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Re: Schnittbericht zu Kill Bill
Kate schrieb:
------------------------------------------------------- > Thinkerbelle schrieb: > -------------------------------------------------- >> > Damit setzt du allerdings voraus, dass es bereits > vor dem Gewaltkonsum eine Gewalttendenz gibt, > sonst wäre das Herabsetzen der Hemmschwelle > irrelevant. Eine gewisse Aggressionstendenz hat doch jeder. Oder hast du dich noch nie so über jemanden aufgeregt, dass du gedacht hast "dem würde ich jetzt am liebsten an die Gurgel gehen"? Aber die Schwelle zwischen "würde ich gerne" und "tu ich" ist bei dir - so vermute ich mal, eher hoch. Aber Wissenschaft schaut meist nicht nur auf den einen, sondern auf eine Gruppe, die die Gesamtgesellschaft möglichst gut repräsentiert. Und die meisten menschlichen Eigenschaften folgen einer Gauss-Verteilung, auch "Normalverteilung" genannt. Z.B. die Intelligenz: Es gibt wenige Menschen mit hoher Intelligenz und wenige mit niedriger. Die meisten Menschen liegen in der Mitte und wenn man die Verteilung grafisch darstellt kommt eine glockenförmige Kurve dabei heraus. [www.ihvo.de] Ich denke (bzw. bin mir fast sicher, denn das ist bei fast allen natürlichen Parametern so, deswegen heißt es ja auch Normalverteilung), mit der angeborenen Gewaltbereitschaft ist es ähnlich - wenn man die auf einer Skala von 1 bis 10 misst haben nur wenige eine 1 und nur wenige eine 10, aber die meisten sind in etwa zwischen 3-7. Angenommen, Menschen mit 9,8 oder höher sind so aggressiv, dass sie auch völlig ohne Grund jemandem an die Gurgel springen - das wären dann nur 0,01% aller Menschen. Und je niedriger die angeborene Gewaltbereitschaft, desto mehr muss vorfallen, dass jemand einem anderen an die Gurgel springt. Aber wenn du genug Faktoren nimmst oder besonders starke Faktoren, dann wird dir auch irgendwann mal Ghandi mit seinem Gewaltquotienten von 1,0 an die Gurgel springen. Bei den ganzen psychologischen Tests, in denen man Menschen die Anwendung von Gewalt frei gestellt hat waren es meist so um die 30%, die das dann auch taten. Daher ist es wichtig, dass unsere Gesellschaft Mechanismen hat, die möglichst viele Leute daran hindert ihr Gewaltpotential auch auszuleben. Und bei den Leuten mit niedrigem Potential wird es leichter fallen, aber bei denen mit höherem schwerer. > Das bedeutet zugleich, dass es nichts bringen > würde, wenn diese Person keine Gewalt im > Fernsehen mehr sieht, da jeder andere Reiz > vielleicht genauso reichen würde. Dazu könnte > ein Buch gehören, dass von einem Serienmörder > handelt oder vielleicht hat der Vater eine > Schlachterei oder er sieht zufällig einen > Autounfall, wird Teil einer Gewalttat, > beispielsweise Terrorismus oder ein sonstiges > Verbrechen. All das könnte für das Gehirn eines > Heranwachsenden eine Rolle spielen. Visuelle Reize prägen sich stärker ein, aber auch Bücher, in denen das Töten von Menschen als Selbstverständlichkeit dargestellt wird haben sicher ähnliche Auswirkungen, aber zu einem geringeren Grad. > > Wenn man sich die Geschichte der Menschheit > ansieht, hat es immer schon Gewalt gegeben und die > war größtenteils brutaler, als das, was es heute > real gibt. Mit dem, was beispielsweise in der > Bibel steh, was real als Strafe angewandt wurde, > würdest du heute einen Horrorfilm drehen, der auf > dem Index landet. Da gebe ich dir recht. Im 30-jährigen Krieg haben sicher auch die Menschen mit einem Gewaltquotienten von 4 die Hexenverbrennungen beklatscht oder sind freudig in den Krieg gezogen. Aber es hat Jahrtausende gedauert, bis man die Gewalt so weit reduziert hat, dass man in Teilen der Welt ein friedliches Leben leben konnte und die Wahrscheinlichkeit gering ist einem Gewaltakt zum Opfer zu fallen. Ein Großteil der Menschheit hat aber immer noch ein mittleres Gewaltpotential, das nicht ausgelebt wird. Dass das nicht ausgelebt wird liegt an Gesetzen/der Wahrscheinlichkeit für Strafen und gesellschaftlicher Ächtung, die die Schwelle hoch gesetzt haben, dass Gewalt ausgelebt wird. > Die Frage nach der Henne und dem Ei ist simpel. > Aggressivität gab es schon immer und viele > Erklärungsansätze gehen davon aus, dass es einen > angeborenen Aggressionstrieb gibt, dessen > Bewältigung wir im sozialen Umfeld lernen, Und zum sozialen Umfeld gehören heutzutage eben auch die Medien. Und wenn ein Kind da lernt, dass Gewalt ein akzeptables Mittel ist um sein Ziel zu erreichen, dann ist seine Hemmschwelle später niedriger, sie auch anzuwenden. > > Was ist mit Boko Haram und dem IS? Saßen die ihre > ganze Kindheit vor dem Fernseher und wurden > deswegen zu gewalttätigen Irren? > > Wo bleibt die Verantwortung der Eltern ihren > Kindern Respekt und Anständigkeit beizubringen? > Seit Jahren brechen Familienstrukturen immer > weiter auf. Früher gab es die Familienverbände, > Vater, Mutter, Großeltern. Heute gibt es viel > mehr Alleinerziehende, geschiedene Paare und > dergleichen. Kinder lernen schneller > selbstständig zu sein und müssen mit vielem > alleine klar kommen. Aber gerade in islamischen Kulturkreisen sind die Familienstrukturen noch ziemlich in Ordnung. Wenn es - wie du schreibst - nur an den Familien liegt, dann dürften da gar keine Terroristen her kommen. Zugegebenermaßen, ich denke dass die IS und andere solche Organisationen auch nichts mit Gewalt im Fernsehen zu tun haben. Die haben andere Wege um die Gewaltschwelle runter zu setzen, die viel wirkungsvoller sind als alle Gewaltfilme der Welt. > > Ich bin GEGEN Verbote, aber ich bin sehr für > > Aufklärung und dafür ein Bewusstsein zu > > schaffen, was die gesellschaftlichen Folgen von > zu > > viel Gewalt in den Medien sind. Und das schafft > > man nicht, indem man die wissenschaftlichen > > Erkenntnisse dazu klein redet, oder wenn es > tabu > > ist Gewaltverherrlichung in den > > Unterhaltungsmedien anzusprechen. > > Es hat nichts mit Kleinreden zu tun, wenn man die > Einseitigkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse > aufzeigt. Das wäre ja so, als würde ich > behaupten, du hast die Studie nur rausgeholt, weil > sie als einzige deine Meinung deckt. Das war nicht EINE Studie, das waren zig Studien, die auf einem Arbeitsblatt eines Psychologieprofessors zusammen gestellt wurden. Und die alle bestätigten, dass Gewalt im Fernsehen Auswirkungen auf die Kinder hat, die die sehen. > > > Ich bin dafür, dass jeder sich Gedanken drüber > macht, > > ob diese Gewalt denn nötig ist, was daran denn > so > > unterhaltend ist, wenn ein Mensch verletzt oder > > getötet wird und ob man vor allem Kinder davor > > schützen sollte, bzw. wie man das tun kann. > > Einsicht, Vernunft und Selbstregulierung ist > immer > > besser als Verbote. > > Oh, ich liebe diese Sektenverbote. Ach, gehört man deiner Meinung nach schon einer Sekte an, wenn man mal über die Folgen dessen nachdenkt, was man tut? Wenn man nicht gedankenlos alles nur konsumiert, sondern sein Gehirn einschaltet? > Nichts ist offiziell verboten, man soll selbst > darauf kommen, warum es besser für einen ist, > wenn man sich die Sache selbst verbietet. Denn es > braucht ja das böse Wort Verbot nicht, wenn der > Druck von außen groß genug ist und man einfach > so lange Nachdenken muss bis man den einzig > richtigen Weg denkt. Das wahrt zumindest > äußerlich den Anschein der freien > Willensäußerung. Dass wir heute weniger Gewalt als früher haben ist das Resultat einer gesellschaftlichen Ächtung von Gewalt, die die Schwelle wirklich Gewalt anzuwenden so hoch setzt, dass nur wirklich gewalttätige sie auch überschreiten. Und wenn wir diese Ächtung aufgeben, dann werden wir wieder in solche Zustände zurück fallen, wie du sie auch beschrieben hast. > Ich wäre zu allererst für eine besser > Ausstattung der Polizei und eine Aufstockung der > Polizei. Es kann nicht angehen, dass es Städte > gibt, in denen sich die Polizei nötige > Schutzkleidung selbst kaufen muss und es Einsätze > gibt, die die Polizei aus Unterbesetzung abbrechen > muss. > Wenn wir wollen, dass die Polizei wieder > respektiert wird und als Autorität angesehen wird > anstatt das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen, > muss dringend etwas geschehen. Da bin ich völlig deiner Meinung, auch wenn das wieder nur ein Herumdoktorn an Symptomen ist, anstatt die Ursachen anzusprechen. Und man muss hier auch aufpassen, dass man die Gewaltspirale nicht noch weiter antreibt. In USA will man ja jetzt auch die Lehrer bewaffnen, damit sie die Amokläufer erschießen können, anstatt dass man die Ursachen bekämpft. Und die größte Ursache wäre hier erst mal die Verfügbarkeit von Waffen. > Ansonsten wäre ich für mehr > Antiaggressionsprogramme in Schulen. Da gibt es > leider viel zu wenige. Oftmals sind sie > hoffnungslos überfüllt und es gibt teilweise > ewige Wartelisten. Auch da stimme ich dir zu. Aber nach wie vor denke ich, dass man auch die Ursachen nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Und eine der Ursachen ist, dass Gewalt immer weniger ein Tabu in unserer Gesellschaft ist. Und auch wenn das sicher nicht nur durch die Medien kommt, so denke ich doch, dass sie einen nicht unbeträchtlichen Teil dazu beitragen. Denn da wird das ja häufig als die Lösung für alle Probleme propagiert. Knarre raus und jemanden erschießen... Auch Stephen Hawking hat gesagt, dass die Aggression der größte Fehler der Menschheit ist: [www.focus.de] In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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