Es ist doch hinlänglich bekannt, dass die Männer des Wilden Westens, egal ob Banditen, Cowboys oder Gesetzeshüter, mieserable Revolverschützen waren. Es gab ein paar Ausnahmen, aber es gibt natürlich auch realistische Berichte darüber, wie sich einige Leute in einem Saloon gegenseitig beschossen, mit knapp nem Meter Platz zwischen ihnen, und am Ende wurde kein einziger getroffen. Es ist auch hinlänglich bekannt, dass sämtliche heroische Aktionen, die wir so aus Film und Literatur kennen, ins Reich der Klischees gehören. Natürlich war das schnelle Ziehen ein "Special Eddect", sonst wärs ja langweilig gewesen. Ebenso die mit den Schüssen einhergehenden Klangeffekte, die sich im europäischen Kino noch deutlicher unterscheiden vom US-Kino. (Diesen Effekt haben wir auch im asiatischen Kino, das ohne Sound Effekte nicht halb so beeindruckend wäre). Genauso ein Special Effect war auch das Erfinden immer neuer Spezialwaffen für amerikanische Westernserien, wie beispielsweise die abgesägte Winchester aus "Josh - Der Kopfgeldjäger". Auch die Prügeleien, bei denen der Held dann hinterher nicht mal nen Kratzer hat und das Hemd immer noch gebügelt ist...alles Klischees. Der Leser und Zuschauer will seine Helden eben so haben, wie sie ihm am besten gefallen - sonst wären es ja keine Helden. In Mittelalterfilmen wird meist einhändig mit Schwertern gekämpft, in ausgedehnten Kämpfen, die nicht mal ein Muskelprotz wie Ralf Möller länger als 2 Minuten durchstehen könnte - und die Helden tragen dazu auch noch ne kiloschwere Rüstung. Das ist alles Kokolores, aber es wirkt halt spannend, beeindruckend und toll. Was das Schnelle Ziehen betrifft - es gab tatsächlich die handgefertigten "Quick Draw - Holster". aber das war Angeberei. Wer schnell zog, lieg Gefahr, in der Hast sich selbst die Eier oder den Fußzeh wegzuballern. Aber mit Platzpatronen siehts dann schon anders aus, und für den Film engagierte man extra einen Quick Draw - Coach, einen Finnen namens Arvo Ojala, der sich einen Namen mit speziell handgearbeiteten Waffengurten und Holstern gemacht hatte und als DER Experte für den Umgang mit Revolvern galt. Arvo Ojala kennen viele hier als den schwarz gekleideten Mann, der Marshal Dillon in den frühen Folgen von "Rauchende Colts" am Anfang gegenüber tritt und gegen ihn zieht. Seine Tochter erzählte mir oft von ihrem Vater und hat mir auch einige der Bilder geschickt, auf denen er zu sehen war, und sie selbst hat auch mit ihm gearbeitet. Aus seiner Schule gingen so berühmte Leute wie James Garner (Maverick) und Audie Murphy hervor. Zu den schnellsten Colts von Hollywood zählt heute noch Robert Fuller (Jess Harper aus "Am Fuß der Blauen Berge"), den ich persönlich in Action erleben durfte (der Mann schießt wie der Teufel und sogar aus vollem Galopp trifft er), und der kürzlich verstorbene Peter Brown ("Lawman" und "Laredo") war ohne Zweifel der allerschnellste Revolverschütze in Hollywood, über Jahrzehnte hinweg. Aber wie gesagt - das war nur Show und für die Filme, und es wurde natürlich auch Bestandteil der Western-Literatur. Deswegen muss ein Westernroman oder Film nicht etwa Schund sein - sondern einfach eine spannende Unterhaltungsgeschichte, die sich eben bestimmter Klischees bedient. Was ist daran falsch oder verwerflich? Mir machts Spaß...
Der Lonewolf Pete
