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Re: Westpakete - Weihnachten ist zwar vorbei, aber trotzdem
Weihnachtszeit - Westpaket-Zeit!
Obwohl unsere Familie keine Verwandten im Westen hatte, haben auch wir Westpakete erhalten. Von einer Familie aus Bayern. Die Grosseltern der Familie waren nach dem Krieg auf der Flucht aus dem Osten von meinen Grosseltern aufgenommen und weil sie nichts hatten, mit Decken, Kleidung und Lebensmitteln und sogar etwas Schokolade versorgt worden, so gut das zu dieser Zeit eben ging. Später ist diese Familie dann in Bayern gelandet und aus Dankbarkeit wurden dann immer kleine Pakete geschickt, für die sich meine Grosseltern und später meine Eltern natürlich wiederum mit einem Weihnachtspaket bedankten. Irgendwann war es dann eine selbstverständliche Tradition, ein Weihnachtspaket zu schicken. Anfang der Neunziger haben wir uns dann alle auch mal besucht. Heute werden noch Weihnachtskarten und gelegentliche Briefe ausgetauscht, Pakete gibt es keine mehr. So ein Weihnachtspaket war was ganz grossartiges, weil ich wirklich nie wusste, was drinnen sein könnte. Ausser einmal, da hab ich mir ein Monchichi gewünscht. Und dann war tatsächlich ein echtes Monchichi-Mädchen in einem rosa-weiss gepunktetem Pyjama drin. Das war eines der tollsten Geschenke zu diesem Weihnachten und ich hab es heute noch. Genauso wie die Biene Maja Schallplatte, die sogar Bilder auf der Papierhülle innen hatte, was ich unglaublich fand! Das Paket kam immer Anfang Dezember und meine Eltern haben es versteckt und dann unter den Weihnachtsbaum zu den anderen Geschenken gestellt. Als ich grösser wurde, hab ich es natürlich schon vorher gesucht, gefunden und heimlich ausgepackt. Leider hatte man im Westen die unangenehme Gewohnheit, das Geschenkpapier mit Tesafilm festzumachen, das ging dann nicht heimlich zu öffen, ohne das Papier zu beschädigen und ich musste bis Weihnachten warten. Mein Vater hat mal eine Black&Decker Bohrmaschine bekommen, die war dann sein Heiligtum. Da die Mutter der Familie im Westen zeitweise in einer Firma arbeitete, die Trachten herstellte, hab ich oft weisse Rüschenblusen mit Puffärmeln bekommen, über die ich mich ab einem bestimmten Alter nicht mehr so uneingeschränkt freuen konnte. Kaffe und Süssigkeiten waren natürlich auch drin, Kleidung für die Kinder, Spielzeug, Puzzel, ich hab oft auch Gürtel, Ketten, Haarspangen und andere "kostbare" Accesoires bekommen, alles bunt und glänzend und Bonbonfarben. Haribo Bärchen,Schokolade von Milka und Sarotti, Schokoriegel, Überraschungseier, Waffeleier und Kaubonbontaler, Smarties, Nesquik Kakao(mit Überraschung drinnen), Luftschokolade. Meine Mutter hat immer darauf geachtet, dass die Geschenke vorsichtig ausgepackt wurden, damit sie das Papier aufheben und weiterverwenden konnte. Meine Eltern haben regionales Kunsthandwerk - Räuchermännchen, Schnitzereien, Weihnachtspyramiden und Spiele und Spielzeug für die Kinder geschickt. Ich erinnere mich, das sie immer überlegt haben, was der Wert der Geschenke war und versucht den gleichen Wert zurück zuschicken. Ich schätze, sie haben so um die hundert Ostmark ausgegeben, was nicht wenig war. Und oft war es auch nicht leicht, die Dinge zu besorgen. Es gab auch immer ein Paket zu Ostern, aber der Höhepunkt war das Weihnachtspaket, das hiess bei uns deshalb auch Weihnachts- und nicht Westpaket. In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.
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