt, ist unser Wegweiser im schwierigen Verlagsgeschäft. Wie geschickt uns Meryl Streep dabei mitnimmt, zeigt sich in einer Schlüsselszene. Die Zeitung muss an die Börse gehen, um geschäftsfähig zu bleiben. Kay hat sich perfekt vorbereitet, kennt das Handbuch, hat alle Zahlen parat, doch als sie dran ist, bringt sie kein Wort heraus und ihr Finanzberater muss einspringen. Als Mutter und Gastgeberin war Kay glücklich an der Seite ihres Mannes, der die Zeitung geleitet hat. Ihre neue Rolle ist etwas, das sie erst lernen muss. Daran lässt uns Meryl Streep teilhaben ohne feministische Moralpredigten. Es geht einzig und allein, um die Frage, ob sie sich als Leitung der Zeitung traut, sich gegen die Regierung der Vereinigten Staaten mit ihrem rachsüchtigen Präsidenten Nixon zu stellen. Es ist eine Frage der Pressefreiheit, bei der zufällig eine Frau am Knopf sitzt.
Mir hat der Film unglaublich gut gefallen und ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Der Humor kommt nicht zu kurz und zerstört dennoch nicht die Spannung. Besonders gut haben mir die Bilder der Zeitungsproduktion gefallen, bei der man die Setzer und die Druckmaschinen sieht. Das gibt dem Film Charakter. Am Ende schlägt der Film noch einen charmanten Bogen zu dem nächsten Skandal, den die Post aufdeckt.
Ich denke, dass der Film aufgrund seines aktuellen Bezugs gute Chancen als bester Film bei den Oscars hat. Ich würde es ihm gönnen.

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Kate 14.02.18 12:50 707 
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Deckard 14.02.18 13:18 233 
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Kate 14.02.18 13:24 209 
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Wicket 14.02.18 13:48 218 
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Wicket 14.02.18 13:56 197 
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Thinkerbelle 14.02.18 15:07 204 
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Kate 14.02.18 15:25 209 
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Thinkerbelle 14.02.18 15:46 254 
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Sir Hilary 22.02.18 23:34 216 
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chrissie777 01.03.18 22:35 346 


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